Behandlung

Erfahrungsbericht zu Mannheimer Schmerzstudie: Zu „100 Prozent“ ein anderes Leben

Eine Probandin berichtet, wie sie ihre „Top-Schmerz-Auslöser“ erkannte - und die Schmerzgesellschaft verdeutlicht die Tücken des sektoralen Gesundheitssystems.

Von 
Lea Seethaler
Lesedauer: 
Schmerzen und ihre Behandlung kosten viel Geld. © DPA

Der Unterschied zwischen einer chronischen Schmerzkrankheit und Akutschmerz etwa nach einer OP oder einem Unfall ist groß. Erstere wird in der Gesellschaft oft kleingeredet und gerade dadurch für Betroffene belastend: „Wenn Dauerschmerzen Körper und Seele auslaugen“ und „Fibromyalgie: Das rätselhafte Leiden, das viele verzweifeln lässt“. So titelten bereits große Zeitungen über die Krankheit Fibromyalgie, die bei Betroffenen starke und diffuse Schmerzen auslöst.

Auch Whitney Müller (Name von der Redaktion geändert) litt sehr unter der Krankheit. Dann stieß sie während ihrer Behandlung auf die Mannheimer und Heidelberger PerPain-Studie. Was Müller bei der Studienteilnahme für sich gelernt hat, ist: Ihre Schmerzen kamen, als der Stress in ihr Leben trat. Vor etwa drei Jahren fing es an. Müller arbeitete schon damals in der Pflege.

Aber nicht nur das brachte sie an den Rand der völligen Erschöpfung: „Wir sind einfach mal von einem Land in das andere gezogen. Ich bin Mutter zweier Kinder, jetzt an der Schwelle zu Teenies. Das war einfach alles viel für mich. Alles auf einmal. Alles war zu dieser Zeit einfach nur stressig.“ Und in genau der Zeit wurde bei ihr Fibromyalgie diagnostiziert.

Mehr zum Thema

Probanden ab 18 gesucht

Warnsignal außer Kontrolle: Mannheimer ZI sucht Menschen mit Schmerzen

Veröffentlicht
Von
Lea Seethaler
Mehr erfahren
Symptome, Verlauf, Gefahren

Was Sie über die Grippe wissen sollten

Veröffentlicht
Von
Katja Fleischmann
Mehr erfahren
Pandemie

Wie Indien gegen Corona kämpft

Veröffentlicht
Von
Natalie Mayroth
Mehr erfahren

„Ich war kurz vor einem Burnout“, sagt sie. Doch jetzt weiß sie, dass sie Werkzeuge gegen den Schmerz in der Hand hält. Unter anderem kennt sie jetzt ihre „Top-Auslöser“: „Zu wenig Schlaf. Viel Stress. Kein Rhythmus in meinem Alltag.“ Zu „100 Prozent“ ein anderes Leben - mit weniger Schmerzen habe sie nun, sagt Müller. Und kann jetzt dem eigenen Schmerz gelassener entgegensehen.

Whitney Müller ist nicht alleine. Und das ist auf Dauer ganz schön teuer. Chronische Schmerzen bei Erwachsenen, die hierzulande jeder Vierte hat, verursachen bereits jetzt jährliche Kosten von schätzungsweise 38 Milliarden Euro.

Kritik am Gesundheitssystem

Wenn man bei akuten Schmerzen frühzeitig geeignete Maßnahmen treffe, könnten chronische Schmerzen in vielen Fällen verhindert werden, so der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft, Winfried Meißner, kürzlich anlässlich eines Aktionstages. Das Gesundheitssystem sei durch die sektorale Gliederung bislang nicht darauf ausgelegt, auf diesen Umstand effektiv zu reagieren. So könnten etwa bessere Schmerztherapien nach Operationen die Zahl der Komplikationen verringern. Doch dafür gebe es keine Anreize, sagte Meißner. Dies könne nur politisch gelöst werden. Unter anderem forderten die Experten, Weiterbildungsstellen in spezieller Schmerztherapie zu finanzieren.

Das Thema Schmerz bleibt aktueller denn je. Auch wegen der Pandemie. Denn Sorgen bereiten dem Experten für Schmerztherapie neuerdings mögliche Langzeitfolgen einer Covid-19-Erkrankung. Man sehe bereits, dass viele Covid-Erkrankte über längere Zeit an Kopf- und Muskelschmerzen litten. Aber noch fehlten „hierzu verlässliche Zahlen“, sagte Meißner. (mit dpa)

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen