Kommunalpolitik - Gemeinderat entscheidet über Würdigung / Lindenhofüberführung wird nach Helmut Schmidt benannt

Eine Straße für Helmut Kohl

Von 
Peter W. Ragge
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Er war sehr oft in Mannheim: Helmut Kohl (r.) 2005 bei der Ausstellungseröffnung in der Kunsthalle mit Fotograf Helmut R. Schulze © Markus Proßwitz

Der Gemeinderat soll am Dienstag über eine „Helmut-Kohl-Straße“ sowie eine „Helmut-Schmidt-Brücke“ abstimmen. Da die Spitzen der Fraktionen darüber schon im Ältestenrat und im Hauptausschuss hinter verschlossenen Türen beraten haben, gilt eine Zustimmung aber als sicher. Dann wird die Südtangente nach Kohl, die Lindenhofüberführung nach Schmidt benannt.

Gleich danach, noch in der Nacht zum Mittwoch, wollen Mitglieder der Jungen Union ausschwärmen und entlang der Südtangente 15 große Plakate aufstellen, die an Meilensteine aus Kohls Leben erinnern. „1985 – Kanzler der freien Grenzen in Europa, 1990 – Kanzler der deutschen Einheit“ sind einige der Titel. „Wir möchten auf seine Errungenschaften aufmerksam machen“, so Lennart Christ, Kreisvorsitzender der Jungen Union. Wegen der deutschen Einheit und der europäischen Einigung sei Kohl „für uns junge Generation ein Vorbild“, so Christ.

Die „Anerkennung seiner Leistungen, insbesondere für die deutsche Wiedervereinigung“ ist auch laut Stadtverwaltung der Grund, nach dem von 1982 bis 1998 als sechsten Bundeskanzler amtierenden Christdemokraten eine Straße zu benennen. Bei seinem sozialdemokratischen Vorgänger Helmut Schmidt, 1974 bis 1982 im Amt, nennt das Rathaus die „Anerkennung seiner Leistungen, insbesondere für die deutsch-französische Freundschaft“. Von Schmidt gibt es dann eine direkte Verbindung zu seinem Vorgänger: Von der Lindenhofüberführung kommt man zum Hauptbahnhof, dessen Vorplatz seit 1995 dem 1969 bis 1974 regierenden ersten SPD-Kanzler gewidmet ist.

Die Mannheimer CDU hatte – wie die Christdemokraten in anderen Städten – schon relativ schnell nach dem Tod von Helmut Kohl 2017 gefordert, ihn mit einer Straßenbenennung zu würdigen. Dabei wird bisher nicht an alle ehemaligen Kanzler auf diese Weise gedacht. Nach Konrad Adenauer, dem ersten Nachkriegskanzler von 1949 bis 1963, ist eine Rheinbrücke benannt. Ludwig Erhard (1963-66 Kanzler) und Kurt Georg Kiesinger (1966 bis 1969) tauchen aber nicht im Stadtbild auf.

Die CDU verwies indes auf die engen Beziehungen des Ludwigshafeners Kohl zu Mannheim. Von hier kam sein langjähriger Büroleiter im Kanzleramt, Walter Neuer. Sehr oft besuchte Kohl, ganz privat und ohne Aufsehen, die Jesuitenkirche.

Enger Bezug zur Jesuitenkirche

In deren Trümmern hatte er als Junge nach dem Zweiten Weltkrieg ein mal ausgeharrt, als er abends keinen Passierschein mehr nach Ludwigshafen bekam. Kohl sorgte dafür, dass die Jesuitenkirche zum nationalen Baudenkmal erhoben und die Restaurierung des barocken Hochaltars vom Bund gefördert wurde. Dafür erhielt er 2006 die höchste Auszeichnung des Katholischen Stadtdekanats – die Prälat-Bauer-Medaille. Im Jahr 2005 präsentierte die Kunsthalle in seinem Beisein exklusiv eine Ausstellung mit Aufnahmen des bekannten Fotografen Helmut R. Schulze. Und ob Reiss-Engelhorn-Museen oder Reitturnier – wann immer er konnte, kam Kohl gerne nach Mannheim.

Wegen der Nähe zur Jesuitenkirche war anfangs eine Umbenennung des westlichen Teils der Bismarckstraße im Gespräch, was die Stadtverwaltung aber ablehnte. Mit der jetzigen Lösung ist CDU-Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz aber „zufrieden“, wie er sagt – da sie auf dem Weg in Kohls Geburtsstadt Ludwigshafen liegt.

„Das ist für beide Helmuts angemessen“, findet SPD-Fraktionschef Ralf Eisenauer. Die SPD wie die Stadtverwaltung legten großen wert darauf, nicht Kohl allein zu ehren, sondern auch seinen direkten Vorgänger. Zunächst wollte die SPD – als Pendant zum Willy-Brandt-Platz – die Südseite des Hauptbahnhofs nach Schmidt benennen. Doch da stand schon fest, dass die „Lindenhofplatz“ heißt – einschließlich Straßenschilder und die Benennung der Haltestelle. Dann hatte sie noch den Neckarauer Übergang („Gelbe Brücke“) vorgeschlagen, was die Verwaltung auch verwarf. Die Lindenhofüberführung sei dafür nun „zentrumsnah“ und die SPD daher einverstanden, so Eisenhauer.

Intern verhandelt wurde das zwischen den Parteien seit fast eineinhalb Jahren im Ältestenrat, in dem die Fraktionsspitzen mit dem Oberbürgermeister sitzen. Im Hauptausschuss haben sich die Grünen zumindest bei der Ehrung für Kohl dann enthalten.

Keine Joy-Fleming-Brücke

  • Längst vom Tisch ist die Idee, die Kurpfalzbrücke oder die Jungbuschbrücke nach der Mannheimer Sängerin Joy Fleming zu benennen.
  • Die Idee war nach dem überraschenden Tod der mit dem Bloomaulorden geehrten Künstlerin am 27. September 2017 in einem Facebook-Eintrag eines Fans aufgekommen und in einer Online-Umfrage dieser Zeitung von vielen Nutzern befürwortet worden – in Anlehnung an ihren „Neckarbrückenblues.
  • Die Stadtverwaltung hat diese Idee aber nie ernsthaft verfolgt. Auch aus dem Gemeinderat kam dafür keine Unterstützung, weshalb das Thema schnell vom Tisch war.
  • Nach wie vor gibt es aber den Plan, mit einer Straße an die populäre Rock- und Bluessängerin zu erinnern. Vorgesehen ist ein Joy-Fleming-Ring auf dem Gelände der früheren Sullivan Barracks in Käfertal, weil die musikalische Karriere von Joy Fleming in Ami-Clubs begann. 

Redaktion Chefreporter

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