Mannheim. „Wir verstehen diese Veranstaltung als äußeres Zeichen der Wertschätzung für Ihre Entscheidung“, erklärte Oberbürgermeister Peter Kurz bei der 23. Einbürgerungsfeier im Rittersaal des Mannheimer Schlosses. Besonders erfreulich sei, dass das erste Mal über 1000 Neubürgerinnen und Neubürger begrüßt werden konnten. Die 1018 Personen seien aus 82 Ländern nach Deutschland gekommen. Zudem habe sich die Zahl der Einbürgerungsanträge mit 1562 Anträgen im Vergleich zu 2019 verdoppelt. Und während in den Vorjahren die größte Gruppe aus der Türkei kam, seien nun die meisten aus Syrien (209). „Dieser bemerkenswerte Fakt zeigt, dass wir als Land bei der Einbürgerung vorangekommen sind“, stellte der Oberbürgermeister erfreut fest.
Er beglückwünschte die Neubürgerinnen und Neubürger zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft und bat sie, Werbung zu machen bei Bekannten und Freunden für diesen Schritt und sich einzusetzen für die Demokratie. „Demokratie muss erlernt werden“, erläuterte der Oberbürgermeister anhand der deutschen Geschichte. Dieses Jahr werde 175 Jahre Revolution von 1848 gefeiert - wobei Mannheim ein Zentrum war. Ziel sei es gewesen, die Demokratie zu etablieren im Land.
Aufruf, wählen zu gehen
Begonnen habe dies aber schon im Jahr 1832, als auf Hambacher Schloss die schwarz-rot-goldene Fahne gezeigt wurde, als Symbol für Demokratie, Gleichheit und Einigkeit. „Doch die Demokratie konnte sich nicht durchsetzen, weil nur ein Teil das wollte, daran scheiterte auch die Weimarer Republik“, bedauerte Kurz. Die Nationalsozialisten hätten die Fahne dann wieder abgeschafft. Diese sei erst wieder seit Bestehen der Bundesrepublik Zeichen für die Demokratie. „Demokratie ist nicht gleichbedeutend mit der Herrschaft der Mehrheit“, betonte der Oberbürgermeister.
Er lud die neuen Staatsbürger ein, „von ihren Rechten der Beteiligung Gebrauch zu machen und mitzugestalten, beispielsweise bei der diesjährigen Kommunalwahl oder bei der Europawahl im nächsten Jahr“.
Die Gründe, warum sich Menschen für die deutsche Staatsbürgerschaft entscheiden, sind unterschiedlich, machte das anschließende Gespräch mit Moderatorin Rosa Omeñaca Prado deutlich. Bhavin Shah kam vor zwölf Jahren aus Indien nach Deutschland, um zu promovieren. Er habe ein Jahr gebraucht, um die deutsche Sprache zu lernen. Zwar wollte er eigentlich nach seiner Promotion nach Indien zurückkehren. Doch er habe sich schon vorgestellt, in Deutschland zu bleiben, erklärte der Neurowissenschaftler, der als Entwicklungsbiologe an der medizinischen Fakultät in Mannheim arbeitet. „Doch das reicht nicht, ich wollte Deutscher werden“, erklärte der 37-Jährige. Viele gute Dinge seien hier passiert, er habe hier seine Frau kennenlernt, sein Kind sei hier geboren, hier gebe es Religions- und Meinungsfreiheit und er könne mit dem deutschen Pass ohne Grenzen in viele andere Länder reisen.
Flucht vor dem Krieg
Olena Belmolhtar, die in der Ukraine englische Philosophie studiert hat, kam 2003 nach Deutschland. Um die deutsche Sprache zu erlernen, arbeitete sie ein Jahr als Au Pair bei einer Familie in Ketsch. Weil ihre Gastfamilie sie bestärkte zu studieren, begann sie 2004 ein Studium an der Freien Hochschule für Anthroposophische Pädagogik in Mannheim. Danach wollte sie zurückkehren in ihre Heimat. Doch dann lernte sie hier ihren Mann kennen. Sie bekamen drei Kinder. „Dass ich nun deutsche Staatsbürgerin bin, hat sich einfach so ergeben, weil schon mein Mann und dadurch auch meine Kinder die deutsche Staatsbürgerschaft haben“, sagte die 42-Jährige. Sie arbeitet als Lehrerin für Deutsch und Englisch am Johanna-Geissmar-Gymnasium und bringt ukrainischen Kindern auf der Schönau die deutsche Sprache bei.
Khaled Motraji kam 2015 aus Syrien nach Mannheim. Er hat sein Heimatland verlassen wegen des Krieges. Er schilderte seine abenteuerliche und gefährliche Flucht über Libanon, die Türkei, Griechenland und die Balkanroute zu Fuß, mit dem Auto oder mit Schleppern nach Deutschland. In einer Industriehalle Walldorf verbrachte er mit circa 200 Männern, die nicht so motiviert waren wie er, eineinhalb Jahre. Aus seiner Depression gerettet habe ihn Familie Kraut aus Walldorf, die ihn bestärkte, Deutsch zu lernen und sein in Syrien begonnenes Studium wieder aufzunehmen. Heute arbeitet der studierte Elektroingenieur bei ABB in Mannheim. „Ich habe das Gefühl, ich gehöre hierher, das ist mein Zuhause, ich will Teil davon sein“, begründete der 26-Jährige seinen Entschluss.
Musikalisch untermalt wurde die Feier von den Sängerinnen Jamie Lee Imhof und Merve Uslu, begleitet von Bastian Völkel am Klavier.
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