Stadtgeschichte - Josef Braun wurde vor 75 Jahren OB

Ein Christ im Kampf gegen den Hunger

Von 
Peter W. Ragge
Lesedauer: 
Erst von US-Soldaten ernannt, dann gewählt: OB Josef Braun. © Marchivum

Mannheim. Er war der einzige Christdemokrat, der es bisher je auf den Chefsessel im Rathaus schaffte: Josef Braun. Vor 75 Jahren, am 10. Juli 1946, wurde er zum Oberbürgermeister gewählt – aber damals noch vom Gemeinderat, nicht von den Bürgern direkt. Seine Aufgabe war, den Hunger in der Nachkriegszeit zu bewältigen. Nach gut zweieinhalb Jahren, bei der ersten Volkswahl am 1. Februar 1948, setzte sich Sozialdemokrat Fritz Cahn-Garnier gegen ihn durch, der aber bald darauf starb.

Josef Braun, Bauernsohn und tief gläubiger Katholik, hat Maschinenbau studiert. Er arbeitet bei den Stadtwerken, ist für die Bauabteilung und für den Rohrnetzbetrieb verantwortlich. Zudem engagiert er sich in der katholischen Zentrumspartei, für die er 1919 bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 dem Gemeinderat angehört. Während der Nazi-Diktatur darf er sich politisch nicht betätigen, aber als Fachmann weiter bei den Stadtwerken arbeiten. Kurz nach dem Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 wird er, wie viele Regimegegner, für kurze Zeit inhaftiert.

Vom Pfarrer empfohlen

Nach dem Einmarsch der Amerikaner Ende März 1945 gibt Josef Bauer, der liebevoll „Lockeseppel“ genannte Dekan und Pfarrer an der Jesuitenkirche, den Besatzungssoldaten den entscheidenden Tipp. Sie suchen einen von den nationalsozialistischen Gewalttaten unbelasteten Mann als neuen, ihnen freilich unterstellten Chef der Stadt. Eineinhalb Tage lang wird er verhört und dann vom US-Stadtkommandant am 31. März 1945 als kommissarischer Oberbürgermeister ernannt. Im Oktober 1945 ist er Gründungsmitglied der CDP (später CDU).

Mannheimer Oberbürgermeister

  • 1945-1948: Josef Braun
  • 1948-1949: Fritz Cahn-Garnier
  • 1949-1955: Hermann Heimerich
  • 1956-1972: Hans Reschke
  • 1972-1980: Ludwig Ratzel
  • 1980-1983: Wilhelm Varnholt
  • 1983-2007: Gerhard Widder
  • 2007- : Peter Kurz

 

Nachdem 1946 die Mannheimer – noch unter Aufsicht der Besatzungsmacht – ihren neuen Gemeinderat wählen dürfen, soll der dann über die künftige Stadtspitze entscheiden. Die SPD hat die meisten Sitze, könnte also das OB-Amt beanspruchen. Sie tut es aber nicht, sondern lässt Braun den Vortritt. Es kommt aber noch zu langen Diskussionen und gar einer Verschiebung der Wahl, weil Braun (gegen den Willen seiner Partei) auch die Kommunisten in die Stadtspitze einbinden will. Die lehnen aber selbst ab – es soll, heißt es in alten Chroniken, eine Weisung der obersten Kommunisten, sprich der SED in Ost-Berlin in der damaligen sowjetischen Zone, gegeben haben. Braun erhält schließlich mit Jakob Trumpfheller als ersten und Richard Böttger als zweiten Bürgermeister zwei Sozialdemokraten an seine Seite.

„Seine gesamte Tätigkeit ist getrieben vom Christentum der Tat“, schreibt „Der Morgen“ nach der Wahl über Braun. Der nennt als seine Hauptaufgabe die „Sicherung der Ernährung“, weshalb in Sandtorf 40 Hektar entwässert werden, um zusätzlich Gemüse anbauen zu können. Zudem wolle er die Belieferung mit Brennmaterial verbessern und den Wiederaufbau vorantreiben.

Redaktion Chefreporter

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen