Mannheim. Es ist kein Geheimnis: Seit Jahren ist Eckart von Hirschhausen nicht nur Arzt und Humorist, sondern auch Stifter für eine Welt mit mehr Lachen. In Mannheim ist der 55-Jährige nun mit dem Stifterpreis der Evangelischen Landeskirche in Baden ausgezeichnet worden. Im Interview mit dieser Redaktion äußert sich der Künstler zur Kraft des Humors und dem Reiz des Stiftens.
Herr von Hirschhausen, als Bühnenkünstler oder Buchautor werden Sie regelmäßig interviewt, als Stifter dagegen eher selten - wird persönliches Engagement heute genug geschätzt, bekommt es genug Aufmerksamkeit?
Eckart von Hirschhausen: Wenn Prominente sich engagieren, ist das in den USA selbstverständlich, in Deutschland steht man erstmal unter dem Verdacht, sich damit wichtig machen zu wollen, wenn es PR-technisch gerade nicht so läuft. Umso mehr freue ich mich über die Anerkennung des Evangelischen Stifterpreises, weil ich seit bald 15 Jahren mit der Stiftung Humor hilft heilen und seit zwei Jahren mit der neuen Stiftung Gesunde Erde - Gesunde Menschen sehr viel erreicht habe. Aufmerksamkeit braucht es, weil wir Spenden brauchen. Aber je älter ich werde, desto mehr weiß ich auch ruhige Momente zu schätzen und zu ernten, was man über Jahre gesät hat.
Ein großer Mäzen der Region, Dietmar Hopp, sagte mir einmal im Gespräch, als Stifter habe man nicht nur die Aufgabe, mit Vermögen und Tatkraft Gutes zu erreichen, sondern im besten Sinne des Wortes auch andere anzustiften, das Gleiche zu tun. Wie stehen Sie zu diesem Gedanken?
Von Hirschhausen: Dietmar Hopp kenne ich und schätze ihn sehr. Was er zum Beispiel mit der Klima-Arena in Sinsheim oder auch den Kinderspielplätzen geschaffen hat, ist großartig. Wir hatten im letzten Jahr eine Tagung der F20 bei seiner Stiftung, denn die Entwicklungen, die unser aller Überleben gerade bedrohen, sind so gewaltig, dass wir neue Formen der Kooperation brauchen: zwischen den engagierten Menschen und der Öffentlichkeit, zwischen Wissenschaft und Politik, zwischen denen mit viel Geld und denen mit den besten Ideen, das gemeinwohlorientiert einzusetzen. Kein Mensch, egal wie reich, kann sich seine eigene Luft kaufen. Solange wir fossile Energie verfeuern, atmen alle Dreck ein, der uns krank macht. Keiner hat seine eigene Außentemperatur, noch nicht mal Privatversicherte. Wenn ich zu Vermögenden spreche, spüre ich, dass viele endlich beginnen, ihre Privilegien und ihre Rolle für einen positiven Veränderungsprozess zu reflektieren. Das Kostbarste, was wir bewahren müssen, sind keine Bankkonten, sondern der Reichtum einer intakten Erde. Gesunde Menschen gibt es nur auf einer gesunden Erde. Und das schaffen wir vor allem, wenn mehr Menschen auf gut Deutsch ihren Arsch hochkriegen - und Teil der Lösung werden.
Eckart von Hirschhausen
- Der Arzt, Comedian, Autor und Moderator Eckart von Hirschhausen wurde am 25. August 1967 in Frankfurt am Main geboren.
- Neben seinen Büchern und Bühnenprogrammen engagiert sich von Hirschhausen seit Jahren als Stifter.
- 2008 gründete er die Stiftung Humor hilft heilen, die sich dafür einsetzt, den Schmerz notleidender Menschen durch Lachen zu lindern, 2020 folgte die Stiftung Gesunde Erde – Gesunde Menschen, die sich aktiv für Aufklärung zur Klimakrise einsetzt.
- Für sein Wirken wurde Eckart von Hirschhausen von der Evangelischen Landeskirche in Baden in Mannheim mit dem Stifterpreis ausgezeichnet.
- Am 17. Januar 2023 ist von Hirschhausen letztmalig mit seinem Programm „Endlich!“ im Mannheimer Rosengarten zu erleben. mer
Was verbindet Sie noch mit Mannheim und der Region?
Von Hirschhausen: Viel! Ich habe ja in Heidelberg Medizin studiert und mich damals schon in diese schöne Gegend verliebt. Ich halte immer wieder Vorlesungen auch in Mannheim zum Beispiel mit Jutta Mata, einer fantastischen Professorin für Gesundheitspsychologie. Und weil ich ja mein Bühnenprogramm beende, um mich noch mehr der Stiftungsarbeit widmen zu können, war es mir auch wichtig, meinen Fans in Mannheim noch eine Gelegenheit zu geben, einen humorvollen Abend mit mir zu erleben, weil es ja gerade wenig zu lachen gibt. Hier habe ich in der Alten Feuerwache angefangen vor 30 Jahren, und am 17. Januar spiele ich letztmalig im Rosengarten. Wer also noch ein passendes Weihnachtsgeschenk sucht: Gemeinsame schöne Live-Erlebnisse bleiben länger in Erinnerung als Socken!
Einerseits stiften Sie als Bühnenkünstler Freude und haben mit dem Verkauf von roten Nasen seit Jahren viele Spenden für Humor hilft heilen gesammelt, um Menschen in schweren Lebenslagen eine Freude zu bereiten. Andererseits haben Sie 2020 mit der Gründung von Gesunde Erde - Gesunde Menschen noch einmal nachgelegt. Wie sehr reflektiert man denn über das, was man anderen tatsächlich geben will und kann?
Von Hirschhausen: Mit Humor beschäftige ich mich seit Kindertagen, habe mit der Zauberei dann zur Bühne gefunden und liebe es, Menschen zum Lachen und Nachdenken zu bringen. Ich verbinde Haha mit Aha-Effekt. Im Krankenhaus habe ich immer wieder erlebt, wie heilsam gemeinsames Lachen ist. Deshalb bringen wir mit Clowns und Workshops für Pflegefachkräfte mehr Humanität in die Humanmedizin. Vor 15 Jahren war das noch exotisch, inzwischen ist das fast normal geworden. Wir haben Forschungen finanziert, die die Wirksamkeit belegen, das ist alles nicht mehr wegzudenken, das läuft mit einem Netz von Spendern und tollen Trainern und Clowns weiter, ein großer Erfolg. Mit Gesunde Erde - Gesunde Menschen habe ich mein neues Herzensthema gefunden, weil die Klimakrise mit Abstand das größte Problem in diesem Jahrhundert ist, und die größte Gefährdung unserer Gesundheit. Deshalb arbeite ich inzwischen hauptsächlich daran.
Gerade beim Thema der Klimakrise, dem sich die Stiftung ja widmet, wird oft extrem kontrovers diskutiert. Sie sind jedoch in Ihren Shows, aber auch auf Podien dafür bekannt, selbst ernste Themen in Anekdoten zu kleiden, die Leichtigkeit vermitteln und damit vieles an Schärfe nehmen. Kann Wandel denn spielerisch mitunter besser gelingen als mit der Beschwörung des großen Damoklesschwerts, das über uns kreist?
Von Hirschhausen: Ja. Was es braucht, sind Geschichten des Gelingens. Positive Zukunftsvisionen. Mein aktuelles Buch habe ich ja deshalb genau so genannt: „Mensch Erde - wir könnten es so schön haben!“ Psychologisch haben wir große Angst, den Status Quo zu verlieren. Aber das tun wir eh! Das Teuerste, was wir jetzt tun können, ist: nichts! Entweder wir gestalten jetzt gemeinsam die Veränderungen, die notwendig sind - oder wir werden von weiteren Krisen, Kriegen und Kontrollverlusten überrollt, was keiner wollen kann - außer den Rechtspopulisten, die auf Zersetzung setzen. Gegen ideologische Verhärtung hilft Humor ungemein. Denn wir sind alle voller Widersprüche, worüber man verzweifeln oder lachen kann.
Also lautet das Ziel?
Von Hirschhausen: Als Arzt kenne ich die wichtige Reihenfolge: Erst die Diagnose stellen, dann die Therapie besprechen. Inzwischen haben die allermeisten spätestens in diesem Sommer verstanden, dass die Klimakrise menschengemacht ist, dass sie nicht irgendwann ist, sondern jetzt, nicht irgendwo, sondern überall, inklusive Deutschland mit Ahrtal, Hitzetoten, Waldbränden und vertrockneten Flüssen. Aber was folgt daraus? Wir kaufen immer fettere Autos, weil wir uns unsicher fühlen, was für Kinder und Radfahrer aber die Unsicherheit erhöht. Das ist doch von außen betrachtet eigentlich ziemlich lustig, dass die Städte verstopfen mit Geländewagen, die nie ein Gelände sehen. Wir brauchen aber keine Spaltung in Gut und Böse, Stadt und Land, rechts oder links, sondern eine Nachhaltigkeit für eine enkeltaugliche Zukunft oder, wie die Christen es nennen, die Bewahrung der Schöpfung. Das ist ein Ziel, hinter dem wir doch alle stehen können, oder?
Stifter geben oft vieles, sind selbst jedoch meist genügsam - und verlangen umgekehrt keine Großtaten. Wenn ich den Stifter Eckart von Hirschhausen mal nach einem seiner großen Wünsche fragen darf: Welcher wäre das?
Von Hirschhausen: Lange Zeit galt: Tue Gutes, aber rede nicht darüber. Damit verpasst man aber das, was wir mit diesem Gespräch hoffentlich erreichen. Dass sich jeder fragt: Was ist mein Beitrag? Ich habe einen Wunsch, dass jeder Leser, jeder Leserin kurz überlegt, wen sie heute noch ansprechen kann. Wen bewegst du, der mehr bewegen kann als du? Von der Kita, der Schule, dem Arbeitsplatz, der Straße, der Gemeinde, dem Verein, wer kennt Journalisten, die berichten, wer kennt Politiker, die Rahmenbedingungen ändern, und und und. Engagement ist ansteckend - und gegen die Angst und Hoffnungslosigkeit hilft nur eins: selber aktiv werden.
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