Mannheim. Das Team „Grüner Gockel Regio Süd“ der Kooperationsregion Süd der evangelischen Kirche Mannheim hat beim Stadtradeln erneut den Titel mit den meisten Gesamtkilometern abgeräumt: Das aktivste Team mit insgesamt 220 Radelnden legte 43 613 Kilometer zurück. Ziel des Wettbewerbs ist es, möglichst viele Menschen für das Umsteigen aufs Fahrrad im Alltag zu gewinnen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Im Interview sprechen die Teamkapitäninnen Eva Götz aus Seckenheim und Renate Platz aus Rheinau über ihre Motivation und erklären, warum sie ihr Engagement auch im nächsten Jahr weiterführen wollen.
Frau Götz, Frau Platz, Sie haben den Pokal jetzt schon zum zweiten Mal geholt. Wie sind Sie überhaupt zum Stadtradeln gekommen?
Eva Götz: Wir waren 2021 während der Corona-Pandemie auf der Suche nach einem Angebot, bei dem wir uns nicht treffen müssen. Da bot sich das Stadtradeln an.
Renate Platz: Wir sind dann 2022 eingestiegen. Unsere Kirchengemeinde hatte kurz vor Corona gerade mit Rheinau-Süd, Rheinau-Mitte und Pfingstberg fusioniert. Nach der Fusion musste ich zunächst schauen, wo ich als Umweltbeauftragte noch Stellschrauben finden konnte. Sich dem Stadtradeln von Seckenheim anzuschließen, war für uns drei Rheinauer Gemeinden, die sich sowieso erstmal finden mussten, eine tolle Sache.
Götz: Die Rheinauer konnten einfach in unser bestehendes Team eintreten und ein Unterteam anlegen. Dabei haben wir gleich auch die ganze Region Süd erweitert und auch Friedrichsfeld mit dazugeholt. Innerhalb unseres großen Teams haben wir einen regionalen Wettstreit unter den drei Stadtteilen. Die Rheinauer können versuchen, die Seckenheimer zu besiegen und umgekehrt. In der Wertung werden wir aber zusammen gezählt.
Wer hat denn diesen internen Wettstreit gewonnen?
Götz: Rheinau! Pro Kopf haben die Seckenheimer mehr Kilometer zurückgelegt. Die Rheinauer sind dafür mehr Teilnehmer mit nicht so vielen Kilometern.
Platz: Ich bin sehr kommunikativ und kann viele motivieren, mitzumachen.
Götz: Der 25-jährige Rheinauer Felix Michalski, der für einen guten Zweck auf seinem Weg von Mannheim nach Nepal über tausend Kilometer für uns gefahren ist, hat auch einen großen Beitrag geleistet.
Grüner Gockel
- Eva Götz ist Kirchenälteste und Umweltbeauftragte im Kirchlichen Umweltmanagement der Evangelischen Erlösergemeinde Seckenheim. Renate Platz macht dasselbe in der evangelischen Gemeinde Rheinau.
- Der „Grüne Gockel“ ist eine speziell für Kirchengemeinden entwickelte Form des Umweltmanagementsystems.
- Die evangelische Gemeinde Rheinau ist die größte „Grüne Gockel Gemeinde“ in Mannheim, beide Gemeinden machen das Umweltmanagement seit 20 Jahren
- Das Team „Grüner Gockel Regio Süd“ ist während des Stadtradelns insgesamt 43 613 Kilometer geradelt und hat damit 7239,8 Kilogramm CO2 eingespart.
Wie wurden die Kilometer der einzelnen Teilnehmer denn gezählt?
Götz: Es gibt extra für das Stadtradeln eine App, mit der man seine Kilometer tracken kann. Das ist der einfachste Weg und ist der Stadtverwaltung natürlich am liebsten, weil sie dann auch die Routen auswerten kann und sieht, wo in Mannheim Fahrradschwerpunkte sind. Das ist ja die Motivation der Stadt, das Stadtradeln zu machen. Man kann aber auch selbst am PC die Kilometer eingeben.
Platz: Ich mache das für 50 Leute.
Warum das?
Platz: Viele von ihnen sind über 80 Jahre alt und können die App nicht bedienen. Sie haben täglich ganz genau aufgeschrieben, wie viele Kilometer sie mit dem Fahrrad gefahren sind. Jede Woche freitags um 18 Uhr habe ich sie angerufen, um die Daten abzufragen. Dann standen sie schon neben dem Telefon parat und haben alle Daten durchgegeben.
Wie schön, dass so viele ältere Menschen mitgemacht haben!
Platz: Die Leute finden das super. „Das ich in meinem Alter noch in einem Team dabei sein und etwas beitragen kann!“, hat mir einer gesagt. Unser ältester Teilnehmer ist 94 Jahre alt – der benutzt allerdings die App.
Was treibt Sie eigentlich an, so viele Menschen zum Mitmachen zu bewegen?
Götz: Unsere Motivation kommt aus dem Umweltmanagement der Kirchengemeinden. Ein Thema davon ist es, den Klimaschutzgedanken an die Menschen heranzutragen. Da bietet sich das Stadtradeln an, weil es darum geht, das Auto stehen zu lassen und möglichst viele Strecken mit dem Rad zurückzulegen.
Waren alle in Ihrem Team Gemeindemitglieder?
Götz: Nein. Wir haben versucht, Menschen aus den Gemeinden, aber auch Konfessionslose, Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen zu begeistern. Jeder, der das Auto stehen lässt, ist ein Gewinn für Gottes Schöpfung, aber auch für sich selbst – denn man tut etwas für die Gesundheit.
Das hat offensichtlich geklappt.
Götz: Ja. Vergangenes Jahr waren es 159 Teilnehmer, dieses Jahr 220. Wir hatten ordentlich Zuwachs: 61 Neue.
61 klingt nach einer Menge Klinkenputzen! Wie kann man Menschen, die sonst lieber das Auto genommen haben, motivieren?
Platz: Ich frage einfach jeden. Vor mir ist keiner sicher! Die Leute erkennen, dass sie mit ihrem Einsatz zum Klimaschutz beitragen können.
Götz: Wir haben auch die Teilnehmer vom vergangenen Jahr angeschrieben mit der Bitte, den Wettbewerb weiterzusagen. Auch als das Stadtradeln schon begonnen hatte, haben wir noch Menschen angesprochen, ob sie mitmachen möchten.
Was erwarten Sie, wie nachhaltig diese kurze Phase sein wird?
Götz: Während der drei Wochen haben viele auf kurze Wege mit dem Auto verzichtet, um mehr Kilometer zusammen zu bekommen. Unsere Hoffnung ist, das so mancher diese Verhaltensänderung auch in den Alltag hineinrettet.
Wie?
Götz: Wir haben dieses Jahr während des Stadtradeln das Feierabendradeln angeboten, bei dem wir uns einmal in der Woche zu einer Radtour getroffen haben. Da kamen die Leute aus Rheinau nach Seckenheim rüber und haben sich dadurch kennengelernt. Die Leute fanden das so toll, dass wir das im September und Oktober jenseits des Stadtradelns noch mal anbieten. Wenn dann eine Zehnjährige zusammen mit einem 94-Jährigen radelt und sich unterhält – was will man mehr?
Platz: Das Feierabendradeln hat sich in Rheinau herumgesprochen, und diejenigen haben schon signalisiert, nächstes Jahr auch beim Stadtradeln mitzumachen.
Sie spekulieren schon auf das Stadtradeln 2025 ...
Götz: Klar, jetzt hat uns der Ehrgeiz gepackt. Wir haben auch unseren Gewinn dazu genutzt, Werbung für das Stadtradeln zu machen.
Wie das?
Götz: Unser Team hat als ersten Preis einen Fahrradcheck gewonnen. Wir sind aber kein festes Team, deshalb haben wir ein Event auf dem Rheinauer Marktplatz gemacht: Einen öffentlichen Radcheck von 11 bis 17 Uhr. Wir haben uns einfach mit einem Stand daneben gestellt, von unserer Arbeit im Umweltmanagement der Kirchengemeinde erzählt und die Bürger zum Mitmachen motiviert.
Platz: Und haben natürlich unsere Hilfe angeboten, beim Einrichten der App und beim manuellen Eingeben der gefahrenen Kilometer.
Götz: Wir peilen nächstes Jahr 250 Teilnehmer an. Wir geben den Pokal nicht mehr aus der Hand und freuen uns auf den Radcheck und das Stadtradeln 2025!
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