Mannheim. Eine kleine Welt kommt ganz groß raus: Die Reiss-Engelhorn-Museen planen eine große Ausstellung mit Puppenküchen und Kaufläden. Die 90 Exemplare einer hochkarätigen Privatsammlung stammen überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. „Sie zeigen auf faszinierende Weise in einer Miniaturwelt, wie die Kinder durch Spielen, Lernen und Leben auf die Erwachsenenwelt vorbereitet wurden“, kündigt Wilfried Rosendahl (Bild), Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen, an.
Die Sonderschau „Kinderträume“, die vom 10. September bis 26. Mai 2024 geplant ist, tritt an die Stelle einer zunächst geplanten und angekündigten Ausstellung. Im Zeughaus und im Museum Weltkulturen in D 5 sollte sich gleichzeitig, und das wäre eine Premiere gewesen, ab Oktober 2023 alles um Essen und Trinken drehen, vom Porzellan über Fotokunst bis zur Kulturgeschichte quer durch alle Epochen und unter ganz verschiedenen Gesichtspunkten: als „Reise durch die Zeit“ im Zeughaus, als „Reise durch den Körper“ in D 5.
185 000 Besucher
Doch das wird nun erst ein Jahr später zu sehen sein. Das große Vorhaben habe sich nicht so einfach finanzieren lassen, so Rosendahl: „Es sind keine einfachen Zeiten, und durch Schwierigkeiten bei der Drittmittelakquise ist eine Verschiebung nötig geworden“, erklärt er.
Schließlich müssen die Reiss-Engelhorn-Museen derart große Ausstellungsprojekte allein aus den Erträgen der Stiftungen oder durch Sponsoren abdecken – der städtische Zuschuss deckt nur den laufenden Betrieb der Häuser und Sammlungen ab. Und bei den Besucherzahlen gab es durch die Corona-Pandemie auch eine Delle. Mit rund 185 000 Besuchen im vergangenen Jahr ist Wilfried Rosendahl dennoch „sehr zufrieden“, sagt er: „Für die schwierigen Zeiten sind das gute Zahlen, und wir sind auf sehr gutem Weg“, verweist er darauf, dass man mit dem neu eröffneten Peter & Traudl Engelhornhaus „fulminant gestartet“ sei und ein „sehr großes Interesse“ an dem Neubau spüre. 2019 waren es 170 000, in früheren Jahren mit großen Sonderschauen aber auch schon um die 300 000 Besucher.
Trotz der Einsparzwängen und Kostensteigerungen wolle er „weiter ein reichhaltiges, qualitätvolles und abwechslungsreiches Angebot anbieten“, versichert Rosendahl. Und dazu gehört, dass die Reiss-Engelhorn-Museen sich nicht auf Aktivitäten innerhalb ihrer Häuser beschränken. Mit großem Erfolg ist das X-perimente-Mobil an Grundschulen unterwegs „und stets ausgebucht“, wie Rosendahl hervorhebt. Künftig soll der Kleinbus mit dem Experimentierangebot auch Seniorentreffs ansteuern. Und bei der „Kinderträume“-Ausstellung sollen ältere Menschen, um deren Kindheit es geht, und deren Erinnerungen einbezogen werden. „Wir sind da ungemein auf die Lebensgeschichten gespannt, denn wir wollen einfach alle Generationen ansprechen“, betont Rosendahl.
Derzeit gelingt das mit zwei Ausstellungen, die beide noch laufen. Die große Normannen-Schau zum einen, die bis 26. Februar zu sehen ist, entführt mit hochkarätigen Leihgaben aus aller Welt und aufwendigen Inszenierungen ins Mittelalter. Sie zeigt, wie die äußerst geschickten Seefahrer sowie brutalen Kämpfer und Plünderer sich von Skandinavien bis ans Mittelmeer gekämpft, Raubzüge von der Ostseeküste bis nach Byzanz verübt und schließlich den ganzen Kontinent nachhaltig geprägt haben.
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Noch bis 30. Juli laufen zum anderen die Fotoausstellung „Die Welt am Oberrhein“ mit herausragenden Aufnahmen des bekannten Fotografen Robert Häusser aus den 1960er Jahren sowie die interaktive Mitmach-Ausstellung „Unsichtbare Welten“. Da können Kinder zu Forschern werden und ausprobieren, was Natur und Menschen entwickelt und erfunden haben, um das Unsichtbare sichtbar zu machen.
Eine Neuentdeckung
Im Herbst ist erneut eine solche Mitmach-Ausstellung vorgesehen. Ab 15. Oktober bis 28. Juli 2024 tauchen bei „Rom lebt“ Kinder und Erwachsene in die Welt der alten Römer ein und können vor großen, lebensechten Effekt-Bildern verschiedene Posen einnehmen und so selbst Teil der Bildgeschichte werden – etwa mit Legionären marschieren, beim Bau des Grenzwalls Limes helfen, Fässer auf ein Transportschiff rollen, eine römische Tuba spielen oder einen Tiger in der Arena bändigen. 15 Mitmachstationen seien geplant. „Die passende Ausstellung für die Handy-Generation, da werden sicher viele Erinnerungsfotos entstehen“, ist Rosendahl überzeugt, dass das Angebot auf gute Resonanz stößt, weil es „ganz spielerisch“ Wissen vermittle.
Für Fotografie-Fans werde es vom 24. September bis 4. Februar 2024 eine Neuentdeckung geben. Die Sonderausstellung „La vie des blocs“ präsentiert erstmals in Deutschland Werke von Jean-Michel Landon. „Er ist in einer der Banlieues geboren“, so Rosendahl, also in den französischen Armenvierteln, „und war dort erst Sozialarbeiter und dann Fotograf“. Nun erzähle er vom Leben der Menschen im Schatten der Wohntürme. „Ganz sensible, ganz beeindruckende Aufnahmen“, so Rosendahl.
Die zur Eröffnung des neuen Museums Peter & Traudl Engelhornhaus zusammengestellte Glaskunst-Ausstellung „Herzklopfen“ mit zeitgenössischen Werken läuft noch bis 29. Mai. Vom 5. November bis 30. Juni 2024 liegt der Schwerpunkt auf Jugendstil-Glas aus der Sammlung Götze, die Natur und Kunst verbindet – etwa der großen französischen Künstler Emile Gallé und René Lalique sowie der Manufakturen Daum Frères, Muller Frères oder die Cristallerie de Baccarat.
Ebenfalls im neuen Museum in C 4 sind vom 29. Juli bis 30. Juni 2024 Arbeiten des Künstlers Ugo Dossi zu sehen, der bereits auf der Documenta und der Biennale von Venedig vertreten war. „Mehrere seiner Werke sind eigens für die Mannheimer Präsentation entstanden und hier erstmals zu sehen“, weckt der Generaldirektor schon jetzt Neugier auf die großformatigen Tableaus, Skulpturen und Projektionen. Eine kleine Auswahl an Werken von Dossi wird zudem neben den altägyptischen Originalen im Museum D 5 gezeigt.