Konkordien-Medaille

Die erste Frau an der Spitze der Evangelischen Kirche Mannheim

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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© Alexander Kästel

Mannheim. „Die sechs Jahre waren eine Herausforderung und gleichzeitig eine Bereicherung“, blickt Hannelore Dänzer zurück. Damit meint sie das Amt als Vorsitzende der Stadtsynode, in das sie 2014 als erste Frau an die Spitze der Evangelischen Kirche gewählt wurde. Beim Festgottesdienst anlässlich des Reformationstages bekommt die 69-Jährige am Sonntag die Konkordien-Medaille für ehrenamtliches Engagement in mehr als drei Jahrzehnten verliehen.

Beim Treffen im M 1-Haus der Evangelischen Kirche beginnt Hannelore Dänzer das Gespräch: „Eigentlich rede ich nicht so gern über mich.“ Aber wie heißt es so schön im Matthäus-Evangelium? „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ Und Hannelore Dänzer empfindet ihren Einsatz als Herzensangelegenheit. Eine Karriere als Ehrenamtliche - nein, die habe sie sich nie vorgenommen. „Irgendwie fügte sich alles“, sagt sie.

Die Preisträgerin und die Verleihung am Sonntag

Hannelore Dänzer ist 69 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Söhnen.

Ihr wird die Konkordien-Medaille als höchste Auszeichnung für ehrenamtliches Engagement in der evangelischen Kirche verliehen: am Sonntag, 31. Oktober, 19 Uhr in der Citykirche Konkordien.

Der Festgottesdienst zum Reformationstag mit dem Predigttitel „Milch und Honig“ gestalten Dekan Ralph Hartmann und Pfarrerin Anne Ressel. Die Konkordienkantorei übernimmt die musikalische Begleitung.

Die Medaille überreicht der Nachfolger von Hannelore Dänzer und aktuell amtierende Vorsitzende der Stadtsynode, Ralf Daum. Stadtrat Raymond Fojkar spricht ein Grußwort im Namen der Stadt.

Der Reformationstag: Martin Luther soll am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche Wittenberg seine Thesen zu Aufbruch und Rückbesinnung angeschlagen haben – darum und um ein zeitgemäßes Kirche-Sein geht es in dem Gottesdienst in der Citykirche mit Ehrung.

Die Mannheimerin, die in der Neckarstadt und in Feudenheim aufgewachsen ist, ehe sie in Sandhofen mit ihrem Mann eine Familie gründete, erzählt, dass sie der Pfarrer für den Chor der Dreifaltigkeitskirche warb. „Singen war für mich schon immer Leidenschaft.“ Die junge Mutter sollte ihre Stimme nicht nur bei Chorälen oder beliebten evangelischen Liedern wie „Geh aus mein Herz und suche Freud“ von Paul Gerhardt erklingen lassen, sondern sie schon bald in Gremien erheben. Zunächst als Kirchenälteste, dann sechs Jahre lang als Vorsitzende des Ältestenkreises der Dreieinigkeitsgemeinde und die gleiche Zeitspanne als Vorsitzende der Region Nord. Sie sei damals nicht die einzig Jüngere gewesen, betont Dänzer - wohl wissend, dass sich der Begriff „Älteste“ für manche etwas verstaubt anhört.

Eigentlich wollte die gelernte Industriekauffrau nach der Geburt des ersten Sohnes wieder in den Beruf zurück - aber damals gab es so gut wie keine Kindergartenplätze jenseits der üblichen Betreuungszeiten. Rückblickend ist Hannelore Dänzer froh, dass sie zuhause geblieben ist: Der Sohn habe besondere Förderung gebraucht - „und ich konnte ihn gut aufs Leben vorzubereiten“. Ihre berufliche Ausbildung sollte sich als Segen erweisen, insbesondere im Finanzausschuss. „Ohne Zahlen geht es nicht - zumal die Kirche vor enormen finanziellen Herausforderungen steht.“

18 Jahre war Hannelore Dänzer bereits Synodale, als sie gefragt wurde, ob sie für den Vorsitz des wichtigsten Entscheidungsgremiums des Stadtkirchenbezirks kandidieren wolle. „Natürlich überlegte ich erst mal, hatte Respekt vor der Aufgabe, aber ich traute sie mir auch zu.“ Außerdem habe ihr Mann sie unterstützt, sich zu bewerben.

Ganz oder gar nicht!

Mit großer Mehrheit wurde Hannelore Dänzer dann gewählt. „Mir war klar, dieses Amt kann man nur ganz oder gar nicht machen.“ Was auch bedeutete, das Pensum eines festen Halbtagsjobs zu erfüllen - mindestens. Dass sie als erste Frau in die Doppelspitze mit dem hauptamtlichen Dekan Ralph Hartmann aufrückte, empfindet sie auch als Würdigung der aktiven weiblichen Gemeindemitglieder - „aber ich habe schon vorher nie das Gefühl gehabt, dass Frauen gegenüber Männern im Nachteil sind“.

Kirchen-Engagement sieht Hannelore Dänzer als Einsatz für alle: „Menschen sind das Fundament und der Schatz der Kirche.“ Sie plädiert dafür, kirchliche Abläufe verändertem Alltag anzupassen. Angesichts der Tatsache, dass viele Familien, insbesondere wenn die Eltern berufstätig sind, den Sonntag für sich nutzen möchten, könnte sie sich ein Angebot im Vorfeld des Wochenendes, beispielsweise am späten Freitagnachmittag, vorstellen. Hingegen vermag sie sich persönlich nur schwer auszumalen, dass Gotteshäuser in Restaurants umgewandelt werden. Gleichwohl weiß sie: „Wir werden nicht alle Kirchen in ihrer Funktion erhalten können.“ Als erfreuliche Entwicklung sieht Hannelore Dänzer die in Mannheim gelebte Ökumene. Beispielhaft findet sie das ökumenische Zentrum St. Pius in Neuostheim.

Und wie hat sie die Zeit als Vorsitzende der Stadtsynode erlebt? „Ich empfand es stets als gute Erfahrung, wenn an einem Strang gezogen wurde, um selbst bei Konfrontation gemeinsam einen konstruktiven Kompromiss zu finden.“

Freie Autorin

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