Protest

Demo gegen „Stadtbild“-Aussage von Merz in Mannheim: Das sagen Teilnehmende

Das „Stadtbild“-Statement von Bundeskanzler Friedrich Merz löst auch in Mannheim Protest aus. 600 Menschen sind am Sonntagnachmittag zu einer Demo auf den Marktplatz gekommen. So positionieren sich die Teilnehmenden.

Von 
Tanja Capuana
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Auch die „Omas gegen Rechts“ sind bei der „Stadtbild“-Demonstration in Mannheim dabei. © Tanja Capuana

Mannheim. Eine steife Brise weht über den Marktplatz in Mannheim. Sie passt zur ungemütlichen Stimmung, die derzeit vor allem unter Frauen herrscht, wenn sie auf das Zitat von Bundeskanzler Friedrich Merz „Fragen Sie mal Ihre Töchter“ zu seiner „Stadtbild“-Aussage angesprochen werden. Das löste in ganz Deutschland Debatten und Demonstrationen aus.

Auch in Mannheim sind am Sonntag 600 Frauen und Männer auf die Straße gegangen, wie aus einer Mitteilung der Grünen Mannheim hervorgeht. Initiiert wurde die Kundgebung durch die SPD-Stadträtin Annalena Wirth und die Grünen-Kreissprecherin Tamara Beckh. An der Umsetzung beteiligt waren Bündnis 90/Die Grünen Mannheim, die Grüne Jugend Mannheim, die SPD Mannheim, die Jusos Mannheim, Die Linke Mannheim, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die DGB Jugend, Fridays For Future Mannheim, die Seebrücke Mannheim und das Queere Zentrum Mannheim. Unter den Rednerinnen waren auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori und Zahra Alibabanazhed Salam vom Landesverband der kommunalen Migrantenvertretung BW.

Tamara Beckh wehrt sich dagegen, dass Feminismus instrumentalisiert wird

Man wolle den Feminismus nicht von jemanden instrumentalisieren lassen, der sich sonst nicht dafür interessiert, betont Tamara Beckh. Gleichzeitig wolle man Menschen, die sich von der Aussage ausgegrenzt fühlen, zeigen, dass sie dazu gehören.

„Die Aussage von Friedrich Merz ist auf so vielen, Ebenen falsch ist und ich möchte das nicht hinnehmen, ohne dass ein Widerstand dagegen entsteht“, sagt Claudia. Vor allem das Thema häusliche Gewalt liege ihr am Herzen, betont die Teilnehmerin der Demonstration.

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Michael aus Ludwigshafen findet die Aussage von Merz „ganz katastrophal und gefährlich“, so der 72-Jährige. Was genau das Problem sei, lasse der Kanzler offen. „Es kann jeder ganz verschieden auslegen, was er unter dem Problem versteht. Bestimmt wird ein Teil das so auslegen, dass das zur Gewalt führt.“ Der Besucher hat Angst vor Eskalation. Die 66-jährige Katharina findet, dass es nicht an den Menschen, sondern vor allem an fehlendem Geld liege, wenn die Innenstädte nicht schön seien.

Die Rednerinnen und die Organsiatorinnen der Mannheimer „Stadtbild“-Demonstration. © Tanja Capuana

Die Bundestagsabgeordnete Isabel Cadematori findet an dieser Aussage von Merz schwierig, dass sie impliziere, man könne am Äußeren der Menschen ablesen, „ob sie in irgendeiner Form problematisch für die Gesellschaft sind“, sagt sie. „Dagegen lehnen wir uns auf. Und da sagen wir ganz klar Nein, das ist nicht so, das sehen wir nicht so.“

Markus und seine Frau gehören zu „Die Partei Rhein-Pfalz-Kreis“. Sie wollen ein Zeichen setzen: „Migration ist nicht das Problem, jedenfalls nicht das Problem, das er meint.“ „Ich bin ein Problem für das Stadtbild, das möchte ich nicht mehr sein“, begründet der 16-jährige Shahabaz seine Teilnahme. „Wir sind in Mannheim geboren, aber unsere Eltern kommen aus Pakistan“, sagt seine ältere Schwester Anna. Auch Maha hat schon öfter Anfeindungen erlebt. „Ich bin eine Hijabi, habe eine braune Haut, ich studiere Ingenieurwissenschaft und ich bin eine Frau“, sagt sie. „Manchmal kann ich nicht unterscheiden, wofür ich diskriminiert werde.“

Auch in Mannheim ein Zeichen gegen die Aussagen von Merz setzen

Hannes und Hannah aus Mannheim sind gute Freunde. „Ich bin vor allem wegen der unsäglichen Aussagen unseres Bundeskanzlers hier, um die nicht einfach unkommentiert stehenzulassen“, sagt der 38-Jährige. „Das einzig richtige Mittel, um hier gehört zu werden, ist eine Demo.“ Die 32-Jährige fügt hinzu: „Ich bin gekommen, um zu hören, was andere dazu zu sagen haben und finde es gut, dass jetzt relativ viele Männer da sind. Das ist ein Zeichen, dass das nicht bloß eine Sache ist, die Frauen nervt, sondern eine gesellschaftliche Sache.“

„Für mich ist es auf jeden Fall wichtig, ein ganz klares Zeichen zu setzen, dass die Aussagen von Merz nicht in der Gesellschaft vertreten sind und er sich viel zu weit aus dem Fenster lehnt“, sagt Jules. Marina befürchtet, dass ein Rechtsruck durch die Gesellschaft geht. „Ich habe die Hoffnung, dass den Politikerinnen und Politikern klar wird, dass es nicht die richtige Strategie ist, wenn mehr Menschen auf die Straße gehen.“

David und Lexi demonstrieren in Mannheim für Migration. Sie stammt aus den USA, er ist Deutscher. © Tanja Capuana

Lexi stammt aus den USA, ihr Mann David ist Deutscher. „Uns ist wichtig zu zeigen, dass wir ein vielfältiges Land brauchen, dass es einfach dazugehört, dass es dabei auch mal Schwierigkeiten gibt“, sagt der 32-Jährige. „Da muss man nicht ein Feindbild von einer Art Mensch machen. Da meine Frau Ausländerin ist, bin ich auch für Migration.“

Grünen-Bezirksbeirätin Carmen Fontagnier findet die Aussage von Merz sexistisch formuliert: „Aber was mir ganz wichtig ist bei dem Thema, ist der Rassismus, der da durchgedrungen ist.“

„Gefährlich, dass Merz mit Emotionen spielt“

Jürgen und Wiebke aus Mannheim finden es gefährlich, dass Merz mit Emotionen spielt, um Stimmung gegen Migranten zu machen. „Das erweckt den Eindruck, dass durch Abschiebungen die Sicherheit oder das Stadtbild in Deutschland verbessert werden können“, so der 73-Jährige.

Annalena Wirth ist zufrieden mit der Demo. „Es war auf jeden Fall super harmonisch und es gab sehr vielfältige Reden.“ Sie sei im Gremium zuständig für Gleichstellung. „Dort ist das Thema Sicherheit von Frauen nie Thema, außer wir bringen es selbst auf die Tagesordnung. Und jetzt ist es auf einmal das Thema, weil es irgendwie nützt, um in der Migrationspolitik zwei Gruppen gegeneinander auszuspielen“, sagt sie. „Ich würde mir wünschen, dass die Sicherheit von Frauen jeden Tag auf der Ordnung des Kanzlers ist und nicht nur für populistische Aussagen.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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