Jubiläum - Verein und seine Anhänger lassen ein Vierteljahrhundert Fußballgeschichte Revue passieren

"Das ist ein zweites Zuhause"

Von 
Markus Mertens
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Zwei treue Anhänger, die für den Waldhof ihr Herz geben würden: Stephan Biffar (l.) und Alexander Schwinn aus Mannheim. © Mertens

In 25 Jahren Carl-Benz-Stadion hat der SV Waldhof Mannheim alles erlebt, was einen Traditionsverein an glorreichen und finsteren Episoden prägen kann: grandiose Zweitliga-Duelle und bittere Abstiege, umstrittene Lizenzentzüge und das Erbe legendärer Talente. Nur eines schien bei den Blau-Schwarzen nie zur Diskussion zu stehen – die unverbrüchliche Treue ihrer Anhänger.

Auch schmerzhafte Momente

Es ist dieses einzigartige Gefühl, das Tausende Fans auch und gerade an diesem 23. Spieltag schon zu früher Stunde in die Oststadt geleitet. Denn nach 77 quälend langen Tagen Winterpause sind die Getreuen der „Buwe“ nicht nur heiß auf den Rückrundenstart gegen den FSV Frankfurt: Sie spüren auch den Geist dieses Ortes längst in sich.

So wie Stephan Biffar und Alexander Schwinn aus Mannheim. Seit 1980 schenken sie „ihrem“ Waldhof die Ehre und haben von ruhmvollen Zeiten in der Ersten Bundesliga bis hin zu den Ascheplätzen in der Oberliga jeden noch so schmerzhaften Moment mit der Mannschaft überstanden.

Auch die Entstehungsgeschichte der Heimspielstätte verfolgten die beiden Anhänger aus Tradition von ersten politischen Rangeleien bis hin zur großen Euphorie und wissen genau, was dieses Stadion ihnen bedeutet: „Du hast den Jungs in all den Jahren so oft zugesehen, wie sie auf diesem Rasen gefallen und jedes Mal wieder aufgestanden sind – sowas schweißt zusammen. Du lernst hier Menschen kennen, die zu Freunden, zu Familie werden. Dieses Stadion ist ein zweites Zuhause.“

Worte, die auch zahllose weitere Anhänger mit Leben erfüllen. Wie selbstverständlich umarmen sich einander längst vertraute Gesichter in Trikots und Schals vor dem Einlass, genießen die jüngst neu gekürten Stadionwürste der Mannheimer Selgros oder sichern sich ein Autogramm von jenen Waldhof-Veteranen, die das Stadion im Februar 1994 gegen Hertha BSC eröffneten.

Dass unter ihnen gleich mehrere sind, die Kari Laukkanen oder Valentin Herr noch aus ihren aktiven Zeiten kennen, ist dabei kein Zufall, sondern Prinzip. „Der Waldhof verkörpert für mich die Kultur des kleinen Mannes“, wie es der langjährige Anhänger Roger Kambouris dem „MM“ verrät.

Seit der SVW in den 1970ern unter Fips Rohr im Alsenweg auflief, steht Kambouris auf der Tribüne und muss über die Gründe dafür nicht lange nachdenken: „Egal, ob du im Anzug oder in Turnschuhen hier herkommst, groß oder klein bist: Dieser grandiose Verein heißt dich willkommen. So, wie du bist. Ich glaube, dass sich die Stadt oft gar nicht im Klaren darüber ist, was für ein Juwel sie hier hat.“

Was sich zumindest über diesen Nachmittag nicht sagen lässt. Denn während des Spiels wirkt es, als sei den insgesamt 6639 Fans beim souveränen 4:1-Sieg in jeder Sekunde bewusst, wie wichtig ihre Anwesenheit an diesem historischen Tag wirklich ist. Da ist jeder Fangesang die entscheidende Nuance lauter, jeder Trommelhieb noch satter als gewohnt: ein ekstatisches Gefühl, von dem sich die Elf um Chefcoach Bernhard Trares tragen lässt, um dem Unentschieden gegen die Hertha vor 25 Jahren ebenso klare wie verdiente drei Punkte entgegenzusetzen.

Emotionaler Triumph

Ein emotionaler Triumph zwischen Gestern und Heute. Denn während Dauerkarten-Inhaber Michael Hauth seinem achtjährigen Neffen Levin die Leidenschaft zu den Blau-Schwarzen langsam lehrt, ist die tiefe Passion zum SVW bei David und Dennis Geisler längst in die DNA übergegangen. „Der Waldhof ist in all den Jahren fast unser ganzes Leben geworden. Denn hier in diesem Stadion bist du niemals alleine. Hier hält man zusammen – ohne Kompromisse.“

Am Ende sind es 430 Pflichtspiele vor 2 282 989 Zuschauern, die ein Vierteljahrhundert Mannheimer Fußballgeschichte statistisch erfassen. Doch es ist der Siegesjubel dieser 431. Partie, die dem allem seine Bedeutung verleiht.

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