Politik - Großer Zeitdruck bei der Suche nach einem Bundestagskandidaten / Ex-Vorsitzende Jüttner und Schmidt üben heftige Kritik am Kreisverband

CDU erwägt Prüfung der Löbel-Amtszeit

Von 
Timo Schmidhuber
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Die Nominierung von Nikolas Löbel als Bundestagskandidat im vergangenen Oktober. Bürgermeister Michael Grötsch (Zweiter von rechts auf dem Podium) war damals Sitzungsleiter. © Christoph Blüthner

Vier Stunden soll die Video-Sitzung des Mannheimer CDU-Kreisvorstands am Montagabend gedauert haben. Alles klären, wie es nach den Rücktritten des Bundestagsabgeordneten und Kreis-Chefs Nikolas Löbel nun weitergeht, konnten die Vorstandsmitglieder in diesen vier Stunden natürlich nicht. Aber sie haben sich einstimmig auf einen dreistufigen „Fahrplan“ für das weitere Vorgehen verständigt, wie der Kreisvorstand kurz vor Mitternacht per Pressemitteilung erklärte. Demnach soll eine Findungskommission möglichst schnell einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin für die Bundestagswahl suchen. Außerdem wird – sobald es die Corona-Lage erlaubt – eine Mitgliederversammlung mit Vorstandswahl stattfinden. Darüber hinaus will der Kreisverband aus der Geschäftsstelle in der Oststadt ausziehen und günstigere Räume mieten.

Die Findungskommission besteht aus dem Junge-Union-Vorsitzenden Lennart Christ, Bürgermeister Michael Grötsch, Fraktionschef Claudius Kranz und Stadträtin Martina Herrdegen sowie Pressereferent Christian Hötting und Antje Siebler, Bezirksbeirätin aus der Oststadt. Die Zeit drängt, wie Katharina Funck, gemeinsam mit Egon Manz stellvertretende Kreisvorsitzende, am Dienstagmorgen im Gespräch mit dieser Redaktion betont. Denn am 24. April wählt der Bezirksverband Nordbaden seine Vertreter für die Landesliste zur Bundestagswahl. „Bis dahin muss der Mannheimer Kandidat feststehen, wenn er einen Platz auf der Landesliste bekommen will“, sagt Funck.

„Finanzielle Tragfähigkeit sichern“

Während beim Fahrplan Einstimmigkeit herrschte, gab es bei der Besetzung der Findungskommission unterschiedliche Ansichten. Sie selbst, sagt Funck, habe gemeinsam mit Egon Manz, Thorsten Bock, Christian Hötting und Christian Stalf vorgeschlagen, den Löbel-Kritiker, früheren Bundestagsabgeordneten und Ehrenvorsitzenden Egon Jüttner in die Kommission aufzunehmen. Das habe jedoch im Vorstand keine Mehrheit gefunden. Jüttner sagt am Dienstag auf Anfrage, das habe ihn wenig überrascht. Er hat nach eigenen Angaben in der Sitzung den Antrag gestellt, dass der Kreisvorstand zurücktreten und die Geschäfte dem Bezirksverband übergeben müsse, der dann Neuwahlen organisiere. Auch das sei in der Sitzung abgelehnt worden, so Jüttner. Seiner Auffassung nach sind im Kreisvorstand „lauter Löbel-Leute“ drin.

Funck und Manz betonen, sie als stellvertretende Kreisvorsitzende seien sich „im Umgang mit Nikolas Löbel keiner eigenen Fehler bewusst“. Trotzdem werden sie künftig nicht den Kreisverband führen. Manz erklärt im Gespräch am Dienstag, er werde nicht mehr für den Kreisvorstand kandidieren. „Ich bin 68 Jahre alt und möchte gerne mehr Zeit für die Familie haben.“ Funck dagegen betont, sie könne sich vorstellen, im neuen Vorstand weiterzumachen, wenn das gewünscht sei. „Ich sehe mich aber nicht als Kreisvorsitzende.“ Dafür fehle ihr aktuell schlicht die Zeit. Man müsse sich jetzt „in größerer Runde“ zusammensetzen und schauen, wer für die Funktionen im Kreisverband in Frage komme, so Funck. „Wir laden alle CDU-Mitglieder ein, hier mitzumachen und sich zu engagieren.“

Zur Geschäftsstelle heißt es in der Kreisverbands-Mitteilung, man habe gleich nach Bekanntwerden von Nikolas Löbels Masken-Geschäften alle Verträge des Kreisverbands mit der Löbel Projektmanagement GmbH sowie mit Löbels Wahlkreisbüro gekündigt. Die hatten dort Räume gemietet. Der Kreisverband selbst werde „im Laufe des Jahres“ ausziehen und kleinere Räume suchen. „Dieser Schritt ist aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich, um die finanzielle Tragfähigkeit des Kreisverbandes zu sichern.“

Über ein weiteres Thema wurde laut Manz bei der Sitzung zwar gesprochen, aber noch kein Beschluss gefasst. „Wir wollen den Bezirksverband Nordbaden bitten, eine Prüfung der Amtszeit von Nikolas Löbel als Kreisvorsitzender in die Wege zu leiten“, sagt Manz. „Der Bezirksverband soll dabei entscheiden, was alles geprüft werden muss, um Transparenz herzustellen, und wer die Prüfung vornehmen soll.“ In der nächsten Vorstandssitzung werde man noch mal darüber beraten. Am Montag habe für eine abschließende Entscheidung die Zeit gefehlt.

Unterdessen äußert sich am Dienstag neben Egon Jüttner auch noch ein weiterer früherer Kreis-Chef. Rolf Schmidt beklagt in einer Stellungnahme die immer schlechteren Wahlergebnisse der CDU bei Landtagswahlen in Mannheim. Verantwortlich dafür macht er die Auswahl der Kandidaten. Diese erfolge „nicht unter der Prämisse von Eignung und Befähigung, sondern unter dem Gesichtspunkt der Verteilung und Absicherung finanzieller Zuwendungen“. Bei der Neuaufstellung des Kreisverbands gelte es, „die CDU wieder als „von Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten getragene“ Partei zu präsentieren.

Das Führungsgremium

Zum Kreisvorstand der Mannheimer CDU gehören aktuell:

Katharina Funck und Egon Manz (beide stellvertretende Vorsitzende), Thorsten Bock (Schatzmeister), Christian Stalf (Schriftführer), Christian Hötting (Pressereferent), Philipp Rudi (Internetbeauftragter) und Christopher Corr (Mitgliederbeauftragter).

Außerdem gehören dem Kreisvorstand die Beisitzer Thomas Hornung, Marianne Seitz, Alisa Butterbach, Wilken Mampel, Sabine Brenner, Christoph Hambusch, Oliver Althausen, Adelheid Weiss, Alexander Fleck, Gabriele Fleck, Lennart Christ und Sabine Stanke an.

Zu jeder Sitzung werden zudem der Fraktionsvorsitzende Claudius Kranz, die beiden CDU-Bürgermeister Christian Specht und Michael Grötsch sowie die Ortsvorsitzenden und Ehrenvorsitzenden eingeladen. imo

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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