Kurze Fahrten mit Bussen und Bahnen sollen in Mannheim ab dem kommenden Jahr günstiger werden. Die Stadtverwaltung will ein Kurzstreckenticket einführen. Strecken von bis zu vier aufeinanderfolgenden Haltestellen sollen demnach ab 1. Januar 2022 nur noch 1,80 Euro kosten. Aktuell ist dafür der Preis für den normalen Einzelfahrschein zu zahlen, also 2,70 Euro. Die Beschlussvorlage steht an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung für den Hauptausschuss. Die endgültige Entscheidung soll am Dienstag im Gemeinderat fallen.
Die Stadträte hatten sich bereits vor dreieinhalb Jahren bei ihrem Votum zum derzeit gültigen Nahverkehrsplan für ein Kurzstreckenticket im gesamten Stadtgebiet ausgesprochen. Der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) musste dafür aber zunächst seine Satzung ändern. Außerdem wählte der Bund Mannheim als eine von fünf Städten für seinen Modellversuch aus, mit Investitionen in den Nahverkehr die Zahl der Autos zu reduzieren. Das stadtweite Kurzstreckenticket wurde deshalb zunächst zurückgestellt.
Eine Kurzstrecke nach den jetzt geplanten Regeln wäre zum Beispiel die Fahrt vom Planetarium durch die Schwetzingerstadt zum Tattersall – was vielleicht manche Innenstadt-Besucher dazu bringen könnte, ihr Auto am Technoseum stehenzulassen und umzusteigen. Eine andere Kurzstrecke wären vom Klinikum zur Station Wasserturm. Aber etwa auch von der Schönauschule zum Bahnhof Waldhof. Die Strecke vom Hauptbahnhof über den Kaiserring und die Planken zum Paradeplatz fällt ebenfalls darunter – für die gibt es aber heute schon mit dem sogenannten Quadrateticket (alle Fahrten in den Quadraten innerhalb des Rings für 1,40 Euro) eine günstige Alternative. Dieses Quadrateticket soll allerdings mit Einführung der Kurzstreckenoption wegfallen.
Kosten: rund eine Million Euro
Das Rathaus sieht die für Januar geplante Tarifreform des VRN als passenden Startpunkt. Kinder zahlen für das Kurzstreckenticket 1,30 Euro, Bahncard-Inhaber 1,40 Euro. Der normale Einzelfahrschein dürfte ab dem kommenden Jahr um zehn Cent teurer werden und dann 2,80 Euro kosten. Ursprünglich war diese Preiserhöhung durch die Verkehrsunternehmen in der Region für den Jahreswechsel 2020/2021 vorgesehen, wegen Corona allerdings ausgesetzt worden. Er dürfte zum Januar 2022 kommen.
Christian Specht (CDU), der zuständige Dezernent für den öffentlichen Nahverkehr, hofft, dass es durch das Kurzstreckenticket insbesondere in den Stadtteilen weniger „kleinteiligen Binnenverkehr“ gibt, wie er dem „MM“ erklärt. Viele kürzere Wege, etwa für Arztbesuche oder Einkäufe, würden dort mit dem Auto zurückgelegt. Das solle künftig verstärkt per Rad oder zu Fuß geschehen – oder eben durch das Kurzstreckenticket mit Bussen und Bahnen. „Damit wollen wir auch in den Stadtteilen die Lärm- und Stickoxidbelastung senken“, so der Bürgermeister. Er weist darauf hin, dass es neben dem geplanten Ticket auch mit dem e-Tarif per Smartphone-App eine günstigere Variante für Kurzstrecken gebe. Der e-Tarif misst den zurückgelegten Weg per Luftlinie. Bei kurzen Strecken sei das deutlich günstiger als der reguläre Einzelfahrschein, betont Specht.
Eine Absage erteilt die Verwaltung der Idee von sogenannten Stadtteiltickets – also 1,80 Euro für eine Fahrt in den Grenzen eines Stadtteils. Für den Laien sei oft nicht erkennbar, wo genau die Grenzen verliefen, heißt es dazu in der Vorlage. „Es wäre daher den Fahrgästen schlichtweg in vielen Stadtteilen nicht vermittelbar, bis wohin die jeweiligen Tickets gelten.“
Das geplante Kurzstreckenticket kostet die Stadt – durch die geringeren Einnahmen – allein im Jahr 2022 rund eine Million Euro. Man rechne jedoch durch das Angebot mit zusätzlichen Fahrgästen und damit, dass sich das Defizit entsprechend reduziere, so die Verwaltung.
Die für das neue Ticket veranschlagten 1,80 Euro waren beim Modellversuch der Preis für den „normalen“ Einzelfahrschein. Dieses sogenannte Green City Ticket gab es von Januar 2019 bis Ende März 2020, finanziert durch die Bundeszuschüsse während des Modellversuchs. Als dieses Geld alle war, wurde das Green City Ticket eingestellt. Mit der Finanzhilfe vom Bund wurden damals aber nicht nur Fahrpreise vergünstigt, sondern auch neue Linien eingeführt und Taktungen verbessert.
Sitzung bei Youtube
Der Hauptausschuss des Gemeinderats tagt an diesem Donnerstag, 30. September, um 16 Uhr im Ratssaal des Stadthauses. Die Sitzung kann Corona-bedingt nicht auf der Empore verfolgt werden, sie wird stattdessen per Livestream in den Raum Swansea übertragen. Wer sie dort sehen will, muss sich per E-Mail anmelden: 15ratsangelegenheiten@mannheim.de.
Zu sehen ist die Sitzung auch auf dem Youtube-Kanal der Stadt Mannheim unter bit.ly/3ijSqiR.
Außer ums Kurzstreckenticket geht es unter anderem um die aktuelle Corona-Lage und die Finanzierung der stadteigenen mobilen Impfteams. Tagesordnung unter bit.ly/3iipEil.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-bus-und-bahn-mannheim-plant-ticket-fuer-kurzstrecke-_arid,1858352.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/schwetzingerstadt-oststadt.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/waldhof-gartenstadt-luzenberg.html