Rheinau - Energieunternehmen will nächste Woche mit dem Bau beginnen / Umweltschützer protestieren gegen Heizöltank in Wassernähe

BUND kritisiert Heizwerk-Pläne der MVV für Mannheim

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Martin Geiger
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Auf diesem Gelände an der Graßmannstraße, wo früher Kohle gelagert wurde, wird das neue Heizwerk gebaut. © Christoph Blüthner

Mannheim. Nächste Woche will die MVV mit dem Bau eines Heizwerks auf der Rheinau beginnen. Doch Umweltschützer protestieren gegen Teile des Projekts – und haben einen ersten symbolischen Erfolg erzielt. Der Überblick.

Was kritisiert der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) an der neuen Anlage?

Insbesondere der geplante Bau eines Heizöltanks etwa 50 bis 70 Meter vom Hafenbecken entfernt bereitet den Umweltschützern Sorge. Dieser soll rund 18 Meter hoch sein, einen Durchmesser von ungefähr 16 Metern haben und etwa 2,65 Millionen Liter Öl fassen. Mit Blick auf die jüngste Flutkatastrophe sagt Bianca Räpple, Geschäftsführerin des BUND Rhein-Neckar-Odenwald, dass „eine Unterschätzung von Hochwasserrisiken im Allgemeinen sowie der Verschärfung der Risiken durch den Klimawandel im Speziellen schwerwiegende Folgen haben“ kann. Je mehr Anlagen mit wassergefährdenden Stoffen wie Heizöl entlang des Rheins stünden, desto größer sei die Gefahr, dass Stoffe in den Fluss gelangten. „In den letzten Jahrzehnten sind wir von großen Rheinhochwassern verschont geblieben“, so Räpple. „Das heißt jedoch nicht, dass es nicht jederzeit wieder zu einem Extremereignis kommen kann.“

Was sagen die Behörden und das Unternehmen dazu?

Die MVV erklärt, dass die Einrichtungen zur Verwendung von extra leichtem Heizöl dem neuesten Stand der Technik entsprächen und alle genehmigungsrechtlichen Anforderungen erfüllten. Das Regierungspräsidium Karlsruhe prüft das noch. So hat es zwar den vorzeitigen Baubeginn des Heizwerks bereits genehmigt – der Öltank ist davon jedoch ausgenommen. Begründung: Seine Errichtung sei keine zeitintensive Tätigkeit, die zu Verzögerungen führen könnte.

Was bemängeln die Umweltschützer noch?

Der BUND ist nicht generell gegen die Anlage, betont Energieexpertin Amany von Oehsen. Über die beantragten 7000 Betriebsstunden und die Energiemenge von 750 Gigawattstunden pro Jahr wolle man mit der MVV jedoch noch mal verhandeln: „Diese Energiemenge entspricht über einem Drittel des gesamten Verbrauchs im Fernwärmenetz“, sagt von Oehsen. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Anlage nur unter Bedingungen wie Notfällen oder zur kurzzeitigen Spitzenlastabdeckung eingesetzt werden sollte. Ein Regelbetrieb wäre für den Klimaschutz wieder ein Rückschritt.“

Warum will die MVV die Anlage überhaupt bauen?

Technik-Vorstand Hansjörg Roll erklärte im April bei der Vorstellung der Pläne, dass damit in erster Linie die Fernwärmeversorgung der rund 160 000 Haushalte in der Region sichergestellt werden soll. Wenn eine größere Erzeugungseinheit ausfalle, werde es in Betrieb genommen. Damit ist die Anlage auch die Voraussetzung dafür, dass ein weiterer Block des Grosskraftwerks Mannheim (GKM) abgeschaltet werden kann. Denn aktuell sichert das GKM die Fernwärmeversorgung ab.

Umbau der Fernwärme-Erzeugung

  • Der Großteil der Fernwärme wird zurzeit noch vom Grosskraftwerk Mannheim (GKM) erzeugt. Wegen des Kohleausstiegs muss dieses jedoch spätestens 2033, womöglich sogar schon deutlich früher, den klassischen Betrieb einstellen.
  • Darum ist die MVV dabei, alternative Erzeugungsarten zu prüfen und zu planen. Einen ersten Schritt hat sie mit der Anbindung des Müllheizkraftwerks auf der Friesenheimer Insel bereits gemacht.
  • Das dortige Biomassekraftwerk soll 2024 ans Fernwärmenetz angeschlossen werden.
  • Weitere diskutierte Technologien sind: der Bau von bis zu drei Geothermieanlagen, eines weiteren Biomassekraftwerks sowie die Errichtung von Flusswärmepumpen am GKM.
  • Die zwei neuen Heizwerke bilden einen wichtigen Baustein in diesem Konzept, weil sie die Spitzenlastabdeckung übernehmen und die Notfall-Reserve darstellen sollen.

Welche weitere Funktion hat das Heizwerk noch?

Es soll auch die sogenannte Spitzenlastabdeckung übernehmen, sprich: an den kältesten Wintertagen, wenn der Bedarf am größten ist, Fernwärme erzeugen. Neben der Anlage auf der Rheinau will die MVV für diese beiden Zwecke ab November auch noch ein Heizwerk auf der Friesenheimer Insel bauen, das jedoch nur mit Gas betrieben wird. Insgesamt rechnet das Unternehmen mit Investitionskosten von rund 100 Millionen Euro.

Wie oft und wie lange will die MVV die Anlagen einschalten?

Für den Einsatz zur Spitzenlastabdeckung geht die MVV von bis zu 150 Betriebsstunden pro Jahr aus. Damit würden die Heizwerke Roll zufolge weniger als fünf Prozent des jährlichen Fernwärmebedarfs erzeugen. Wie lange sie in einem Notfall laufen müssten, lasse sich nicht vorhersagen – weil es von den konkreten Umständen abhänge: „Das könnten je nach Ursache mal wenige Tage oder mehrere Wochen sein – im Fall eines sehr unwahrscheinlichen großen Schadens, etwa durch einen Brand, vielleicht auch mal ein halbes Jahr“, sagte Roll seinerzeit.

Warum setzt die MVV eigentlich auf Gas und Öl?

Ein Gas-Heizwerk hat laut Roll den Vorteil, dass es relativ schnell in Betrieb genommen werden kann. Zu-nächst würden die neuen Anlagen zwar mit Erdgas betrieben. Mittelfristig sei jedoch auch der Einsatz von Biogas oder Biomethan denkbar. Langfristig könne eventuell sogar „grüner“ Wasserstoff eine Rolle spielen. Das leichte Heizöl diene lediglich als Ersatz bei einem Engpass im Gasnetz.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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