Pro-Stimme »Kommunen haben die Pflicht, für die Sicherheit der Bürger zu sorgen«
Während wir unseren Planeten langsam aber sicher in einen unbewohnbaren Schrotthaufen verwandeln, während die Menschen in den Städten mehr und mehr über zu Lärm, Gefahr durch Verkehr und schlechte Luft (auch durch Verkehr) klagen, diskutieren wir über die Sinnhaftigkeit von Blitzern oder mobilen Blitzern. Echt jetzt?
Der Mensch ist zwar ein vernunftbegabtes Wesen. Deswegen nennen ihn die Anthropologen Homo Sapiens: wissender Mensch. Aber in vielen Situationen überwindet Lust, Stress oder gar kriminelle Energie seine Vernunft. Das ist bei netten und intelligenten Menschen am Steuer eines 250-PS-SUVs genauso wie bei tumben Posern in der Kunststraße. Das Ergebnis: Sie rasen.
Wo des Menschen Vernunft aber offenbar systematisch ausgeknipst ist, hat die Kommune nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Dafür sind übrigens auch Gesetze da.
Im Falle des Straßenverkehrs regeln nicht nur Ampeln und leibhaftige Polizistinnen und Polizisten dessen reibungslosen Verlauf, sondern auch Blitzer. Deren Nachteil: Die meisten Menschen wissen, wo die Dinger stehen, bremsen und drücken danach wieder ordentlich auf die Tube. Mobile Blitzer sind da effektiver. Sie sind unberechenbar und wirken daher wesentlich präventiver, die Zahl der Verkehrsverstöße zu reduzieren. Und kann diesen Satz jemand widerlegen: Weniger Temposünder bedeuten weniger Unfälle mit schweren Folgen, insbesondere für Fußgänger und Radfahrer, bedeuten weniger Krach, bedeuten weniger CO2-Emissionen?
Zudem können mobile Blitzer gezielt an Unfallschwerpunkten oder in besonders sensiblen Bereichen – etwa vor Schulen, Kitas oder Altenheimen – eingesetzt werden. Sie lassen sich leicht an wechselnde Gefahrenschwerpunkte anpassen.
Der Kommune nun vorzuwerfen, sie wolle nur Einnahmen generieren, ist etwas kurz gedacht, handelt es sich doch um Geld, das derzeit überall fehlt - auch für Schulen, Kitas und viele andere Pflichtaufgaben.
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Kontra-Stimme »Blitzer sind auch ein lukratives Geschäft«
Eines sei vorweggenommen: Jeder, der sich nicht an die Tempolimits hält und in eine Radarfalle rauscht, wird völlig zu Recht bestraft. Überhöhte Geschwindigkeit zählt nach wie vor zu den Hauptursachen bei Unfällen mit Toten und Schwerverletzten. Oft genug hinterlassen Unfälle traumatisierte Menschen im gesamten Umfeld der Opfer.
Und ja, es stimmt: Wo auf der Autobahn die Blitzeranhänger stehen – und die potenziellen Standorte sind den Pendlern bestens bekannt -, wird deutlich weniger gerast. Aber auch das gehört zu der Wahrheit: Nach dem Blitzer wird nicht selten wieder ordentlich aufs Gaspedal gedrückt. Der verkehrserzieherische Aspekt greift also nicht unbedingt alleine durch Blitzer. Es muss sich grundsätzliche die Erkenntnis durchsetzen, dass Rasen Menschen gefährdet oder tötet.
Doch es soll keiner damit kommen, dass Blitzer ausschließlich aus Gründen der Verkehrssicherheit aufgestellt werden. Über manche Standorte von Radaranlagen ließe sich trefflich über die Sinnhaftigkeit streiten. Dagegen wäre an anderen Stellen die Kontrolle dringend nötig.
Und dann generiert die Stadt- oder Landeskasse ja auch gar nicht so wenig Geld. In Rheinland-Pfalz bekam die Polizei 2017 ihren ersten Blitzeranhänger zur Verfügung. Binnen acht Monaten rasten 80.000 Fahrer ins aufblitzende Rotlicht. Die Gesamtsumme der Knöllchen: 2,6 Millionen Euro. Der Blitzeranhänger – Kosten: 150.000 Euro – hatte sich um ein Vielfaches rentiert.
Im Klartext: Blitzer sind ein lukratives Geschäft – vor allem dann, wenn sie ganz automatisch und ohne kostenintensives Personal rund um die Uhr ihren Dienst versehen. Kämmerer und Sicherheitsdezernent Volker Proffen gibt ja auch ganz offen zu, dass die Stadt mit den Einnahmen aus den Knöllchen konkret kalkuliert. Die Behauptung, es gehe nur um die Verkehrssicherheit, ist genauso janusköpfig wie die Gruselbilder auf den Zigarettenpackungen. Da warnt der Staat auch: „Rauchen ist tödlich“ und kassiert bei der Tabaksteuer gleichzeitig ordentlich ab.