Pro Familia

Beratung vor der Abtreibung: Warum oft "Erzeuger" das Kind nicht behalten wollen

Von 
Lisa Uhlmann
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Mannheim. Die meisten, die zu Katharina Hettler in die Beratung von Pro Familia kommen, haben sich bereits entschieden. „Frauen brauchen keinen Ratschlag in dieser Situation. Beratung bedeutet vielmehr: Darin unterstützt zu werden, sich zu sortieren, hilfreiche Informationen zu bekommen und sich mit seiner Entscheidung so wohl als möglich fühlen zu können“, sagt die Sozialpädagogin.

Sie führt seit Jahren in der Mannheimer Pro Familia Stelle das sogenannte Schwangerschaftskonfliktgespräch durch, das Frauen durchlaufen müssen, wenn sie einen Abbruch vornehmen lassen wollen. „Unsere Aufgabe ist es, die Frauen psychisch gut durch den Prozess der Entscheidung und Durchführung zu bringen“, sagt Hettler. Wer aber sind diese Frauen und was bewegt sie zu diesem Schritt?

„Viele Kinder kommen nicht auf die Welt, weil die Erzeuger das so wollen“, sagt Hettler und nennt damit einen der Hauptgründe für Schwangerschaftsabbrüche. Die Art der Beziehung beziehungsweise Nicht-Beziehung zum "Erzeuger" sei am häufigsten Thema in den Gesprächen. Manche Klientinnen berichten von Partnern, die damit drohen, sich zu trennen, sollten sie das doch Kind behalten. Oft tauchten die "Erzeuger" sogar direkt ab, wenn sie von der Schwangerschaft erfahren. 

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Ein weiterer Grund, warum sich einige doch für einen Abbruch entscheiden: Manche stecken mitten in der Ausbildung oder wollen gerade im Berufsleben durchstarten. Sie stehen vor dem Dilemma: Behalten sie das Kind, wird es später je nach Branche schwer, ohne Berufserfahrung einen Job zu finden. Aber auch Frauen, die bereits Kinder haben und im Jonglieren von Berufstätigkeit, Partnerschaft und Familienleben geübt sind, brechen ihre Schwangerschaft ab. „Gerade Frauen, die schon ein Kind alleine großziehen, haben oft keine Kraft mehr“, berichtet die Pro-Familia-Beraterin.

In den Gesprächen stellt Hettler auch fest: Bevor eine Frau nicht selbst in der Situation war, ungewollt schwanger zu sein, verurteilt sie Abbrüche vielleicht genauso vehement wie ein politisch ambitionierter Abtreibungsgegner. „Mit der realen Verantwortung, dem Baby eine sichere Umgebung und eine möglichst glückliche Kindheit gewährleisten zu müssen, im Nacken ändert sich alles“, sagt Hettler. Weit über zwei Drittel der beratenen Frauen sei dankbar dafür, ihre Lebenslage mit einer professionellen Beraterin durchsprechen zu können.

Deshalb gibt es für die Expertinnen bei Pro Familia keinen nachvollziehbaren Grund, warum das Beratungsangebot verpflichtend statt freiwillig sein muss. „Wir haben keine Sorge, nicht mehr frequentiert zu werden, wenn der Paragraf 218 endlich aus dem Strafgesetzbuch verschwindet“.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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