Mannheim. Mal glitzert das sich kräuselnde Wasser, mal spiegelt sich die hinter dem Speyerer Dom untergehende Sonne im Strom. Man sieht Camper, Angler und Ausflügler am Ufer, die Idylle der Natur, aber auch die harte Arbeit mit Kränen und eine nass endende Niederlage beim Schifferstechen. Aber dass die Reiss-Engelhorn-Museen jetzt diese eindrucksvollen Aufnahmen vom Rhein des weltberühmten Mannheimer Fotografen Robert Häusser zeigen, bedeutet viel mehr als eine normale Fotoausstellung. Mannheim wird damit Teil der bislang größten grenzüberschreitenden Ausstellungsreihe in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Sie ist jetzt sogar in der Quadratestadt eröffnet worden.
Das bedeute „Ehre und Verpflichtung zugleich“, freute sich Kulturbürgermeister Michael Grötsch. Der Rhein sei für Mannheim ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor, Quelle des Wohlstands und seine Ufer wichtiges Naherholungsgebiet. „Alle Mannheimer lieben diesen Fluss“, so Grötsch. „Aber er macht eben nicht an Staatsgrenzen Halt“, sondern verbinde Länder wirtschaftlich und kulturell. Das bringe die Ausstellung gut zum Ausdruck. Dass die Reiss-Engelhorn-Museen Teil dieses Netzwerks von Museen seien, beweise, „dass sie national und international gut aufgestellt sind“.
Von Rheingold bis Fischzucht
Tatsächlich ist der Generaldirektor der Reiss-Engelhorn-Museen, Wilfried Rosendahl, einer der treibenden Kräfte für das bislang größte grenzüberschreitende Kulturprojekt zu diesem Thema am Oberrhein. Organisiert wird die Ausstellungsreihe „Der Rhein – Le Rhin“ vom trinationalen Netzwerk Museen, das auch den in Deutschland, Frankreich und der Schweiz gültigen Museumspass vertreibt.
Waren es bei den letzten grenzüberschreitenden Veranstaltungsreihen 2014 noch 35 Ausstellungen und 2018/2019 dann 30, so widmen sich nun 38 zwischen Schaffhausen und Bingen dem Rhein unter allerlei Gesichtspunkten – archäologisch, wirtschaftlich, landschaftlich, künstlerisch, von der Römerzeit über die Suche nach dem Rheingold bis zur kaiserlichen Fischzucht in Straßburg. Davon finden neun in Frankreich, sieben in der Schweiz und der Rest in Deutschland statt. Schirmherrin ist die trinationale Oberrheinkonferenz, die sich für die grenzüberschreitende Kooperation der drei Länder einsetzt.
Zeiten und Preise
Die Ausstellung „Die Welt am Oberrhein“ läuft bis 30. Juli 2023 im Museum Zeughaus C 5.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag sowie an baden-württembergischen Feiertagen von 11 bis 18 Uhr.
Eintritt: Erwachsene sieben Euro, Kinder und Jugendliche (6-18 Jahre), Studierende, Azubis 4,50 Euro, begünstigte fünf Euro.
Öffentliche Führungen: Ab 8. Oktober, 14 Uhr, jeden ersten Sonntag im Monat bis einschließlich 2. Juli, Ohne Anmeldung.
Lesung: „Eine literarische Rheinreise“ am Mittwoch, 12. Oktober um 18 Uhr, eine Veranstaltung der Initiative „LeseZeichen“ mit den Reiss-Engelhorn-Museen, Literaturwissenschaftler Karl-Heinz Göttert folgt der „Rheinromantik“ vom Ursprung in den Schweizer Alpen bis zur Mündung in die Nordsee, Zeughaus, Eintritt frei. pwr
Als Eröffnungsort „könnte Mannheim nicht idealer sein“, meinte Werner Hanak vom Kanton Basel. Geschäftsführerin Virginie Jouhaud-Neutard vom Institut Français lobte das Projekt als „bestes Beispiel für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“. Einst habe der Rhein viele Konflikte ausgelöst und sei Trennlinie gewesen. Wenn nun so viele Kultureinrichtungen kooperierten, statt sich als Konkurrenz zu betrachten, sei das vorbildlich und bringe der Bevölkerung ein breiteres Kulturangebot. Das bekräftigte Markus Moehring vom Dreiländermuseum Lörrach, der von einem „erfolgreichen Netzwerk“ sprach.
"Erinnerung an die gute alte Zeit"
„Ich dachte mir sofort: Da muss Mannheim dabei sein“, meinte Rosendahl, als er von dem Vorhaben erfuhr. Er habe sich aber nicht einfach mit einer bestehenden Ausstellung einklinken, sondern etwas Neues kreieren wollen – und in den Depots dazu den „noch ungehobenen fotografischen Schatz gefunden, den es für die Öffentlichkeit zu entdecken gilt“. So sind im Forum Internationale Photographie im Zeughaus nun 120 Arbeiten von Robert Häusser zu sehen. Der Stuttgarter, 1924 geboren und 2013 gestorben, hatte sich nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs und der Flucht aus der DDR ab 1952 in Mannheim eine neue Existenz aufgebaut. Später wurde er berühmter Fotokünstler, erhielt den als Nobelpreis der Fotografie geltenden Hasselblad-Preis. Sein gesamtes Erbe übergab er der Curt-Engelhorn-Stiftung. Darin finden sich Auftragsarbeiten, die Häusser für namhafte Zeitschriften von den 1950er bis in die 1970er Jahre anfertigte. Von 1961 bis 1965 fotografierte er für das Magazin „Welt am Oberrhein“ des Karlsruher Braun-Verlags auf deutscher, elsässischer und schweizerischer Seite. Dabei fing er – scheinbar wie Schnappschüsse – das Leben von Ausflüglern wie Arbeitern am Rhein oder von der Straßburger Gastronomie ein, schuf aber ebenso romantisch-stimmungsvolle Architektur- oder reizvolle Landschaftsaufnahmen.
„Manches erinnert ein bisschen an die gute alte Zeit“, meinte Rosendahl, drückten viele Bilder doch das Lebensgefühl der 1960er-Jahre aus. So sieht man auf einer Fähre bei Rheinhausen tatsächlich noch Pferdefuhrwerke oder entdeckt Arbeit in der Neckarauer „Schildkröt“-Fabrik. Zu erkennen ist aber gleichfalls der Aufschwung („Wirtschaftswunder“) wie auch das langsam zusammenwachsende Europa. Zu Häussers Fotos haben die Mitarbeiter des Museums einige Exponate sowie historische Fotografien zur erdgeschichtlichen und kulturellen Bedeutung des Rheins ergänzt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-ausstellung-in-reiss-engelhorn-museen-der-rhein-als-bindeglied-_arid,2001553.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html