Landwirtschaft

Aus für den Gemeinschaftsacker in Feudenheim?

Die Stadt Mannheim lässt den Pachtvertrag für ein Feld des Vereins Mikrolandwirtschaft in Feudenheim 2024 auslaufen. Der Verein zeigt kein Verständnis und erhebt heftige Anschuldigungen gegen die Stadt

Von 
Julius Paul Prior
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Der Gemeinschaftsacker in Feudenheim Nord. © Julius Paul Prior

Mannheim. „Das ist ein verbotener Brokkoli“, sagt Bertram Fischer und zeigt auf die Felder des Gemeinschaftsackers in Feudenheim. Er ist Vorsitzender des Vereins Mikro Landwirtschaft, der derzeit um den Erhalt seiner Felder in Feudenheim kämpft. Die Fläche, auf der einer der sogenannten Feldgärten steht, werde nach dem 31. März des kommenden Jahres nicht wieder an den Verein verpachtet, teilte der Verein mit. Der Grund, der den Brokkoli verbietet: Die Mikro-Landwirte haben keine Absichten, mit ihrer Ernte Gewinne zu erzielen. Das wäre für eine Nutzung der für die landwirtschaftliche Nutzung ausgewiesenen Fläche nötig, heißt es von der Stadt.

Frage der Definition

In einer Rede bei einem Protest am vergangenen Samstag beschreibt Fischer das Hin und Her zwischen der Stadtverwaltung und ihm selbst: „Zuerst gab es Probleme mit der Verpachtung. Obwohl wir das Gleiche gemacht haben wie überall in der Landwirtschaft üblich.“ Nur, dass auf dem Gemeinschaftsacker nicht ein Bauer das Feld bestellt, sondern viele verschiedene Privatpersonen ihre Lebensmittel anbauen. „Ein Brokkoli zum Verkauf darf hier auf dem Acker wachsen, der ist Landwirtschaft. Der Brokkoli, den ihr anbaut, aber nicht. Denn ihr macht es ohne Gewinnerzielungsabsicht“, vergleicht Fischer.

Bertram Fischer, Vorsitzender des Vereins Mikro Landwirtschaft, spricht bei einem Protest für den Erhalt der Gemeinschaftsäcker in Mannheim auf dem Feld in Feudenheim Nord. © Julius Paul Prior

„Eine Nutzung durch Feldgärten auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ist dauerhaft nicht möglich. Es handelt sich hierbei um eine landwirtschaftliche Fläche, die rechtlich der Nutzung als sogenanntem Feldgarten widerspricht“, antwortet ein Sprecher der Stadt auf eine Anfrage dieser Redaktion. Grundsätzlich sei es im Interesse der Stadt, die Nutzgärten zu fördern. So steht es ebenfalls im Klimaschutzaktionsplan. Die Stadt verweist jedoch darauf, dass dort auch festgelegt wurde, „landwirtschaftlich genutztes Dauergrünland zu erhalten und die Entwicklung ökologischer Landwirtschaft voranzubringen“.

Studie zum ökologischen Einfluss

Die die Auffassung der Stadtverwaltung, dass Mikrolandwirtschaft nicht als ökologische Landwirtschaft angesehen werde, kann Fischer nicht nachvollziehen. Weiter erklärt er, dass die Untere Naturschutzbehörde der Stadt den Mikro-Landwirten vorwerfe, sie würden „die Natur zerstören und die Artenvielfalt schädigen“.

Hiergegen verweist Fischer auf eine Studie, die der Verein auf dem Acker in Feudenheim durchgeführt hat. Das Ergebnis: Hier leben mehr als 150 Tierarten, die in der konventionellen Landwirtschaft keinen Lebensraum hätten, es gebe deutlich mehr Regenwürmer und der Boden kann mehr Wasser aufnehmen, was Überschwemmungen vorbeuge. Rainer Oppermann, Institutsleiter des Instituts für Agrarökologie und Biodiversität (ifab) in Mannheim, sieht "die Ergebnisse der Studie als sehr valide an", teilte er auf Nachfrage mit.

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Auf die Frage, wie die Untere Naturschutzbehörde zu ihrem zu dieser Studie gegensätzlichen Ergebnis gekommen sei, antwortet ein Sprecher: „Die Studie wurde vom Fachbereich Klima, Natur, Umwelt nicht geprüft, daher ist keine abschließende Bewertung möglich.“ Allerdings habe Fischer das Zitat in seinen Schilderungen aus dem Zusammenhang gerissen. „Der Gesamtkontext ist, dass eine Umnutzung landwirtschaftlicher Flächen in einem Landschaftsschutzgebiet negative Auswirkungen auf den Artenschutz haben kann“, so die Stadt.

Die Stadt sehe in den Gemeinschaftsäckern durchaus die Möglichkeit eines positiven ökologischen Einflusses, solange diese „ökologisch bewirtschaftet“ werden und die Bedingungen stimmen würden. Zu Letzteren gehöre beispielsweise eine „umweltverträgliche“ An- und Abreise.

Verein versus Landwirtschaft

So sei das allgemeine Konzept der Feldgärten weiter ein „Baustein für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ – wie es im Klimaschutzaktionsplan festgelegt ist. „Daraus leitet sich jedoch nicht ein Anspruch des Vereins Mikro Landwirtschaft ab, eine exklusive Förderung zu erhalten“, findet der Sprecher der Stadt klare Worte. Dies schließe derzeit auch eine Ausweisung der Fläche für die Nutzung als Feldgarten aus, da es hierfür eine Sondergenehmigung benötige.

Die Mikro-Landwirte protestieren für den Erhalt der Gemeinschaftsäcker auf ihrem Feld im Norden Feudenheims. Zu Gast waren auch Vertreter des Gemeinderats. © Julius Paul Prior

Ein weiterer Punkt, den Fischer anspricht, sind die Kosten für das Pachten des Feldes. Im Vergleich zur Landwirtschaft zahle Mikro Landwirtschaft als Verein den zehnfachen Preis. Die Stadt erklärt: „Der Verein Mikro Landwirtschaft wird wie alle anderen Vereine gleichbehandelt.“ Weiter legt sie die Kosten für das Pachten der 7418 Quadratmeter offen: 123,63 Euro pro Monat.

Trotz der vielen Uneinigkeiten zwischen dem Verein und der Stadt, soll es weiter Gemeinschaftsäcker in Mannheim geben, betont der Sprecher der Stadt. Bei dem Protest am Samstag waren auch Vertreter des Gemeinderats anwesend, die sich hinter die Landwirte stellten. Erster Bürgermeister Christian Specht kündigte an, dass derzeit geprüft werde, inwiefern Flächen der Bundesgartenschau im Anschluss an diese zu Gemeinschaftsäckern werden können. Stefanie Heß von den Grünen kündigte an, dass der Erhalt der jetzigen Flächen als Feldgärten in einer der nächsten Sitzungen im Gemeinderat diskutiert werden soll.

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