Mannheim. Dass die Stadt Mannheim sparen muss, das ist im Rathaus und im Gemeinderat in den vergangenen Monaten oft genug gesagt worden. Jetzt hat die Stadtverwaltung den Auftrag sozusagen nochmals Schwarz auf Weiß bekommen. Und zwar vom Regierungspräsidium (RP) in Karlsruhe. Das hat den städtischen Haushalt für die Jahre 2025 und 2026 zwar genehmigt - aber dafür eine schmerzliche Auflage gemacht: Die Stadt muss bis 2028 jährlich im Schnitt knapp 40 Millionen Euro einsparen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie sieht die Auflage des RP genau aus?
Nach Angaben aus dem Rathaus will das RP, dass die Stadt bis Ende 2028 wieder die sogenannte Liquiditätsreserve erreicht, die gesetzlich vorgeschrieben ist. Wäre Mannheim eine Privatperson, könnte man vereinfacht sagen: Die Liquiditätsreserve ist das Geld, das sie auf dem Girokonto verfügbar hat. Bis Ende 2028 wird sich hier nach der aktuellen Finanzplanung allerdings ein enormes Minus von rund 124 Millionen Euro anhäufen (siehe Grafik). Die für 2028 vorgeschriebene Mindestliquidität liegt dagegen bei plus 33 Millionen. So ergibt sich ein Defizit von rund 157 Millionen Euro, das umgelegt auf die vier Jahre bis dahin knapp 40 Millionen jährlich beträgt. Dieses Defizit, so das RP, müsse abgebaut werden - damit die Stadt für den Ausgleich möglichst keine Kredite aufnehmen muss. Bei Einnahmen und Ausgaben in einer Größenordnung von jeweils 1,7 Milliarden Euro pro Jahr klingen 40 Millionen zwar nach vergleichsweise nicht besonders viel - trotzdem werden die Einsparungen wehtun.
Und wo sollen die Millionen eingespart werden?
Das lässt sich jetzt natürlich noch nicht konkret sagen. Die Verwaltung muss bis Ende des Jahres ein Sparkonzept vorlegen. Subventionen und freiwillige Leistungen der Stadt müssten dafür genauso auf den Prüfstand wie Personal- und Sachausgaben, heißt es in einer Mitteilung aus dem Rathaus. Auch die Erhöhung von Preisen für städtische Leistungen sei kein Tabu. Ebenfalls geprüft werden müsse, ob man „Standards bei der Erfüllung von Pflichtaufgaben“ senken könne.
Bereits im vergangenen Jahr wurde im Rathaus „ein breit angelegter verwaltungsinterner Prozess“ gestartet, um den Haushalt zu verbessern, wie Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) erklärt. Das wird nun fortgesetzt, am Ende soll dann das besagte Konzept stehen. Klar ist aber auch: Das letzte Wort darüber, wo gespart wird und wo nicht, hat der Gemeinderat.
Was ist mit dem „Senken von Standards“ genau gemeint?
Dieses Thema hatte der Oberbürgermeister zuletzt immer wieder angesprochen, etwa bei der jüngst vom „MM“ ausgerichteten Diskussionsrunde „Gipfel der Metropolregion“. Warum, fragte Specht da, koste in Deutschland die Einrichtung einer Kita-Gruppe alles in allem zweieinhalb Millionen Euro, während es in den Niederlanden nur eine Million sei? Die Kinder würden im Nachbarland doch auch bestens betreut.
Was die Veränderung von Standards angeht, wird Mannheim aber lediglich einen Teil im Alleingang regeln können. Vieles sind Landes-, Bundes- oder EU-Vorgaben.
Und was ist mit den Investitionen, die in den kommenden vier Jahren vorgesehen sind? Müssen die auch auf den Prüfstand?
Ja. Das RP habe zwar durchaus registriert, dass bei der Aufstellung des aktuellen Haushalts die Investitionen reduziert worden seien, teilt die Stadtverwaltung mit. „Dennoch stellt es fest, dass die bereits begonnenen und geplanten Vorhaben angesichts der aktuellen Wirtschaftslage nicht mehr aus laufenden Erträgen finanziert werden können. Daher soll auch das Investitionsprogramm kritisch überprüft und wieder mit den Eigenfinanzierungsmöglichkeiten der Stadt in Einklang gebracht werden.“ Mit 185 Millionen Euro in diesem und 177 Millionen Euro in 2026 investiert die Stadt immer noch vergleichsweise viel. Dieses Geld fließt zum Beispiel in den Schul- und Kindergartenbau, aber auch in den Bau des Kombibades im Herzogenried, den Neubau der BBC-Brücke, die Sanierung der Diffenébrücke und in die Sanierung des Nationaltheaters.
Apropos Theater. Ende Dezember war bekannt geworden, dass bei der Sanierung eine 40-Millionen-Euro-Lücke klafft, die ebenfalls gedeckt werden muss. Kommt das noch zu den Spar-Auflagen des RP dazu?
Ja. Auch dieses Geld muss Mannheim zusätzlich noch irgendwie aufbringen, um einen Baustopp am Goetheplatz zu verhindern. Die Stadt hofft hier auch auf die Hilfe von Spendern. Weitere finanzielle Unterstützung von Bund und Land bei der Theatersanierung dürfte eher unwahrscheinlich sein.
Was sagt Oberbürgermeister Christian Specht zu den Auflagen aus Karlsruhe?
Die Stadtspitze hat mit solchen Vorgaben gerechnet. „Wir wollen uns wieder mehr auf die Kernaufgaben einer Stadt konzentrieren“, sagt Specht. „Dabei werden wir prüfen, an welchen Stellen wir Leistungen über dem gesetzlichen Standard oder ohne gesetzliche Grundlage und ohne adäquate Gegenfinanzierung erbringen. Gerade in Zeiten knapper Kassen müssen diese auf ein Normalmaß reduziert werden.“ Strenge Haushaltsdisziplin verbunden mit einer Überprüfung der Aufgaben sei wesentliche Voraussetzung, künftig die Mittel für Investitionen wieder komplett aus dem Haushalt zu erwirtschaften.
Und wie reagiert Kämmerer Volker Proffen (CDU) auf die Vorgaben?
„Wir stehen vor einer großen Herausforderung und einem ambitionierten Zeitplan“, erklärt er. Der Dezernent sieht auch durch „Prozessoptimierung“ und stärkerer Digitalisierung die Möglichkeit für Einsparungen. Das Regierungspräsidium habe sehr klare Auflagen erteilt. „Um diese zu erfüllen, bedarf es der Beiträge aller Dezernate, Dienststellen und Eigenbetriebe. Nur so können wir wieder die Mindestliquidität erreichen und unsere Stadt handlungsfähig halten.“
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