Mannheim. Richard Perrey war Architekt und von 1902 bis 1918 Leiter des städtischen Hochbauamts. Er entwarf und realisierte in Mannheim mehr als 120 Bauprojekte, darunter 32 Schulen. Sein „Backsteingotik“-Stil brachte es mit sich, dass viele Gebäude sich ähneln. Und so kamen in unserer Folge 226 von „Erkennen Sie Mannheim?“ einige Leserinnen und Leser ins Schlingern, als es galt, ein Schulgebäude zu identifizieren. Fünf Einsender tippten auf die Wohlgelegenschule (heute LFG), zwei auf Uhland- und je einer auf Mozart- und Friedrich-List-Schule.
Gesucht war aber die Pestalozzischule in der Schwetzingerstadt. Und die Allermeisten, mehr als 40 Personen, lagen mit ihrer Lösung goldrichtig. Zwischen Oktober 1909 und September 1911 entstand das Gebäude zwischen Otto-Beck- und Karl-Ludwig-Straße. Etliche Leserinnen und Leser besuchten die Schule selbst zu verschiedenen Zeiten – entsprechend lebhaft sind die Erinnerungen an damals.
Die Gewinner
- Mannheimer Morgen und Marchivum arbeiten bei „Erkennen Sie Mannheim?“ Hand in Hand.
- Unter den richtigen Einsendungen werden kleine Geschenke aus dem Bestand des Marchivum verlost.
- Als Gewinner der Folge 226 sind gezogen worden: Beate Bauer, Philipp Fuchs und Marie-José Gentile.
- Folge 227 unserer Rätsel-Serie „Erkennen Sie Mannheim?“ erscheint am Mittwoch, 2. April.
- Die Auflösung zu Folge 227 erscheint am Donnerstag, 10. April.
- Alle Serienteile unter www.mannheimer-morgen.de/erkennen-sie-mannheim.bhr
Gabriele Legleiter etwa war dort „1956 eine fröhliche und brave Erstklässlerin“. Aber ihr und anderen wurde im Schulhof oft langweilig: „Wir mussten warten, bis das Klingelzeichen Erlaubnis zum Betreten des Hauses gab.“ Um die Zeit zu überbrücken, hatte die kleine Gabriele eine Idee und schlug vor: „,Wenn es klingelt, gehen wir als Tiere ins Haus!‘ Jede dachte sich aus, was sie sein wollte und welche Laute sie von sich geben würde. Wir freuten uns so, als die Klingel schrillte und wir loslaufen konnten. ,Wau wau. Miau, Kikeriki, Määäh, Quak. Muuh‘ tönte es durch den Gang.“
„Wir hatten einen Riesenspaß!“, erinnert sich Gabriele Legleiter: „Aber ich war kaum an meinem Platz angekommen, als eine Lehrerin hereinstürmte und mir ohne lange Vorworte eine schallende Ohrfeige verpasste. Der Schmerz an meiner Wange war bald vorbei, der Schmerz in meiner Seele nicht. Gottseidank habe ich den Spaß an Schabernack nicht verloren.“
Strikte Geschlechtertrennung und „militärische“ Pausenregeln
Damals galt eine strenge Trennung von Jungen und Mädchen. Darüber berichtet unter anderem Lutz Winnemann, Grundschüler von 1966 bis 1969. Die beiden Pausenhöfe waren ebenso voneinander getrennt wie die Unterrichtstrakte. „Einzig über das Kellergeschoss konnte man vom einem Teil in den anderen Schulteil gelangen, was aber strikt untersagt war.“
An strenge Sitten erinnert sich auch Werner Hübner, eingeschult 1949: „Rohrstock oder Ähnliches kamen manchmal zum Einsatz.“ Winfried Blank, im Jahr 1953 Erstklässler, berichtet, dass es in den Pausen „streng militärisch“ zuging. „In unserem Jungen-Schulhof achteten die aufsichtführenden Lehrer von der Mitte des Hofes aus streng darauf, dass wir Schüler alle beständig in einem großen Kreis gehen. Rennen oder gar Raufen oder Ähnliches war jedenfalls nicht erlaubt.“
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war von Wohlstand noch kaum eine Spur. Das zeigte sich auch in der Schule, blickt Werner Hübner zurück: „Täglich bekamen wir aus großen Metallfässern die sogenannte Hoover-Speisung (meist Bohnensuppe aus Amerika), diese wurde in der großen Pause an alle Schüler verteilt.“ Freimütig gibt er aber zu: „Das war nicht mein Geschmack!“ Als „willkommene Ablenkung“ im Unterricht hat er empfunden, dass der Hausmeister „regelmäßig zum Nachfüllen der Tintenbehälter auf den Schulbänken“ kam.
Einige Teilnehmende weisen auf eine Besonderheit des Schulsystems hin: die Kurzschuljahre 1966 und 1967. Bis dato startete ein Schuljahr um Ostern, danach mit dem Ende der Sommerferien. Die Umstellung brachte es mit sich, dass es zwischen Ostern 1966 und Ende Juli 1967 zwei Schuljahre gab. Norbert Sälzler zum Beispiel besuchte in dieser Zeit die Pestalozzischule und war nur drei Jahre lang Grundschüler.
„Massenimpfungen“ gegen Kinderkrankheiten in der Turnhalle
Damals habe es übrigens „große Probleme mit der Schulraumversorgung“ gegeben, ergänzt Mathias Kohler, der von 1964 bis 1969 als Realschüler das Pestalozzi besuchte. Die schwierige räumliche Situation habe dazu geführt, „dass wir von der fünften bis zur achten Klasse auf ,Wanderschaft‘ waren: zuerst im Kellergeschoss des Liselotte-Gymnasiums, dann in der T4-Schule (damals ein Neubau, heute schon wieder abgerissen) und danach in der Eberhard-Gothein-Schule in U2.“
Erst Grund-, dann Realschülerin war hier Elvira Kühnhauser, die am Pestalozzi „meine Liebe zu Englisch entdeckt“ hat – „sowie die Begeisterung für Naturwissenschaften“. Und Streichen nicht abgeneigt war: „Als Abschluss-Spaß haben wir die Ente einer Lehrerin ins Foyer getragen.“ Und Brigitte Gumb weiß nicht nur zu berichten, dass Anfang der 1960er Jahre „in der großen Turnhalle ,Massenimpfungen‘ gegen Kinderkrankheiten“ stattfanden. Sie teilt auch mit, dass zu dieser Zeit die Tochter der Fahrradlegende Rudi Altig die Schule besuchte.
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