Bildung

220 künftige Lehrkräfte starten in Mannheim ins Referendariat

Die nächste Generation steht bereit: Nach ihrem Studium starten gut 220 Frauen und Männer in Mannheim und Umgebung in ihr Referendariat. Dass es nicht einfach wird, wissen sie. Warum sie trotzdem den Beruf ergreifen

Von 
Bertram Bähr
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Ihren Amtseid legten die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter im Technoseum ab. Damit beginnt ihr Vorbereitungsdienst in den Schulen. © Christoph Blüthner

Mannheim. Nachhaltiges Regionalmanagement: Das stand für Ulla Textor auf der Agenda, als sie nach Abi und Au-pair ihr Studium an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg begann. Aber sie merkte schnell: Das war so gar nicht ihr Fall. Sie machte ein halbes Jahr lang ein freiwilliges Praktikum an einer Grundschule in Rottenburg: „Das war eine einfach richtig coole, schöne Erfahrung“, berichtet die 28-Jährige im Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“.

Kein „Highway to Hell“

Ulla Textor zog die Konsequenzen und entschied sich für ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Dieser Lebensabschnitt liegt hinter ihr – jetzt folgt der nächste: Die junge Frau aus Butzbach beginnt ihren Vorbereitungsdienst am Staatlichen Seminar Mannheim für Lehrkräfte-Aus- und Fortbildung und an der Rheinauer Gerhart-Hauptmann-Grundschule (GHS).

Kindern Chancen aufzuzeigen ist eine schöne Lebensaufgabe

Mit ihr am Start sind bei der feierlichen Vereidigung im Technoseum 98 angehende Lehrkräfte an Grundschulen und 124, die ihr Referendariat an Schulen der Sekundarstufe I in Angriff nehmen. Wie das wohl wird in den nächsten eineinhalb Jahren – und natürlich danach, als reguläre Lehrkraft? Diese Fragen werfen die aktuellen Seminaristinnen und Seminaristen im Rahmenprogramm künstlerisch und musikalisch auf, indem sie mögliche Unterrichtsszenen beschreiben. Zwischen „Highway to Hell“ und „Walking on Sunshine“ schwankt die Stimmung.

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Ulla Textor geht eindeutig von Letzterem aus. „Ich freue mich darauf“, sagt sie dem „MM“. Schließlich habe sie viele Erfahrungen sammeln können – beim freiwilligen Praktikum in Rottenburg, dem verpflichtenden in Dossenheim und als pädagogische Kraft bei Corona-Nachholprogrammen wie „Lernen mit Rückenwind“ an der GHS. Dass sie ihre Ausbildung hier fortsetzen kann, freut sie sehr.

Prägender Einfluss auf Persönlichkeit

Die Vereidigung der Lehramtsanwärterinnen und -anwärter im Hörsaal des Technoseums, das hat – von der langen Corona-Pause abgesehen – Tradition. Der stellvertretende Direktor Jens Bortloff weist die künftigen Lehrkräfte auf die vielfältigen Kooperationen des Technoseums mit Schulen hin. Und auch sonst bekommen die Berufsanfänger jede Menge Tipps, wie sie die zukünftigen Herausforderungen meistern können – zum Beispiel von den Interessenvertretungen der Lehrkräfte.

Seminar für Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte

  • Mit der Vereidigung der Lehramtsanwärterinnen und -anwärter beginnt für die bisherigen Studierenden ein neuer Lebensabschnitt: Sie wechseln in den Schuldienst.
  • Nach der Hochschule geht es dabei an ein Staatliches Seminar für Lehrkräftefortbildung. Im Schulamtsbezirk Mannheim ist das Seminar in der Augustaanlage zuständig für die Ausbildung von Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschullehrern, das Seminar in Heidelberg für Gymnasialbereich und Sonderpädagogik.
  • Eingebürgert hat sich für Lehramtsanwärterinnen und -anwärter der Begriff Referendare, der streng juristisch Beamten im höheren Dienst (Lehrerinnen und Lehrern an Gymnasien und beruflichen Schulen) vorbehalten ist.
  • In den Vorbereitungsdienst der Lehrerausbildung am Seminar für Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte Mannheim sind jetzt 98 angehende Grundschul- sowie 124 künftige Real- und Werkrealschullehrerinnen und -lehrer gestartet. Das sind zwei angehende Grundschullehrkräfte mehr als im Vorjahr, in der Sekundarstufe I stieg die Zahl um 14.
  • Der traditionell ziemlich geringe Anteil der Männer liegt in der Primarstufe (Klassen 1 bis 4) bei 9,8 Prozent (Vorjahr 13,5), in der Sekundarstufe I bei 33,9. bhr

Welche gesamtgesellschaftliche Bedeutung sie haben, das bekommen die „Neuen“ gleich mehrfach zu hören, etwa von Seminarleiterin Andrea Riegler. Lehrkräfte seien „mitentscheidend für gute Bildung in unserem Land“ und hätten einen „ganz prägenden Einfluss auf die Persönlichkeit“ der Kinder und Jugendlichen. Es sei „nicht irgendein Beruf, sondern ein Stück weit Berufung“, sagt Bildungsbürgermeister Dirk Grunert, früher selbst Lehrer.

Ulla Textor hat eine ähnliche Einstellung dazu. Sie ist hochmotiviert, denn dieser „sehr sinnvolle und abwechslungsreiche Beruf“ ermögliche es ihr, „Kinder auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden zu unterstützen und zu begleiten“. Ihnen Chancen aufzuzeigen, das sei eine „schöne Lebensaufgabe“.

Einzelkämpfer braucht hier niemand

Die 28-Jährige hat selbst erlebt, welche Rolle gute Pädagogen spielen – zum Beispiel während ihrer Grundschulzeit in Mittelhessen. Einen Lehrer fand sie „ziemlich cool, er hat viel mit uns unternommen und uns viel zugetraut. Und „sehr geprägt“ habe sie ein Lehrer in der Oberstufe. „Er hat mir gezeigt, wie viel man mitgeben kann.“ Das möchte sie auch, „Kindern ein gutes Selbstvertrauen geben und in die Welt zu lassen“.

Misserfolge als Chance begreifen

Dass es dabei Hürden und Probleme gibt, das machen bei der Vereidigung gleich mehrere Redner deutlich, zum Beispiel Endrik Ebel, der stellvertretende Leiter des Staatlichen Schulamts Mannheim. Schulen hätten „eine hohe Anpassungsleistung“ an eine sich rasch wandelnde Welt zu erbringen. Den Lehrkräften komme dabei eine große Bedeutung zu. Aber: „Erfolgreich handeln heißt auch, Misserfolge anzunehmen und als Chance zu begreifen.“ Ebel betont: „100 Prozent sind nicht möglich – schon gar nicht, wenn die Rahmenbedingungen nicht 100 Prozent sind.“

Einer der „Gelingensfaktoren“, so Andrea Riegler, sei, nicht nur mit anderen, sondern vor allem auch mit sich selbst „achtsam umzugehen“. Was dabei hilft, machen die Seminaristen den „Neuen“ noch einmal klar: authentisch bleiben, Kritik als gut gemeintes Feedback annehmen, im Team arbeiten. Denn: „Einzelkämpfer braucht hier niemand.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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