Der alte Schlager von Udo Jürgens passt mit neuem Text ganz wunderbar: „Nach 66 Jahren, sind die Gowe voll in Form. Mit 66 – ist noch lange nicht Schluss“, singt das Publikum im Saal, und das beweist sich den ganzen Abend. Schon beim Einmarsch zur Jubiläums-Prunksitzung der Wallstadter Fasnachter in der DJK-Halle ist es eng, denn die Aktiven stehen in drei Reihen auf der Bühne. Und dann bieten sie dem gut gelaunten Publikum fünf Stunden lang ein sehr gutes und gut aufeinander abgestimmtes Programm, bei dem Matthias Göttlich Regie führt.
„Eine ausverkaufte Prunksitzung – das ist heute ja nicht mehr selbstverständlich“, freut sich zur Eröffnung Simone Breidenband, die neue „Gowe“-Vorsitzende, und übergibt dann an Präsident Manuel Kohl für die Moderation. „Der macht das wieder Spitze“, sagt sie – was stimmt!
Aus den eigenen Reihen präsentiert Manuel Kohl zunächst Tanzmariechen Feline Bencik, deren Auftritt gleich mit rhythmischem Applaus begleitet wird. Dann zeigen die putzige Minigarde als Zootiere, schließlich Jugend- und Juniorengarde sowie Offiziere, welchen großen Stellenwert die von Nina Lentz und Nadine Settele als Gardeministerinnen mit einem großen Trainer- und Betreuerinnenteam verantwortete Jugendarbeit bei den „Gowe“ hat – und dass es genügend Nachwuchs gibt.
Die „Dance Academy“, bestehend aus Akteuren von „Insulana“ und Katholischer junger Gemeinde (KjG), steuert einen von Lena Keil einstudierten tollen Showtanz „I wanna Dance“ bei, und die von Barbara Spies geleitete „Gowe“-Tanzformation „Jubilette“ gratuliert als sportliche Schornsteinfeger-Truppe mit teils kräftezehrenden Hebefiguren ihrem Verein auf originelle Weise zum närrischen Jubiläum.
Das thematisiert in der Bütt auch Thomas Friedl, der in der Rolle des Kurfürsten die Politik in Reimen kritisiert. Es sei „eine Pracht, zu sehen die Gowe bei der Fasenacht“, sagt er mit Blick auf den voll besetzten Saal. In den kommt er mit einem Päckchen, das er hinter sich herzieht. Es soll symbolisch der Grundstein für das Kultur- und Sportzentrum sein, dessen Bau er – unter dem Applaus der Zuhörer – vehement einfordert. „Soll man Fasnacht etwa im Freien machen, bei Minusgraden gibt es da nichts zu Lachen“, betont er und kritisiert, dass sich das Projekt so lange hinzieht. „Wie viele Jahre soll Wallstadt noch warten, bis man endlich kann mit dem Spatenstich starten?“, fragt er. Friedl kritisiert aber auch „das saublöde Getue mit der Genderei“, unregelmäßig verkehrende Stadtbahnen, die Ampel-Regierung und – ganz aktuell – die Verspätung der Baustelle auf der Riedbahn, ehe er mit Jubel verabschiedet wird.
Prunkparty am Samstag folgt
Gar Jubel und „Zugabe“-Rufe erntet Markus Weber in seiner Rolle als 114-jährige „Fräulein Baumann“, der sich in dieser Kampagne in der Mannheimer Fasnacht rar macht und nur bei der „Gowe“ auftritt. Herrlich pointenreich nimmt er die Gesellschaft und Generationenunterschiede („Die Jugend hat Google, die Alten haben Ahnung“) auf die Schippe. Auch als er sich klar von der AfD distanziert, erntet er sehr viel Zustimmung.
Das geht ebenso Musikprofessor Werner Beidinger so, der zwar lange nach dem vereinbarten Zeitpunkt kommt – doch das Warten lohnt sich in Anbetracht herrlich-humorvoller wie bissiger Lieder über manche Minister, aber auch nachdenklicher Verse über die AfD-Erfolge. Gut angenommen vom Publikum wird jedoch ebenso der Büttennachwuchs, nämlich die beiden witzig-kecken „Lästerschwestern“ Lena Drogosch und Chiara Belsanti von den „Löwenjägern“ mit ihren amüsant-absurden Sporterlebnissen. Den Reigen der Büttenredner rundet „De Härtschd“ Oliver Betzer aus Fischbach im Dahner Felsenland ab, der den Wunsch nach Kokolores bedient, zwischendurch Richtung Herrensitzung abgleitet, aber es als Stimmungssänger schafft, dass die Gäste im Saal ihn stehend feiern.
Noch zwei weitere Akteure aus der Region kommen ganz hervorragend an. Ein bewährter Gast bei den „Gowe“ ist immer wieder der Heidelberger „Perkeo“-Fanfarenzug, in dessen Reihen mit Peter Schär auch ein Wallstadter mitspielt. Die Musiker in den schwarz-gelben Landsknechtuniformen begeistern unter Leitung von Klaus Janeck mit ihrem dumpfem Trommelwirbel und den kraftvoll hellen Fanfarenstößen, etwa bei der „Faust“-Fanfare oder einer Dvorak-Bearbeitung.
Als richtig klasse und mitreißend erweist sich das Musikduo „NaSte“ aus Nadja Lesniewski und Stefan Röger, dem Ehrenpräsidenten der Brühler „Kollergrotten“. Mit seinen gut ausgewählten Songs von Udo Jürgens bis Abba heizt es die ohnehin prima Stimmung noch weiter an und macht gleichzeitig Lust auf den Samstag, 27. Januar um 20 Uhr, wenn beide zur „Prunkparty“ mit einigen Bütten und viel Musik wieder in die DJK-Halle kommen.
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