Straßenheim

Kleines Schmuckstück mit großer Bedeutung

Magdalenenkapelle ist saniert – aber der Freundeskreis investiert weiter

Von 
Peter W. Ragge
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Auch eine Bank gibt es jetzt: Die sanierte Magdalenenkapelle in Straßenheim – unscheinbar, aber bedeutend. © Markus proßwitz

Die Chefin kommt selbst – das allein zeigt, welche enorme historische Bedeutung dieser kleine, unscheinbare Bau hat: Oberkonservatorin Ute Fahrbach-Dreher vom Landesamt für Denkmalpflege wird am Sonntag fünf Führungen durch die Magdalenenkapelle in Straßenheim anbieten, deren Sanierung jetzt nach zwei Jahren fertiggestellt wurde. Damit ist die Kapelle, ältester Sakralbau Mannheims und im Kern sogar das älteste Gebäude der Stadt, Schauplatz einer der zentralen Veranstaltungen zum Tag des offenen Denkmals in Baden-Württemberg.

„Die stand schon 100 Jahre vor Martin Luthers Reformation, vor dem Konstanzer Konzil“ – mit diesen Worten formuliert Architekt Heiko von Puttkamer, mit welch großem Respekt er an die Aufgabe herangegangen ist, diese Kapelle zu sanieren. Im Dachstuhl sind immerhin Bäume verbaut, die nach einer Untersuchung der Jahresringe vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gefällt worden sind, Teile der Mauern stammen aus dem 13. Jahrhundert. „Abenteuerlich“ sei manche Arbeit gewesen, so der Architekt.

Termine

  • Am Sonntag, 11. September bietet Ute Fahrbach-Dreher um 11, 12, 13, 14 und 15 Uhr jeweils eine Führung in und um die Magdalenenkapelle an.
  • Zudem gibt es am Sonntag um 17 Uhr ein Konzert „Barockmusik aus Oper und Konzert“ mit Brigit Stöckler, Sopran, Christoph Müller, Violine, und Martin Geißler, Cembalo.
  • Ein weiteres Konzert ist am Sonntag, 25. September um 17 Uhr mit dem Galanthus Quartett. Auf dem Programm stehen Kammermusik der Klassik und Romantik. Der Eintritt bei den Konzerten ist frei, um Spenden für die Sanierung wird gebeten.
  • Die Kapelle ist nun noch jeden Sonntag bis Erntedank von 15 bis 17 Uhr zur Besichtigung geöffnet. 

1408 gestiftet

Schon zur Zeit der Römer und dann Karls des Großen (768 bis 814) hat es an dieser Stelle einen Sakralbau gegeben. Als offizielles Geburtsjahr der Kapelle gilt 1408. Da stiftet die Witwe des Ritters Diether von Handschuhsheim, Amalie Meza von Neuburg, für das Dorf Straßenheim eine eigene Pfarrpfründe und die Kapelle – nach Maria Magdalena benannt und zur Pfarrkirche erhoben.

Das Patronatsrecht obliegt dem Wormser Domkapitel, durch die Reformation – in der Kurpfalz 1556 – wird die Kapelle eine evangelische Kirche, im Zuge des Dreißigjährigen Kriegs wieder von Katholiken übernommen. Belegt ist, dass die Kapelle unter Kurfürst Carl Theodor renoviert und 1750 erneut geweiht wird. Nach dem Ende der Kurpfalz 1803 wird Straßenheim hessisch, doch im Wege des Gebietstauschs übernimmt das Land Baden.

Daher gehört das Kirchlein – für Sakralbauten sehr ungewöhnlich – dem Land. Mit dem umgebenden Friedhof ist es seit 2000 als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ eingestuft. Aber das hat den Holzwurm nicht gestört. Er nagte kräftig am Dachstuhl. Risse an der Fassade, eindringende Feuchtigkeit – „eine spannende Aufgabe“, so Heiko von Puttkamer, sei die Sanierung gewesen. 320 000 Euro gab das Land dafür aus. 77 000 Euro hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz auf Initiative von Stadträtin Helen Heberer als Vorsitzende des Ortskomitees aufgebracht. Der Betrag diente als Initialzündung, denn zuvor verschob das Land die zugesagte Sanierung mehrfach.

Der barocke Altar der Magdalenenkapelle. © Anselmann

„Beglückend zu sehen, was aus diesem Kleinod geworden ist“, freut sich Heberer. „Es hat sich wirklich wahnsinnig viel getan“, bekräftigt Jürgen Anselmann, Vorsitzender des Freundeskreises, der sich 2015 formiert hat und sich seither für die Sanierung des kleinen Gotteshauses einsetzt. Kirchlich gehört es zur Käfertal, Feudenheim, Vogelstang und Wallstadt sowie Straßenheim umfassenden katholischen Seelsorgeeinheit Maria Magdalena, die sich ganz bewusst nach dieser Kapelle benannte. Deren Diakon Bernhard Kohl, vor 55 Jahren schon als Ministrant bei Gottesdiensten für Erntehelfer dabei, hat sich früh bemüht, die Kapelle für Trauungen, Taufen und Weihnachtsandachten zu nutzen. „Jetzt ist sie wirklich wunderschön restauriert“, sagt er zufrieden.

Das betrifft nicht nur die Außenmauern, den Dachstuhl, das Portal, die Bänke sowie die Herstellung von Stuck und originaler Farbgebung im Innern, die „wirklich wunderbar gelungen sei“, so Anselmann, sondern ebenso die Elektroinstallation. „Wenn man früher Licht gebraucht hat, ging auch die Heizung unter den Bänken an – beides war zusammen geschaltet“, erzählt der Vorsitzende.

Glocke und Truhen-Orgel

Nachdem das Land seinen Beitrag erbracht hat, will der Freundeskreis nun die Restaurierung fortsetzen. „Durch Aufzeichnungen wissen wir, dass neben der vorhandenen Glocke von 1765 bis zum Ersten Weltkrieg eine zweite Glocke aus 1844 existiert hat“, so Anselmann. „Sie wurde sehr wahrscheinlich während des Krieges eingeschmolzen“, nimmt er an. Nun hat der Freundeskreis eine neue Glocke in Auftrag gegeben. Sie wird von der Firma Bachert in Neuenkirchen gegossen. Die Kosten von 7000 Euro und weitere 3000 Euro für die Aufhängung werden komplett aus Spendengeldern vom Freundeskreis finanziert. „Unser Motto ist ja, die Kapelle mit Leben zu füllen, daher wird die Zierde den Text „Leben in Fülle!“ aus dem Johannesevangelium haben“, so Anselmann.

Noch in diesem Jahr soll zudem eine extra für die Kapelle angefertigte Truhen-Orgel von der Firma Henk & Niels Klop aus den Niederlanden geliefert werden, die das defekte Harmonium ersetzt. „Die Kosten von 39 000 Euro werden von einem großzügigen Spender übernommen“, freut sich der Vorsitzende. Die Paul-Mathis-Stiftung, in Erinnerung an den bei einem Flugzeugabsturz verunglückten Unternehmer Paul Mathis (Baustofffirma Maxit) für die Erhaltung denkmalgeschützter Bauwerke gegründet, ermöglicht zudem die auf 10 000 Euro veranschlagte Renovierung des marmorierten Altars aus Holz, der einzige original erhaltene Barockaltar Mannheims.

Redaktion Chefreporter

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