Die erste Besucherin der "Suppenschüssel" der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) in der Oststadt saß einsam auf ihrem Stuhl. Alleine aß sie im Winter 1998 ihre Suppe. Die Tische um sie herum blieben leer. Dabei dampfte in der Küche des Gemeindehauses Eintopf für mehr als dreißig Personen. Die ehrenamtlichen Köche blickten immer wieder zur Tür - vergeblich. "Die Frau ist an diesem Tag unser einziger Gast geblieben und ist erst drei Jahre später wieder zu uns gekommen", erinnert sich Pastor Philipp Zimmermann.
Erfolgreiche "Suppenschüssel"
Heute, 15 Jahre später, kann der 62-Jährige über die Anfänge "seiner" Suppenküche lachen. Jeden Donnerstag kommen mittlerweile rund 100 bedürftige Gäste in die Oststadt, um sich von ehrenamtlichen Helfern bekochen zu lassen. Am kommenden Sonntag feiert die Gemeinde mit einem Festgottesdienst den 15. Geburtstag der "Suppenschüssel". Aber nicht nur das: Vor 150 Jahren wurde die Methodistische Kirche in der Quadratestadt gegründet - und auch das soll feierlich begangen werden.
Die Geschichte der EmK in Mannheim beginnt knapp zwei Wochen vor Weihnachten im Jahr 1863. Der Prediger Gustav Häuser bekam laut Jubiläumsschrift den Auftrag, nach Mannheim zu gehen. Dort sollte er mit seiner Mission beginnen. In einem Hinterhaus in G 7,1 mietete er den leerstehenden Lagerraum einer Sesselfabrik - und predigte am Neujahrstag 1864 zum ersten Mal. Im gleichen Jahr dehnte er seine missionarischen Tätigkeiten auf Schwetzingen, Hockenheim, Altlußheim und Wiesloch aus. Wie in Mannheim legte er auch dort den Grundstein für Gemeindebildungen. Es folgten viele weitere Prediger, die Gemeinden wuchsen, und entwickelten sich im Laufe der folgenden Jahre und Jahrzehnte weiter.
Die Kirche hatte kaum mehr etwas mit dem Studentenclub zu tun, mit dem alles begonnen hatte. Dieser hatte sich 1729 im englischen Oxford zusammengefunden, um Andachten zu halten und sich um Strafgefangene und Arme zu kümmern.
Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts waren diese Anliegen noch immer wichtig, aber die Kirche hatte sich verändert. In Mannheim hatten sich zwei Zweige entwickelt: die ältere Bischöfliche Methodistenkirche, und die 1907 gegründete Evangelische Gemeinschaft. "Aber beide hatten die gleichen Wurzeln", sagt Zimmermann. Und so wurden sie 1967 zusammengeführt - ein Jahr, bevor diese Order an die Gläubigen weltweit erging. Die vereinigte Evangelisch-methodistische Kirche zog in die Erlöserkirche in der Viktoriastraße ein, die in den 50er Jahren gebaut worden war. 1998 wechselte Philipp Zimmermann aus dem pfälzischen Kandel in die Gemeinde. Immer wieder klopften Bedürftige an die Tür des Pastors, baten fast täglich um etwas zu essen. "Das hatte ich in Kandel so nicht erlebt", sagt Zimmermann. Die Besuche der Bedürftigen fielen in eine Zeit, "in der wir uns in der Gemeinde Gedanken gemacht haben, wo wir künftig unsere Schwerpunkte setzen wollen", erinnert sich Zimmermann. Nach Beratungsgesprächen mit der Caritas war man sich einig: die Erlöserkirche brauchte eine Suppenküche, eine "Suppenschüssel" für jeden, der Hunger hat oder mit einer warmen Suppe in der Hand gegen die Einsamkeit kämpft.
"Mit der Suppenschüssel hat alles angefangen. Heute gibt es aber längst auch andere Dinge zu essen", sagt Gemeindemitglied Hildegard Riegel, laut Zimmermann eine der "wichtigsten Mitarbeiterinnen in der Gemeinde". Essenszeit ist von 11.15 Uhr bis 13 Uhr. Einige "Stammgäste" sind aber häufig schon viel füher da. Sie setzen sich an die gedeckten Tische, genehmigen sich süße Teilchen vom Vortag, die gespendet worden sind, oder nippen an einer Tasse Tee.
40 Liter Tee und 300 Essen gehen an einem normalen Donnerstag über die Küchentheke. "20 Prozent der Gäste sind Obdachlose, der Rest sind Bedürftige oder ältere, einsame Menschen, die hier Anschluss finden", so Zimmermann. "Denn Gutes zu tun, gehört nach wie vor zu den wichtigsten Säulen unserer Kirche."
Festgottesdienst in der Erlöserkirche
- Die Evangelisch-methodistische Kirche in Mannheim, feiert am kommenden Sonntag, 9. Februar, 10 Uhr, ihr 150-jähriges Bestehen in der Stadt sowie den 15. Geburtstag ihrer "Suppenschüssel", die einmal wöchentlich Bedürftige mit warmen Speisen versorgt. Gefeiert wird in der Erlöserkirche in der Viktoriastraße 1 in der Oststadt.
- Als besondere Gäste haben Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz sowie die Dekane Ralph Hartmann und Dr. Karl Jung ihr Kommen zugesagt. Die Festpredigt übernimmt die Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche, Rosemarie Wenner.
- Der Name der Evangelisch-methodistischen Kirche geht auf die Vereinigung der Methodistenkirche und der Evangelischen Gemeinschaft zurück und gilt für alle deutschsprachigen Länder Europas.
- Die Speisen der "Suppenschüssel" werden von ehrenamtlichen Helfern, die auch anderen Kirchengemeindemitgliedern in der Stadt angehören, zubereitet. Finanziert werden die Speisen über Spenden - materieller und finanzieller Art.
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