Vor 100 Jahren wurde Sandhofen eingemeindet und damit ein Teil der Stadt Mannheim. Mit diesem Schritt änderte sich so einiges im Sandhofen von 1913.
So musste zum Beispiel das "Ausschellen von amtlichen Bekanntmachungen" durch das Rathaus Sandhofen eingestellt werden. Angesichts vieler doppelter Straßennamen mussten außerdem die meisten Straßennamen in Sandhofen geändert werden. Die Bismarckstraße wurde in Ziegelgasse umbenannt, die Lange Straße in Schönauer Straße, die Käfertaler Straße in Spinnereistraße, die Friedrichstraße wurde Deutschen Gasse und die Querstraße zur Zwerchgasse. Die Schulstraße erhielt den damals umstrittenen Namen Kriegerstraße.
Das großherzogliche Bezirksamt ordnete damals außerdem an, dass Metzgereien an Sonn- und Feiertagen nur noch vormittags bis 11 Uhr geöffnet sein durften und die Rasier- und Friseurgeschäfte am Sonntag zu schließen hatten. Der Ladenschluss an Werktagen wurde außerdem auf 20 Uhr festgelegt, nur das kaiserliche Postamt verrichtete bis 21 Uhr den Telegrafen- und Fernsprechdienst. Zu der Zeit der Eingemeindung musste außerdem das eher unrentable Gaswerk Sandhofen in der Gaswerkstraße seinen Betrieb einstellen.
Dem Vereinsleben tat die Verstädterung Sandhofens hingegen nicht den geringsten Abbruch. Der Militärverein von 1873 und die Freiwillige Feuerwehr feierten jeweils ihr 40-jähriges Bestehen mit Festbällen in den Gaststätten "Grüner Baum" in der Sonnenstraße, im "Goldenen Löwen" in der Untergasse und im "Adler" in der Ausgasse.
Als neue Vereine traten der Männergesangverein Rheingold, der Verein der Hundefreunde, die Narrengesellschaft Sonne-Narren und die Tanzstunden-Gesellschaft in Erscheinung. Die seit 1910 bestehende Musikvereinigung Sandhofen veranstaltete 1913 das "1. Sandhofer Volksfescht" mitsamt einem Feuerwerk sowie farbenprächtiger Beleuchtung. Im "Goldenen Pflug" in der Hintergasse wurde mit einem patriotischen Festprogramm an die Völkerschlacht bei Leipzig erinnert.
Bei den Landtagswahlen von 1913 hatten in Sandhofen wie schon 1910 die Sozialdemokraten die Nase vorn. Als zweitstärkste politische Kraft erwiesen sich die liberalen Fortschrittlichen vor den konservativ-militärisch Nationalliberalen und dem katholischen Christlich-Sozialen Zentrum.
Grundstein für Schönau gelegt
Um die Kinder Sandhofens auch an den sozialen Einrichtungen Mannheims teilhaben zu lassen, errichtete der Verein für Knabenhorte vor 100 Jahren auch in Sandhofen einen Hort, damit Eltern, die gezwungen waren, zu arbeiten, eine Möglichkeit hatten, ihre Kinder unterzubringen. Der Hort zählte auf Anhieb 40 Kinder. Der Mannheimer Stadtrat beschloss außerdem 1913 den Bau einer Luftschifferkaserne und eines Luftschifferhafens auf Sandhofener Gelände und legte damit den Grundstein des späteren Stadtteils Schönau.
Zum neuen Modetanz avancierte damals auch in Sandhofen der Tango. Er galt jedoch als verrufen und anzüglich. Ein kaiserlicher Erlass untersagte damals Offizieren das Tangotanzen in Uniform, und auch der katholische Pfarrer Karl Heffner bezeichnete den eleganten Gesellschaftstanz als "sündhaft".
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