Blumenau. Manche kommen mit ihrem kalten Getränk in der Hand von der Ausgabe und können es nicht mehr abwarten. Sie bleiben stehen und schlürfen von der Köstlichkeit. Es ist Sonntag, es ist Kerwe auf der Blumenau und es ist Hochsommer. Das Thermometer vermeldet 33 Grad. Emsiges Treiben herrscht im Hans-Böttcher-Haus. Vor dem Eingang holt man sich den Bon für die Speise oder das Getränk, drinnen steht man kurz am Tresen an, um ihn einzulösen. Es geht geschäftig zu, aber ohne Hektik. Alles ist gut organisiert.
Auch draußen herrscht eine angenehme Mischung aus lebhaft und geruhsam. Die Bänke sind eng gestellt, denn an den Abenden herrscht Andrang. Jetzt, in den Mittags- und Nachmittagsstunden, wo es heiß ist, bleiben ein paar Plätze auch wohltuend leer. Man sitzt sich nicht auf der Pelle, obwohl es gegenseitiger Kooperation bedarf, wenn sich mal jemand mit seinem Getränk in der Hand zwischen den Bänken durchschiebt. Dann entsteht intensiver Rückenkontakt, man dreht sich um, macht launige Bemerkungen und scherzt miteinander.
"Coole Socke" der Blumenau: Lilli Freund richtet Appell an die Politik
Der Gesangverein „Sängerrose“ unter der Leitung von Jürgen Klopsch hat schon im ökumenischen Gottesdienst mitgewirkt, der den Vormittag einläutete, und dort den Sonntag besungen. Nun, beim traditionellen Frühschoppen, wird gesanglich das Bier gelobt, das der Wirt einschenkt, und der Pfälzer Wein, der im Glase funkelt. Die Zuhörer applaudieren. Später sitzen die Sänger verteilt an den Tischen und schneiden sich nach getaner Sangespflicht nun eine Scheibe privaten Vergnügens vom Nachmittag. Freunde und Bekannte gesellen sich hinzu, man schwatzt miteinander und genießt die Zeit. Einer der Bekannten sagt zum Sänger, er sei ja auf anderen Kerwen gewesen, „aber hier bei euch ist es viel gemütlicher“.
Kurz nach 13 Uhr kommt einer der spannendsten Momente des Nachmittags, die Zweite Vorsitzende Martina Irmscher tritt ans Mikrofon. „Könnt ihr mich alle hören?“ Ja, sie können, die Siedlerfreunde, und das ist sehr wichtig, denn nun geht es um die „Coole Socke“ und damit den Mann oder die Frau des Jahres auf der Blumenau. „Die Person ist seit vielen Jahren in vielen Funktionen tätig“, beginnt Irmscher ihre Laudatio. „Wenn man an sie eine Bitte richtet, gibt es nie ein Nein“, fährt sie fort. „Wenn Probleme auftreten, findet sie immer eine Lösung.“ So geht es weiter, und allmählich schält sich heraus, dass es sich um eine Frau handelt. Sie ist derzeit besonders aktiv für den Förderverein Blumenau e.V.
Nachdem der Frau des Jahres 2024 für die Blumenau, Lilli Freund, der Orden angeheftet ist, eine handgestrickte echte kleine Socke, ergreift sie selbst das Wort und erläutert die Arbeit ihres Vereins. Der setzt sich seit 2000 für den Erhalt des Kindergartens und des Saales der evangelischen Jonagemeinde ein. Schon damals konnte die Schließung des Kindergartens verhindert werden. „Jetzt schließt die Evangelische Kirche Mannheim die Jonakirche und gleichzeitig wurde die katholische Kirche St. Michael an eine syrisch-orthodoxe Gemeinde verkauft.“ Die Infrastruktur auf der Blumenau schwinde immer mehr.
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Mit dem nun drohenden Wegfall des Jonasaales und erneut des Kindergartens brechen im kleinen Stadtteil immer mehr Pfeiler des sozialen Lebens weg. Der Jonasaal wird von Vereinen und Gruppen intensiv genutzt, ist bei Wahlen sogar Wahllokal. Die Kita-Räume werden vom inklusiven Regenbogen-Kindergarten der Reha-Südwest betrieben, aber der Mietvertrag mit der evangelischen Kirche läuft 2026 aus. Trotz mündlicher Zusage des Oberbürgermeisters vor einem Jahr weiß keiner, wie es weitergehen soll. An die Politik richtet die frisch Geehrte darum die Bitte: „Unterstützen Sie uns, damit sich ein Investor findet, der den Kindergarten samt Gemeindehaus für die Blumenau und das damit verbundene soziale Leben erhält.“
Auf Blumenauer Kerwe wird Blumen-Königspaar gekürt
Das Netzwerk der Blumenau hat gut funktioniert. Bewusst haben die Siedler Lilli Freund im Vorfeld darum gebeten, über die Arbeit ihres Fördervereins und die momentan drängenden Fragen zu berichten. So ist gewährleistet, dass die Siedler der Blumenau-Aktiven die Coole Socke anheften können. Die ahnt zwar nichts von der Ehrung, bringt aber ihre fertig vorbereitete Rede mit. Dies wiederum ist der Grund, dass Lilli Freunds Dankesrede recht lang und intensiv ausfällt und eindringlichen Aufforderungscharakter besitzt. Als sie geendet hat, ergänzt Irmscher: „Wenn geschieht, was sich hier abzeichnet, ist die Blumenau ein Vorort mit Bushaltestelle, mehr nicht.“
Nach kurzer Pause wird es auf dem Gelände der Blumenauer Siedler laut. Die Brassband der Stroseridder marschiert ein, der Blumenkorso kündigt sich an. Aber wo sind die Kinder? Nach und nach stellen sie sich mit ihren blumengeschmückten Rollern, Fahrrädern und einem großen Spielzeugtraktor auf, und nach einer ersten Präsentation auf dem Siedlergelände rollen sie nach draußen auf den Festplatz, wo sich der Zug formiert.
Unter Polizeibegleitung geht es dann einmal ums (allerdings dreieckige) Karree über Viernheimer Weg, Quedlinburger Weg und Braunschweiger Allee zurück auf den Festplatz. Natürlich muss nun die Jury tagen, um Blumenkönigin und Blumenkönig zu küren. Dann steht fest: Das Blumen-Königspaar heißt Lina-Sophie und Luca. Beide sind sechs – zum Zeitpunkt der Inthronisation noch nicht ganz, aber in diesem Jahr wird das noch.
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