Mannheim. Am Wochenende feiert der Förderverein für das Parkschwimmbad Rheinau um den Vorsitzenden Christoph Hambusch sein 20-jähriges Bestehen - nicht mit offiziellem Brimborium, sondern einem zweitägigen Fest mit zahlreichen Aktivitäten in den Becken und auf der Badewiese. Und Grund zum Feiern haben die Ehrenamtlichen allemal: Zwei Mal haben sie die beliebte Freizeiteinrichtung vor Schaden bewahrt - Höhepunkte einer stürmischen Geschichte, wie der Rückblick zeigt.
Lange wird in Rheinau zu Beginn der 1960er Jahre darüber diskutiert, was für ein Schwimmbad der Neubau denn werden soll und vor allem wo: am Pfingstbergweiher oder im Wald nordöstlich der Rheinau, mit künstlichem Becken oder unter Einbeziehung des Pfingstbergweihers ähnlich wie beim Stollen in Neckarau, nur ein Freibad oder kombiniert mit einem Hallenbad.
Freibad kostet keine 2 Millionen D-Mark
Innerhalb der damals politisch Ton angebenden SPD gibt es unterschiedliche Auffassungen, die in der Bezirksbeiratssitzung vom 10. Mai 1961 ihren Niederschlag finden. Während Stadtrat Friedrich Vogel ein Hallenbad favorisiert, spricht sich SPD-Bezirksbeiratssprecher Willy Haag für ein Freibad aus. „Die Bevölkerung wünscht ein Sommerbad“, sagt er. Auch der zweite SPD-Stadtrat Karl Hettinger sowie die CDU liegen auf Haags Linie.
Endlich, am 21. Oktober 1963, beschließt der Technische Ausschuss des Gemeinderates den Bau, am 7. April 1964 folgt der Gemeinderat: Ein Freibad soll an der Spitze der Riedburgstraße entstehen. Nach einem Jahr Bauzeit ist es soweit: Am 21. Juli 1965 wird das Bad eröffnet - von solchen Zeitabläufen öffentlicher Bauvorhaben kann man heute nur noch träumen, ebenso wie von den Kosten: 1,9 Millionen D-Mark.
Damals jedoch reicht es für die komplette Ausstattung: ein Becken für Schwimmer mit 933 Quadratmetern, für Nichtschwimmer mit 840 Quadratmetern sowie eines für Kleinkinder. Besucher „der ersten Stunde“ sind die Ehepaare Dietz, Schild, Strobel und Zimmermann, die denn auch beim 25-jährigen Bestehen des Bades im Juli 1990 von der Stadt offiziell beschenkt werden.
Bürgermeister Davids Sprung
Entscheidend attraktiver wird das Bad 1970 durch den Einbau einer Wasserbeheizungsanlage, damals ein Investitionsvolumen von ganzen 122 000 Mark. Unabhängig von den äußeren Witterungsbedingungen kann die Temperatur nun konstant bei 24 Grad gehalten werden. Die Badesaison verlängert sich dadurch von vier auf sieben Monate, und zwar von 1. April bis 31. Oktober - eine Saisonlänge, von der man heute auch nur noch träumen kann.
Am 5. April 1971 findet die offizielle Einweihung statt. „Das Bad soll dazu beitragen, die Freizeit der Menschen sinnvoll auszufüllen“, sagt der damalige Sportbürgermeister Manfred David. „Die Freizeit wird wachsen, die Arbeitszeiten werden zurückgehen. Es wird eine Zeit geben, da werden wir nur noch 35 Stunden arbeiten“, sagt der Sozialdemokrat, damals noch unter dem ungläubigen Lächeln der Anwesenden.
Richtig lustig wird es dagegen, als David mit den Worten „Da kenn’ ich nix“ in voller Montur auf’s Drei-Meter-Brett steigt. Auf dem Steg entledigt er sich Stück für Stück seines grauen Straßenanzuges, zum Vorschein kommt ein geringelter Badeanzug der Jahrhundertwende. Mit einem kühnen Hechtsprung begibt sich David ins Becken, die Fotos davon sind am Tag darauf in den Zeitungen zu sehen. 178 000 Besucher tun es ihm in jenem Jahr gleich. 1,60 Mark kostet der Eintritt für Erwachsene, eine Mark für Kinder.
Vernachlässigung mit Folgen
Dieser Besucher-Rekord von 1971 wird nie wieder erreicht. Im Gegenteil: Die Zahlen sinken rapide, schwanken zwischen 36 000 (1996) und 46 000 (1998). Die Ursachen sind vielfältig: Das Freizeitverhalten auch im Sommer ändert sich, der Sommerurlaub wird verstärkt „pauschal“ im Ausland verbracht. Hinzu treten spezifische lokale Gründe: Der Rheinauer See kommt Mitte der 1980er Jahre als kostenlose Alternative hinzu, umliegende Bäder wie Ilvesheim, Brühl und der Stollen in Neckarau werden attraktiver, während in Rheinau von der Stadt Mannheim kaum investiert wird.
2001 fordert ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten sogar die Schließung des Bades. Dagegen initiiert Stadtrat Paul Buchert die „Bürger-Aktion fürs Freibad“ mit der eingängigen Abkürzung BAFF. Mit 8000 Unterschriften wehren sich die Rheinauer gegen die Schließung. Diesen klaren Bürgerwillen kann die Kommunalpolitik nicht ignorieren, das Bad ist vorerst gerettet.
Ehrenamtliche engagieren sich
Doch die Rheinauer wollen damals nicht nur gegen etwas protestieren, sondern sich auch für etwas engagieren: Zur dauerhaften Unterstützung der Einrichtung gründet sich am 23. April 2002 im Gasthaus „Zur Eintracht“ ein Förderverein.
Der ist auch nötig. 2010 steht das Bad nämlich vor einer erneuten Herausforderung: Die Stadt entscheidet, die Beckenheizung einzustellen. Erneut startet der Förderverein eine Unterschriftenaktion - mit einem Eisbären als Maskottchen, das bald in ganz Mannheim bekannt ist. Die Stadt muss erneut kleinbeigeben.
Seit 20 Jahren engagiert sich der Förderverein nun für das Bad: mit Eigenarbeit wie dem Bau der prachtvollen Terrasse, durch finanzielle Unterstützung der Ausstattung wie etwa für das Sonnensegel über dem Kinderbecken oder durch Initiativen wie 2005 mit dem Antrag, dem Bad endlich einen richtigen Namen zu geben: Parkschwimmbad.
Hier wird am Samstag ab 10 Uhr gefeiert, am Sonntag ab 10.30, beginnend mit einem Gottesdienst auf der Wiese. Zu diesem ist der Eintritt frei.
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