Rheinau - Gemeinderat beschließt einstimmig die Umbenennung der Karl-Peters-Straße in Wilhelm-Peters Straße

Ende eines jahrelangen Streits: Aus Karl wird einfach Wilhelm

Von 
Konstantin Groß
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Genau 20 Jahre nach dem ersten Anstoß durch einen Bürger vor Ort und zehn Jahre nach der ersten kommunalpolitischen Initiative ist der Streit um die Karl-Peters-Straße in Rheinau-Süd entschieden: Einstimmig beschloss der Gemeinderat am Dienstag vergangener Woche, die Straße nicht länger nach dem Rassisten Karl Peters zu benennen, sondern nach dem Naturforscher Wilhelm Peters.

Als der heutige Ortsteil Rheinau-Süd nach 1933 als IG-Siedlung entstand, benannten die herrschenden Nationalsozialisten die Straßen nach Propagandisten der deutschen Eroberungspolitik in Afrika Ende des 19. Jahrhunderts. Lüderitz und Leutwein, Gustav Nachtigal und Karl Peters - sie alle propagierten das angeblich naturgegebene Recht der "weißen Herrenrasse", den schwarzen Kontinent auszubeuten.

Ein übler Rassist

Der übelste Vertreter dieses Rassismus war Karl Peters, der in Tansania mit Pistole und Nilpferdpeitsche herrschte. Zum Verhängnis wurde ihm ein Mädchen namens Jagodja. Dass er sie willkürlich hängen ließ, war selbst der kaiserlichen Regierung zu viel: Sie setzte ihn ab.

Wessen Geistes Kind er war, zeigte sich 20 Jahre nach seinem Tod: 1938 wurde er von Hitler höchstpersönlich rehabilitiert. Der "Führer" tat kund, dass Peters "die Gedankengänge des Dritten Reiches bereits vor 50 Jahren" vertreten habe.

Leserbrief eröffnet Diskussion

Den Namen dieses Mannes führt bis heute die Grund- und Hauptschule in ihrer Adresse. Denn im Umbenennungsreigen der Nachkriegszeit wurde Rheinau-Süd einfach vergessen. Erst Wolfgang Schneider, Sprecher der Bürgerinitiative nördlich der Leutweinstraße, machte in einem Leserbrief, der am 8. August 1991 im "MM" erschien, die Sache öffentlich; eine Diskussion begann, die Rheinau-Süd nie mehr losließ.

Mal die Jusos, mal die Grünen, machten Vorstöße, den Namen zu ändern. Damit stießen sie vor Ort auf Widerstand. Die Bürger und ihre Interessenvertretung, die BASF-Siedlergemeinschaft, argumentierten auf zwei Ebenen: der emotionalen, dass die Anwohner sich sonst nicht mehr zurecht fänden, und der praktischen, nämlich den Kosten für die Umstellung der Personalpapiere.

Siedlungsleiter Wolfgang Lehmpfuhl machte einen scheinbar entwaffnenden Vorschlag: Die Stadt solle - etwa durch ein Schild - definieren, dass nicht der Rassist Karl Peters gemeint sei, sondern ein Sozialrichter gleichen Namens. Doch dieser lebte noch und verbat sich diesen Trick mit seinem Namen.

Andere machten den Vorschlag, den Namen als Symbol der unterlassenen Vergangenheitsbewältigung zu belassen und darauf und auf die Verbrechen von Peters mit einer Gedenktafel zu verweisen. Doch dies lehnten die Siedler ab: "Dadurch entsteht eine Pilgerstätte für Neonazis", befürchtete Lehmpfuhl.

Die Lösung fand sich mit Wilhelm Peters, einem Naturforscher des 19. Jahrhunderts. Er passt von der Profession her zu denen, nach denen die übrige IG-Siedlung benannt ist, sein Namen ähnelt der ursprünglichen Bezeichnung, so dass die Orientierung nicht verloren geht. Die Stadt sagte zu, die Kosten zu übernehmen, die durch Dienstleistungen bei ihr entstehen, etwa die Neuausstellung von Ausweispapieren.

Kein Wunder, dass der Gemeinderat am Dienstag vergangener Woche einmütig zustimmte. Die Siedlergemeinschaft kann damit leben, obwohl Wolfgang Lehmpfuhl die schlichte Bezeichnung "Petersstraße" vorgezogen hätte. Doch gleichgültig, welchen Namen man gewählt hätte: Die Umbenennung schafft für die Anwohner eine neue Adresse. Und man wird merken, wo überall sie eine Rolle spielt.

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