Bildung

Warum das LFG Mannheim als „Schule der Vielfalt“ vorausgeht

In einer Zeit, in der Trans- und Homophobie zunehmen, will das Ludwig-Frank-Gymnasium ein Zeichen dagegen setzen. Was es mit dem neuen Titel "Schule der Vielfalt" auf sich hat und warum er so besonders ist

Von 
Katja Geiler
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Am Projekt beteiligte Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Netzwerk-Vertreter freuen sich über den neuen Titel „Schule der Vielfalt“. © Katja Geiler

Mannheim. Das Ludwig-Frank-Gymnasium (LFG) darf sich ab jetzt „Schule der Vielfalt“ nennen. Mit dem Seminarkurs „Queere Identität und Kultur“ und der Eröffnung einer „Toilette für alle“ geht das LFG in Sachen Diversität voraus und möchte ein Zeichen setzten gegen Homo- und Transphobie.

Im Laufe des Schuljahres wurde in verschiedenen Gremien über den Titel abgestimmt, es gab Schulungen für Lehrkräfte und Veranstaltungen zum Thema. Nun wurde das Schild „Schule der Vielfalt“ überreicht und eine Verpflichtungserklärung unterschrieben.

„Wir fühlen uns als Schule verpflichtet, Diversität voranzubringen“, sagte Schulleiter Stefan Weirether und betonte: „Wir sind die erste Schule in Baden-Württemberg, die diesen Titel trägt.“ Als „Ansporn Richtung Zukunft“ bezeichnete Bürgermeister Dirk Grunert das Projekt, „denn Mannheim ist eine offene Stadt“. Auch den Eltern, die unterstützend hinter der Schule stehen, gelte die Auszeichnung, sie hätten schließlich die Voraussetzungen geschaffen.

Besuche von Gedenkstätten und Gespräche mit Zeitzeugen

Die Schülerinnen und Schüler haben sich in Projekten und Aktionstagen mit dem Thema beschäftigt. Es gab zum Beispiel Besuche von Gedenkstätten für die Opfer des NS-Regimes und Gespräche mit Zeitzeugen, die davon berichteten wie Homosexualität noch strafbar war (Paragraf 175 galt bis 1994).

Ausgrenzung und Hass gegen Homosexuelle gibt es noch immer. „Die Trans- und Homophobie hat wieder eine größere Bedeutung erlangt, weil die Gewalt zunimmt. Intoleranz darf nicht toleriert werden“, sagte Grunert. „Man verbringt viele Jahre an der Schule. Wie soll man sich dort zuhause fühlen, wenn man ausgegrenzt wird?“

Laut Zahlen des Bundeskriminalamts stiegen im Jahr 2023 die Vorfälle gegen lesbische, schwule, bisexuelle und queere Menschen um etwa 49 Prozent, gegen trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen um etwa 105 Prozent. „Auf dem Queer Festival in Heidelberg wurde eine Theater-AG angegriffen“, erinnerte Lehrerin Franziska Fritz. Zusammen mit ihrem Kollegen Elia Agnetta bildet sie das Koordinatorenteam für Vielfalt am LFG. „Dieser Hass ist nicht nur beunruhigend, er ist lebensgefährlich“, so das Statement des von dem Vorfall betroffenen Performance Theaters Heidelbergs.

Verbale Gewalt auf Social Media wird schlimmer

„Polizeilich erfasste Vorfälle nehmen zu, auch hier an der Schule wurden Plakate zum Coming Out Day abgerissen“, erläuterte Fritz. Hinzu komme die verbale Gewalt auf Social Media, die schlimmer werde. Fritz und Agnetta besuchen Fortbildungen, um als Koordinationsteam immer gut informiert zu sein. Das Wissen wird an die Schüler weitergegeben. „Wir machen Workshops in den neunten Klassen und kooperieren mit einer Schule in Rüsselsheim, denn in Baden-Württemberg gibt es noch keine zweite“, sagte Agnetta.

„Come in, wir sind offen“, steht auf dem markanten roten Schild des Netzwerks „Schule der Vielfalt“. Als Vertreter aus Hessen war Johannes Schramm gekommen, um das LFG in die Runde aufzunehmen. In einem nächsten Programmpunkt wurden zwei Seminararbeiten des Kurses „Queere Identität und Kultur“ vorgestellt. Talina Bivona hatte sich mit der Frage beschäftigt, wie Trans-Frauen beim Leistungssport teilnehmen sollten, da Männer aufgrund ihrer biologischen Konstitution leistungsfähiger sind als Frauen. „Die Hormontherapie kann die Vorteile des männlichen Körpers nicht ausgleichen“, so Bivona. Eine Lösung sei schwierig zu finden, doch das Ausschließen von Trans-Personen sei keine. Regelanpassungen sollten möglich sein.

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Von
Bertram Bähr
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Vom Sport zur Literatur: „Queerness bei Emily Dickinson“ (1830 bis 1886) lautete der Titel des zweiten Referats von Isabella Küchler. Die US-amerikanische Dichterin schrieb ihr Leben lang Gedichte über ihre Freundin Sue und schickte ihr Briefe mit romantischem Inhalt. Erst nach ihrem Tod wurden die Gedichte veröffentlicht und ließen eine Verliebtheit der Dichterin erahnen. Küchler verglich in ihrem Vortrag die TV-Serie „Dickinson“ mit dem, was über die Dichterin tatsächlich bekannt ist.

Schließlich unterzeichnete Stefan Weirether feierlich die Erklärung zur „Schule der Vielfalt“, das rote Schild wurde überreicht und die „Toilette für alle“ eröffnet. Für die musikalische Begleitung sorgten Musiklehrer Theodor Schaumlöffel im Duett mit Max Mury und der Unterstufenchor.

Freie Autorin Ich schreibe für alle Mannheimer Stadtteile und für Viernheim

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