Neubaugebiet

Bewohner beschweren sich - wie es im Neubaugebiet Mannheim-Franklin weitergeht

Von 
Thorsten Langscheid
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Franklin. Es fehlt an allen Ecken und Enden: keine Stadtbahn, keine Lebensmittel-Nahversorgung, zu wenig Kindergartenplätze, keine sicheren Fußgängerüberwege, zuwenig Zufahrten ins Neubaugebiet, viel zu viel Verkehr, nicht ausreichend Parkplätze – die Liste der Anwohnerbeschwerden über das neue Franklin-Stadtquartier ist lang. Vor allem die Unterversorgung mit Kinderbetreuungsplätzen bringt die Betroffenen teilweise in existenzielle Bedrängnis, wie der Fall der aus Speyer neu nach Franklin gezogenen Familie Katharina und Sven Feike zeigt (wir berichteten).

Franklin - Mannheims am stärksten wachsender Stadtteil

Ein Spaziergang oder eine Fahrradtour durch die gewaltige Baustellen-Landschaft lassen es erahnen: Franklin ist beim Bevölkerungswachstum der Spitzenreiter schlechthin. Die Einwohnerzahl, die Ende vergangenen Jahres bei 3444 lag, soll bis 2040 auf 7747 wachsen – ein gigantisches Plus von 124,9 Prozent. Allerdings muss man auch bedenken, dass Franklin als einziger Stadtteil quasi komplett aus einer früheren Militärfläche besteht, die nach dem Truppenabzug der USA frei wurde. Hier gibt es also keine ältere Stammbevölkerung, die etwa bei der Sterbestatistik zu berücksichtigen wäre.
Wobei das Konversionsviertel nun in allen Altersgruppen stark wächst. Abgesehen von den 25- bis 35-Jährigen liegen die städtischen Prognosen jeweils im zwei- bis dreistelligen Prozentbereich. Bis zum Jahr 2040 sollen aber auch hier – wie in ganz Mannheim – die 65- bis 80-Jährigen den stärksten Zuwachs bekommen. Damit dürfte der momentan mit einem Altersschnitt von 30,6 Jahren mit Abstand jüngste Stadtteil sich zwar dem Durchschnitt etwas annähern, aber dennoch seine Spitzenstellung in Sachen Jugend bewahren. sma

Beim Online-Bürgergespräch der SPD-Gemeinderatsfraktion zu Mannheims neuesten Stadtteil räumte der stellvertretende Vorsitzende, Reinhold Götz, ein, dass man von der großen Zahl der Kinder überrascht wurde. „Es sind doch deutlich mehr Kinder, als in der Planung vorgesehen waren“, sagte er. Und: „Wenn die Entwicklung so weitergeht, könnte es eng werden.“ Immerhin: Mit Stand 8. November wohnen bereits 4163 Menschen in dem neuen Stadtquartier, knapp die Hälfte der geplanten 9000 Menschen, die bis 2025 noch in das Neubaugebiet ziehen werden.
Zurzeit, so bemängelte Katharina Feike, würden „ganz viele Kinder aus Franklin nach Käfertal in den Kindergarten gehen“, während Kinder aus Käfertal Betreuungsplätze in Franklin hätten. Die bislang geplanten Plätze seien „einfach zu wenig“. Zumindest für ihre Einrichtung konnte Katja Bischof, Kita-Leiterin im neuen Franklin-Forum, diese Einschätzung mit Zahlen unterfüttern. Für die 50 Plätze der neuen Kita an der Ecke von Birkenauer und Bensheimer Straße habe sie 254 Namen auf der Warteliste. Deswegen, so Götz, solle das zuständige Dezernat der Stadtverwaltung nun überprüfen, ob die vorhandenen und geplanten Kapazitäten bei der Kinderbetreuung auch ausreichen.

Achim Judt, Geschäftsführer der städtischen Bau- und Projektentwicklungsgesellschaft MWSP, konzentrierte sich beim SPD-Bürgergespräch dagegen eher auf die positiven Entwicklungen in „seinem“ neuen Stadtteil, etwa den im Dezember vorgesehenen Baubeginn für die neue Stadtbahntrasse oder den bereits begonnen Bau der neuen Grundschule sowie den Einzug des Ausbildungszentrums des Universitätsklinikums in die Gebäude der ehemaligen amerikanischen Franklin-Schule.
Zudem sollen weitere Kindergärten gebaut werden, Spielplätze und Freizeitangebote wie der genau zwei Meilen lange „Loop“ oder die „Franklin Green Fields“ mit Nutzgärten, die von Anwohnern gemietet werden können, würden bestens angenommen. Dazu komme der bereits fertig gestellte Kletterturm des Deutschen Alpen-Vereins (DAV) sowie die Umrüstung des ehemaligen Truppen-Kinos der Amerikaner zur Ersatzspielstätte des Nationaltheaters. Judt: „Hier soll der Spielbetrieb in genau einem Jahr aufgenommen werden.“

Was die Verkehrs-Situation angeht, klagt der Leiter des Karl-Weiß-Heims der Freireligiösen Gemeinde im neuen Franklin-Forum, Manuel Cronau, im Gespräch mit dieser Redaktion: „Es herrscht hier viel zu viel Verkehr, die Straßenanschlüsse sind nicht vorhanden und es fehlt vor allen Dingen an einem sichern Fußgänger-Überweg für unsere rund 160 Bewohner und Kindergartenkinder.“ Zumindest ein Provisorium, so fordert er, müsste „jetzt ganz schnell“ eingerichtet werden. Das Karl-Weiß-Heim ist Anfang November in den Neubau im ehemaligen Funari-Areal eingezogen.

Der Wochenmarkt, der zurzeit mittwochs von sieben bis 13 Uhr stattfindet, soll bald um einen weiteren Termin ergänzt werden, wie Achim Judt außerdem ankündigte: Geplant sei, freitags von 14 bis 18 Uhr ebenfalls einen Markt abzuhalten. Und ab Mai 2022 soll im Franklin-Quartier ein Supermarkt öffnen. „Mit Drogeriemarkt, Bankfiliale und Eiscafé“, so Achim Judt. Weitere große Bauvorhaben – die Hitachi-Niederlassung, der neue Bauhaus-Baumarkt sowie die „Grüne Mitte Franklin“ der MVV folgen daran anschließend.

Beim Verkehr hofft Achim Judt jetzt auf die Stadt: „Wir wollen sehen, dass wir demnächst auch blitzen und abschleppen lassen“, kündigte er an. „Die Leute halten sich einfach nicht an die Regeln“, so Judt. Im gesamten Areal gilt derzeit Tempo 20, was auch in Zukunft beibehalten werden solle. Hier hofft der MWSP-Chef darauf, dass Franklin ein Modellprojekt für eine stadtteil-weite Tempo-20-Zone werden könnte – etwas, das in der Straßenverkehrsordnung (noch) nicht vorgesehen ist. Mit einem künftigen Bundesverkehrsminister aus der Metropolregion stehen die Chancen dafür zumindest nicht schlecht.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.

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