Was kommt heraus, wenn eine engagierte Lehrerin zusammen mit 20 enthusiastischen Schülerinnen ein Theaterstück schreibt, entwickelt und auf die Bühne bringt? Im Fall der Theater-AG der Feudenheimer Realschule ein brillantes dystopisches Werk, das das Publikum mit Spannung, Soundeffekten und einem talentierten Ensemble begeistert. Zum Schuljahresende präsentierte Verena Burel, Lehrerin an der Schule sowie Initiatorin und Leiterin der neu gegründeten Theater-AG, mit den Jugendlichen das Stück, das sie im Laufe des Jahres von der Idee bis zur Aufführung erarbeitet haben.
Interesse war sofort groß
Verena Burel unterrichtet seit September 2022 an der Feudenheimer Realschule Kunst, Sport und Deutsch. Es bereitet ihr Freude, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, ihre Kreativität individuell zu entwickeln und künstlerisch umzusetzen. Auf die Idee, eine Theater-AG zu gründen, kam sie, da sie bereits an ihrer „vorherigen Schule mit Schülerinnen und Schülern Stücke einstudiert hatte.
Das Interesse an einer Theater-Gruppe war sofort groß. Jeden Mittwoch probte das Ensemble anderthalb Stunden lang, sowie kurz vor der Erstaufführung gar an mehreren ganzen Tagen. Da Burel mit ihren Schützlingen ein Werk präsentieren wollte, das allen gefällt, beschloss sie, selbst eines zu schreiben. „Ich fand damals schon das Setting einer dystopischen Zukunft total spannend“, erzählt die 35-Jährige. Sie überlegte, wie sie und ihre Schülerinnen und Schüler das Thema mit einem neuen Handlungsstrang umsetzen könnte. „Wir haben dann erst einmal überlegt, welche Art von Dystopien es überhaupt gibt.“ Etwa Digitale Assistenten, die die Menschen kontrollieren. „Die Kinder und Jugendlichen gaben mir sehr viel Input.“
Improvisation und Planung
Die Gruppe wollte ein Stück kreieren, das düster ist, also beschlossen sie, Roboter, die weggeworfen wurden, mit einzubringen. Die sollten aus der Unterstadt kommen. Dann tüftelten die Jugendlichen, wie eine packende Storyline aussehen könnte. Burel hatte den Einfall, einen Protagonisten einzubauen, der eine Persönlichkeitsentwicklung durchlebt. „Von den Motiven und Themen her sollte es etwas sein, dass sie kennen und womit sie sich Kinder identifizieren können“, sagt die Mannheimerin.
Daher ist auch das Thema Mobbing Bestandteil. Stück für Stück überlegten die Pädagogin und die Realschülerinnen, welche Szenen passen und improvisierten dann. „Dann erst habe ich die Akte aufgeschrieben. So hat sich immer mehr ein Handlungsstrang entwickelt.“ Außerdem wollten die Mädchen eine Liebesgeschichte miteinbauen, die aber nicht zu kitschig sein sollte. Der Feinschliff, bei dem auch eine Gesangseinlage dazukam, erfolgte kurz vor der Premiere.
Liebesgeschichte von Keno und Zoe
Das Ergebnis war die Dystopie „Zwischen Licht und Schatten“. „In dem Stück ging es um einen einsamen Jungen namens Keno Förster, dem sein Comic-Heft von einem fiesen Klassenkameraden namens Steve zerstört wurde“, erzählt die 14-jährige Laura Hocke, die mehrere Rollen verkörpert, unter anderem den Jungen „Philipp“. „Das Heft bedeutete ihm jedoch sehr viel, weil es sich dabei um ein Erbstück seiner verstorbenen Mutter handelt. Da es in dieser sterilen und technologisierten Zukunft weder Bücher noch Comic-Hefte mehr gibt, macht sich Keno auf eine gefährliche Reise in die Unterstadt auf.
Dort sollten, Gerüchten zufolge noch Überreste der alten Welt existieren. In der Unterwelt angekommen, finden Begegnungen mit düsteren Gestalten statt, zudem müsse Keno sich viele Gefahren stellen, sagt Laura. „Er lernt das mutige Mädchen Zoe kennen, mit der er nicht nur einer großen Bedrohung trotzt, sondern die ihm auch hilft, über sich hinauszuwachsen.“
Die jungen Mädchen spielen mit viel Bravour und einer ordentlichen Portion Charisma. Da keiner der männlichen Interessenten auf der Bühne stehen wollte, spielen die Mädchen häufig nicht nur mehrere Rollen, sondern auch männliche Parts. Christopher Lutzi, der einzige Junge im Team, kümmert sich um die Technik. Die Schülerinnen sind sich einig: Auch wenn das Texte lernen teilweise aufwendig war, hat das Projekt ihnen viel Spaß gemacht.
Erfahrungen aus dem Chor
Manch eine von ihnen hat bereits ein wenig Erfahrung auf den Brettern, die die Welt bedeuten, gesammelt. „Ich habe schon bei Krippenspielen mitgemacht“, erzählt Emma Reichert, die „Carla“, der besten Freundin von Zoe, sowie einen Roboter verkörpert. „Ich bin stolz, mitgemacht zu haben.“ Der Theater-AG will sie treu bleiben. Catalina-Khadisha Krimi hat ebenfalls schon bei Krippenspielen mitgewirkt und im Chor mitgesungen.
Auch die Elfjährige will weitermachen. „Ich möchte gern Schauspielerin werden“, verrät sie. Marlen Rettig hat die Hauptrolle gespielt: Wenn sie auf der Bühne steht, verwandelt sich die 13-Jährige ruckzuck in Keno Förster, der eine wichtige Mission hat. „Ich wollte die Figur unbedingt spielen“, sagt sie. „Das hat mir großen Spaß gemacht.“
Sara Smolarcyz etwa verwandelt sich für eine Stunde lang in „Steve“. „Es hat mir richtig Spaß gemacht, mal einen Bösewicht zu spielen, da ich im normalen Leben ein netter Mensch bin“, verrät die 13-Jährige und lacht. Für Verena Burel hat sie lobende Worte parat. „Sie kann richtig gut Skripte schreiben.“ Solveig Franz sieht das genauso. „Frau Burel ist meine Lieblingslehrerin.“ Elin Patzig findet Burel „super“. „Sie kann uns richtig gut motivieren, so dass wir aus uns rauskommen können.“
Leni Hörner und Leni Frenkler machen kommendes Schuljahr ihre Mittlere Reife. Die beiden 15-Jährigen überlegen gar, auch nach ihrem Abschluss bei der Theater-AG mitzuspielen, weil es ihnen viel Freude bereitet. „Und außerdem will ich Musicaldarstellerin werden“, verrät Leni Frenkler.
Viel Beifall für die Inszenierung
Die Lehrerin ist stolz auf ihre Theater-Gruppe. „Sie haben es wirklich sehr gut gemacht“, lobt sie. Die Schülerinnen seien nicht nur eifrig bei der Sache gewesen, wenn es um die Proben ging, verrät Burel. Auch die Kostüme, die Kulisse sowie das Bühnen-Make-Up erarbeiteten die Jugendlichen selbst, sagt Verena Burel. Die Inszenierung, die insgesamt zweimal gezeigt wurde, erntete viel Beifall.
Kommendes Jahr will Burel mit ihren Schützlingen erneut ein Stück aufführen. Nicht nur Keno ist schließlich an den Herausforderungen gewachsen. „Auch wir haben uns verändert“, sagt Laura. „Am Ende waren wir wie eine riesige Welle voller Selbstvertrauen, Stolz und Kraft. Und wir haben die Bühne gerockt.“
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