Feudenheim

Nostalgie mit buntem Blech

Verein für Ortsgeschichte zeigt Ausstellung historischer Dosen und Werbeschilder

Von 
Peter W. Ragge
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Peter Gauch (l.) und Hubert Kolkhorst haben die Ausstellung gestaltet. © Michael Ruffler

Seine Oma hat darin immer die Weihnachtsplätzchen ganz oben auf den Schrank gestellt. „Aber wir haben es doch geschafft, irgendwie dranzukommen“, erinnert sich Hubert Kolkhorst an seine Kindheit. Und viele solche Erinnerungen werden jetzt wieder in der Eintrachtstraße in Feudenheim wach. In dem originalgetreu eingerichteten alten Bauernhaus, dem Vereinshaus vom Verein für Ortsgeschichte Feudenheim, zeigen Kolkhorst und Peter Gauch etwa 300 historische Blechdosen und Werbeschilder.

„Wunderbar ergänzt“

Es sind „einzigartige Sammlerobjekte“, hebt Alois Putzer hervor, der Vorsitzende vom Verein für Ortsgeschichte. Neben den originalgetreu eingerichteten Räumen – Wohnzimmer, Schlafstube, Küche – präsentiert der Verein in der Eintrachtstraße immer wieder Sonderausstellungen. „Nun haben wir hier viele echte Zeugnisse vergangener Epochen, mit viel Liebe zum Detail gestaltet“, so Putzer. Und er dankt Vereinsmitglied Peter Gauch, der die Initiative zu der Ausstellung ergriffen hat.

Die Idee kam ihm vor einigen Jahren in Heddesheim, als die dortige Interessengemeinschaft (IG) Heimatgeschichte im Alten Rathaus Blechdosen aus der Sammlung von Kolkhorst zeigte. „Die haben mich fasziniert“, so Peter Gauch, und da er selbst auch eine Sammlung habe, „haben wir das jetzt ein bisschen zusammengeworfen“, sagt er.

Viele schön drapierte historische Blechdosen zeigt der Verein für Ortsgeschichte Feudenheim in seiner neuen Ausstellung. © Michael Ruffler

„Der Zuspruch hier ist ja enorm, toll“, freut sich Kolkhorst über die vielen Gäste bei der Ausstellungseröffnung. Gemeinsam mit Gauch sei ihnen „eine gute Ausstellung gelungen, denn wir haben uns wunderbar ergänzt“, ist er überzeugt – und findet das auch gleich bestätigt.

Denn tatsächlich passiert das, was er voraussagt: Die Gäste erkennen sofort viele der Exponate wieder. „So etwas hatten wir auch!“, „Schau mal da!“, „Ach, alles wie früher!“ – ständig sind solche Wortfetzen zu hören, und man spürt förmlich, wie sich nostalgische Gefühle breit machen und viele Besucher sich an die Kindheit erinnern, an die silbrige Blechdose mit dem bunten Brustbild eines Mannes in einer orientalisch anmutenden Tracht vom Tabak „Türkenkost“ vom Opa ebenso wie an die Lebkuchenkisten aus Blech oder an die Zwieback-Dose von Brandt aus der Kindheit.

Zwieback – das bedeute, dass ein Gebäckstück zweimal gebacken werde, um es haltbarer zu machen, erläutert Kolkhorst, in der Hand eine Dose der Firma Stemler aus Friedrichsdorf im Taunus. Deren Gründer habe im 18. Jahrhundert auf Schiffen gelebt und den Zwieback als Alternative zu verschimmelndem Brot kennengelernt, erzählt Kolkhorst.

Ihm geht es nicht nur darum, Blechdosen einfach zu sammeln. Geweckt wurde seine Leidenschaft, als er im Keller seines Elternhauses auf einige Dosen stieß – und begann, sich nicht nur für die Dosen selbst, sondern auch für die Firmengeschichten dahinter zu begeistern. Gerne erzählt er nun aus der Entwicklung der Firmen, von Fusionen, Pleiten, Neugründungen und der Folge von Arisierungen.

Die Dose der 1788 gegründeten Zwiebackfabrik zählt laut Kolkhorst zu den ältesten Exemplaren der Ausstellung. „Viele sind über 80 oder über 100 Jahre alt“, hebt er hervor. Die dunkelblaue Nivea-Dose etwa bringe es auf über 70 Jahre, sein Opa habe darin Schmierfett aufbewahrt – Reste davon befinden sich immer noch darin. Und die Dose zeigt, wie sich die Mengenangaben geändert haben. „1/4 kg“ steht darauf statt der heute üblichen 250 Gramm.

Tabak- und Zigarettendosen sind viele zu finden, natürlich solche für Lebkuchen oder für Schokolade bekannter Marken wie Suchard und Stollwerck oder von Sarotti – selbstverständlich mit dem berühmten Abbild eines Mohren. Unvergessen die Bonbons „Milchbienen“ oder „Rachengold“. Die silbrig-grauen, länglichen Dosen für Stifte von Faber Castell haben sicher unzählige Schülergenerationen benutzt, ebenso wie Hausfrauen über Jahrzehnte ihr Waschmittel aus Persil-Blechbüchsen holten. Eher weniger verbreitet dürfte die Metall-Kühlbox mit Tragegriff von Coca-Cola gewesen sein, denn die ist schon ohne Inhalt schwer. Das kleinste Ausstellungsstück ist gerade mal daumengroß – die Verpackung von Leo’s Hansi Schulfeder.

Mannheimer Kekse

Viele der Exponate haben Mannheimer Bezug. Das gilt etwa für die Dose der Keks- und Waffelfabrik Seelberg im Industriehafen, von den Nationalsozialisten aufgelöst. Einige Dosen stammen aus der Zigarettenfabrik, die ab 1920 in der alten Badischen Brauerei in der Käfertaler Straße ansässig ist. Auch „Feinst gebrannter Kaffee“ wird einst in Mannheim hergestellt und in schön mit Gold und Rot verzierten Blechdosen angeboten – von der Kaffeerösterei Scharff in Mannheim in G 7.

Die Ausstellung ist bis zur Kerwe im Oktober jeweils am zweiten Sonntag im Monat von 14.30 bis 17.30 Uhr im Vereinshaus in der Eintrachtstraße 26 zu sehen.

Redaktion Chefreporter

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