Seine dumpfen Schläge hallen durch die Hauptstraße, „Auf geht’s“, ruft Tobias Schüpferling und haut auf die große Trommel. Sechs weitere Trommler folgen. So bilden die Karlsternhexen die lautstarke Vorhut beim Umzug zur Eröffnung der Feudenheimer Kerwe. Landfrauen und „Lallehaag“, Frauenfasnacht, Kinderhaus Aubuckel, „Teutonia“ und Freiwillige Feuerwehr – sie alle geben Kerwebürgermeisterin Irmi Benz das Geleit.
Einen Kilometer laufen sie die Feudenheimer Hauptstraße entlang – denn so lange erstreckt sich die Feudenheimer Kerwemeile quer durch den Stadtteil. „Wir sind so voll, so eng wie nie“, sagt Kerstin Bäumer-Ampersberger da, die Vorsitzende des Kerwevereins. 120 Stände reihen sich auf, davon 35 Flohmarktstände, die für viele schöne bunte Farbtupfer sorgen, dazwischen Schausteller, Vereine, Gastronomen mit ganz breitem kulinarischen Angebot, ein Bücherflohmarkt vom Förderverein der Stadtteilbibliothek, Polizei, Freiwillige Feuerwehr, Anbieter frischer Nüsse aus der Pfalz, Abiturklassen mit Kuchenverkauf – die Auswahl ist riesig.
Freiwillige Feuerwehr als Entführer
Über allem wacht die Kerweschlumbl, dank dem Ehepaar Thomas und Heide Marie Heuer in diesem Jahr schicker denn je. „Sie war im Schönheitssalon“, sagt Irmi Benz, ehe die Puppe als Symbol der Kerwe von Mitgliedern der Feudenheimer Frauenfasnacht am Rathaus aufgehängt wird. „Wir werden ein wachsames Auge auf sie haben“, so Irmi Benz, weil ja oft „junge Burschen ein Auge auf sie haben“. Aber das Aufpassen klappt nicht. Von der Freiwilligen Feuerwehr wird die Puppe trotz allem „entführt“ und erst gegen zwei Kästen Cola als „Lösegeld“ herausgegeben.
Aber das zahlt der Kerweverein gerne, zählen die Feuerwehrleute doch zu den wichtigen, tatkräftigen Unterstützern der Kerwe. Das, wie Kerstin Bäumer-Ampersberger sagt, „wundervolle Fest“ sei nur möglich durch die Hilfe vieler ehrenamtlicher Mitstreiter, der Anwohner und von Elektromeister Marcus Hartmann. „Der hat so viele Kabel gezogen, das kann man sich nicht vorstellen“, verweist sie auf die vielen Stände und die drei Bühnen. Besonders dankt sie der Stadt, denn aus dem auf Initiative von Oberbürgermeister Christian Specht eingeführten Vereinsfonds habe man erstmals Mittel zugesagt bekommen. „Wir schlafen dadurch alle viel besser, das tut wirklich gut“, sagt sie.
Für das ehrenamtliche Engagement dankt dann Bezirksbürgerserviceleiterin Olita Steger. Sie ermögliche erst das, wofür die Kerwe stehe: „Tradition, Zusammenhang, Gemeinschaft“. „Feudenheim gehört Euch“, überreicht sie symbolisch den Rathausschlüssel an Kerwebürgermeisterin Irmi Benz.
Die erntet gleich mal viel Jubel, als sie „das größte Stadtteilfest Mannheims im allerschönsten Vorort“ eröffnet. Sehr humorvoll und doch tiefgründig liest sie den Kommunalpolitikern die Leviten. „Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft, die haben mehr Wertschätzung verdient“, moniert sie unter dem Beifall der Zuhörer die fehlende Beleuchtung am Weg zur Skateranlage, während das benachbarte Parkhaus leer sei und dennoch beleuchtet.
Den „erbärmlichen Zustand vom Rathaus“ mit morschen Klappläden spricht sie ebenso an wie unzählige Schlaglöcher und den fehlenden Zuschuss für den Fasnachtszug. Sie lobt zwar, dass die Stadt nun die Kerwe bezuschusst („OB Specht hat geliefert!“), aber kritisiert, dass Vereine für städtische Flächen Miete zahlen müssen und dafür wiederum Zuschüsse bekommen: „Rechte Tasche, linke Tasche!“ Zudem relativiere sich der Zuschuss von 7000 Euro für die Kerwe, da der Nachtwandel im Jungbusch 50 000 Euro Zuschuss erhalte.
Bürgermeister Thorsten Riehle ist nach der Rede erst mal kurz sprachlos – und lädt Benz dann in die Runde der Bürgermeister im Rathaus ein. „Ich glaube, wir haben Einiges zu besprechen“. Über die Auflagen für Feste müsse man in der Tat diskutieren. Aber Riehle lobt auch, das „tolle Engagement mit viel Herz“ des Kerwevereins: „Was Sie hier auf die Beine stellen, ist anstrengend und nervenaufreibend“, sagt er.
Das „Who is who“ der Mannheimer Musikszene
Christian Sandner, der das Musikprogramm auf den drei Bühnen zusammenstellt, hat dafür das „Who is who der Mannheimer Musikszene“ engagiert, wie die Kerwebürgermeisterin hervorhebt. Ob Solisten von Oper und Schauspiel des Nationaltheaters, Feudenheimer Vereine oder regionale Stars wie Tamara Pusch und Just for fun – alle treten vor sehr viel Publikum auf, und insbesondere abends gibt es vor den drei Bühnen entlang der Hauptstraße kein Durchkommen mehr. Der Höhepunkt: Gringo Mayer. Mit seinen humorvollen kurpfälzischen Popsongs längst ein überregionale gefragter Star, ist er durch persönliche Kontakte zu Metzgermeister Horst Trautmann doch nach Feudenheim gekommen. Und nicht nur da bestätigt sich, was Riehle zur Eröffnung voller Anerkennung sagt: „Es ist ein richtiges Kulturfest, was Sie hier haben!“
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