Ludwigshafen. Ludwigshafen. Einfacher Hausmüll, alte Möbelstücke, schadstoffbelasteter Bauschutt - seit Jahrzehnten kommt die Stadt Ludwigshafen im Kampf gegen illegale Müllablagerungen nicht wirklich voran. Zahlreiche Präventionsprojekte wurden bereits ins Leben gerufen, Informationskampagnen in verschiedenen Sprachen sollten die Bewohner für das Thema sensibilisieren, und auch repressive Maßnahmen wie die Erhöhung des Bußgeldkatalogs im Jahr 2021 haben noch keinen nachhaltigen Erfolg gebracht. Insbesondere in den Stadtteilen Nord/Hemshof, Mitte und Süd wird die Situation immer schlimmer. Deshalb fährt die Verwaltung jetzt schwerere Geschütze gegen Müllsünder auf. In einem Pilotprojekt ab Herbst geht sie mit mobilen Videokameras gegen die Verursacher von Abfallablagerungen an. Am Montag wurde das landesweit einmalige Konzept der Öffentlichkeit und dem Hauptausschuss vorgestellt.
Wilder Müll
- Die Zahl der illegalen Müllablagerungen in Ludwigshafen ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen – von 285 Fällen im Jahr 2007 auf 4792 Fälle im Jahr 2021
- Am stärksten betroffen ist der Bereich Nord/Hemshof mit allein 1100 illegalen Ablagerungen im Jahr 2021. Es folgten Mitte (589) und Süd (573) mit deutlichem Abstand.
- Eine wissenschaftliche Arbeit ergab, dass im Jahr 2018 allein in Nord/Hemshof 4175 Kubikmeter illegaler Müll abtransportiert werden mussten.
„Letzte Eskalationsstufe“
„Der Einsatz dieser Technik stellt für die Stadtverwaltung die letzte mögliche Eskalationsstufe dar, um den bisherigen Kampf gegen illegale Müllablagerungen nochmals zu verschärfen“, betonte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) im Pressegespräch am Vormittag. Mit dem Einsatz der Kameras sollen ordnungswidrig handelnde Personen ausfindig gemacht und für ihr Fehlverhalten mit Bußgeldern belegt werden. „Wir erhoffen uns insbesondere eine Abschreckende Wirkung“, sagte Steinruck.
Überwacht werden sollen in der sechsmonatigen Testphase vier nicht näher benannte Hotspots im Stadtgebiet. Nach Angaben von Uwe Fröhlich, stellvertretender Leiter des zuständigen Bereichs Umwelt, ist die Videokamera in einem für diesen Zweck umgebauten Fahrzeug installiert, das dann an den entsprechenden Standorten abgestellt wird. „Die Aufzeichnung erfolgt aus dem Innenraum, es darf nur der öffentliche Verkehrsraum überwacht werden, keine Hauseingänge oder Spielplätze“, sagte er. Die Kamera filme ununterbrochen und könne flexibel mehrere Tage an einer Stelle, aber auch täglich an einer anderen eingesetzt werden. Am Standort der Kamera werde mit mehreren Schildern sichtbar auf die Überwachung hingewiesen, so Fröhlich.
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Das Videomaterial darf maximal 30 Tage lang gespeichert werden. „Deshalb wollen wir die Filme jeden Tag sichten“, so Fröhlich. In Absprache mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, werden die Gesichter der aufgenommenen Personen ausschließlich verpixelt dargestellt und nicht erkennbar sein. „Wenn sich bei der Sichtung des Materials ein Verdacht ergibt, dann gilt das Vier-Augen-Prinzip“, sagte Fröhlich. Das bedeutet, es müssen zwei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Abfallvollzugsdienstes unabhängig von einander zu der Einschätzung gelangen, dass ordnungswidriges Verhalten vorliegt. Erst dann wird die Verpixelung der Gesichter zur Ermittlung der Verursacher aufgehoben. „Festgehalten werden dabei insbesondere Tatort, Tatzeit, Personenzahl und möglicherweise Kennzeichen von Fahrzeugen, mit denen der Sperrmüll transportiert wurde.“
Ob ein abfallrechtliches Verfahren eingeleitet wird, muss die Untere Abfallbehörde innerhalb eines Monats nach der potenziellen Ordnungswidrigkeit entscheiden. Für mögliche Verfahren können die Sequenzen als Beweismittel genutzt werden. Nur für diesen Zweck ist die Speicherung erlaubt.
Eingriff ins Persönlichkeitsrecht
Da Videoüberwachung einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der gefilmten Personen - insbesondere der unbescholtenen - darstellt, sind die Filmaufnahmen das äußerste Mittel der Stadt. Darauf wies auch der Landesdatenschutzbeauftragte Kugelmann, der eng in die Abstimmung des Konzepts mit eingebunden war, nochmals deutlich hin. „Ein solcher Eingriff ist nur möglich, wenn er verhältnismäßig ist“, betonte er. Die Stadt habe aber mit den teilweise gesundheitsgefährdenden Verschmutzungen „sehr gute Gründe“ geliefert, die eine Videoüberwachung rechtfertigten - insbesondere, da sie zuvor sämtliche milderen Mittel im Kampf gegen illegale Müllablagerungen ausgeschöpft habe.
Letztlich, so Steinruck, gehe es darum, die wenigen „Dreckspatzen“ ausfindig zu machen, die mit ihrem „unsozialen und unbelehrbaren“ Verhalten der Allgemeinheit schaden würden. Denn die Entsorgung der Müllberge werde letztlich auf die Abfallgebühren aller umgelegt. Ob die Videoüberwachung nach sechs Monaten fortgesetzt wird, hängt von den Ergebnissen ab.
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