Ludwigshafen

Wie die App "Katretter" Leben retten kann

Die App "Katretter" alarmiert im Notfall parallel zum Rettungsdienst potenzielle Ersthelfer in der Nähe. Sechs Kreise und Städte haben sich nun zu einem Pilotprojekt zusammengetan. Was die Besonderheit dabei ist

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Jakob Walter
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Gemeinsam zum Startschuss: Iris Kobel (v.l.), Peter Georg Eymann, Hans-Ulrich Ihlenfeld, Clemens Körner, Stefan Bruck, Jutta Steinruck und Bernd Knöppel. © Jakob Walter

Ludwigshafen. Ein wenig Panik blitzt in den Augen von Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck auf, als der Alarm ausbleibt. Kurz zuvor haben die Offiziellen gemeinsam auf den symbolischen Buzzer gedrückt: der Startschuss für das neue Erstehelfersystem, die App „Katretter“.

Der anschließende Probealarm, der die Funktionsweise demonstrieren soll, bleibt jedoch aus. Dann passiert es - ein schriller Ton aus dem Handy von Referatsleiter Robin Klamm. Im Hintergrund klingeln zwei weitere Geräte. So soll es in Zukunft ablaufen, wenn sich potenzielle Ersthelfer und Ersthelferinnen in der Nähe eines Notfalls aufhalten.

App "Katretter" ist Pilotprojekt in Rheinland-Pfalz

Branddirektor Stefan Bruck von der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen spricht von einem Pilotprojekt in Rheinland-Pfalz. Insgesamt sechs Gebietskörperschaften, die Städte Ludwigshafen, Frankenthal, Speyer und Neustadt sowie der Kreis Bad Dürkheim und der Rhein-Pfalz-Kreis haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam die App „Katretter“ einzuführen. Seit Dienstag können sich registrierte Ersthelfer und Ersthelferinnen bei Notfällen in der Nähe alarmieren lassen.

Kommentar Für "Katretter" braucht es viele Freiwillige

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Jakob Walter
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So soll gewährleistet werden, dass im Falle von Bewusstlosigkeit oder eines Herz-Kreislauf-Stillstandes so schnell wie möglich Erste Hilfe geleistet werden kann. „Ich finde, das ist ein richtig guter Tag“, freut sich Steinruck. Durch das System könne schnellstmöglich eingegriffen werden, um Leben zu retten - denn im Notfall zähle jede Sekunde. Das Programm sei eine große Hilfe. „Außer die Qualifikationen, das Handy und die Hände, es anzunehmen, braucht es nichts“, stellt sie die Vorzüge der App heraus.

App "Katretter": Mehr Registrierungen benötigt

Das Wichtigste seien jedoch vor allem die Menschen, die sich registrieren. „Wir brauchen ganz viele, die sich noch anmelden“, appelliert Steinruck. Auch Peter Georg Eymann, Brand- und Katastrophenschutzinspekteur der Feuerwehr Speyer unterstützt diesen Aufruf. „Ich kann nur jeden ermuntern, sich die Katretter-App herunterzuladen. Jeder der mitmacht, ist ein Gewinn“, ergänzt er.

Aktuell liegt die Zahl der Registrierungen bei etwa 300 Personen. Um das Gebiet von über 600 000 Einwohnern abzudecken braucht es laut Klamm jedoch noch mehr. Er spricht von einer Zielsetzung von etwa 600 registrierten Helfern und Helferinnen in den nächsten sechs bis acht Monaten. „Wir müssen gerade aus dem Randbereich Leute erreichen, um auch die abzudecken“, führt er weiter aus.

Die App „Katretter“

  • Alarmierung von freiwilligen Ersthelfern in der Nähe – parallel zum Rettungsdienst.
  • Schnelle erste Hilfe soll gewährleistet werden.
  • Ersthelfer müssen sich mit einem Dienstausweis oder einer Urkunde registrieren.
  • Vor allem Notfallsanitäter, Sanitätshelfer und Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr als Zielgruppe.
  • Keine dauerhafte Ortung von Registrierten und keine Verpflichtungen. 

Die technischen Details und Funktionsweisen der App liefert Roman Strauß von der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen. Das System basiere auf der App „Katwarn“ - ein mobiles Warn- und Informationssystem, dass die Bevölkerung im Falle von Katastrophen frühzeitig alarmieren soll. Daraus habe sich das Ersthelfersystem „Katretter“ entwickelt.

Wenn nun aufgrund eines Notfalles ein Notruf bei der zuständigen Leitstelle eingehe, werden parallel zum Rettungsdienst auch drei qualifizierte Ersthelfer in unmittelbarer Nähe des Notfalles alarmiert. In der Stadt sei das ein Radius von ungefähr 750 Metern, auf dem Land etwa 1000 Meter. Die Zusage sei dabei komplett freiwillig. „Der Ersthelfer muss den Einsatz erst noch ganz explizit annehmen“, erklärt Strauß. Wenn registrierte Ersthelfer nicht auf den Alarm reagieren oder dieser abgelehnt wird, löst nach 60 Sekunden ein zweiter Alarm aus, der den oder die nächsten potenziellen Helfer informiert.

Einzigartig in Rheinland-Pfalz

Die Besonderheit dabei: Durch die Verbindungen der Ersthelferpools von sechs Landkreisen sei es egal, ob der alarmierte Ersthelfer auch im Gebiet des Notfalls arbeite. Wer registriert ist und sich in der Nähe befindet wird alarmiert. Laut Bruck gibt es auch Bestrebungen, das System auf die Metropolregion auszuweiten. Eine deutschlandweite Nutzung sei für die Zukunft ebenfalls wünschenswert, findet Klamm.

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Beim anschließenden Sektempfang werben Strauß und Klamm weiter für die App. Ersthelfer und -helferinnen würden mit „Katretter“ ein „reines freiwilliges Zusatzsystem“ nutzen, erzählt Strauß. Bei Ablehnung müsse man mit keiner Klage aufgrund unterlassener Hilfeleistung rechnen. Klamm erklärt, dass die Notrufe nur bei gewissen Kriterien wie Bewusstlosigkeit oder einem Herzkreislaufstillstand an das System weitergeleitet werden.

Sobald das eigene Leben der Helfer gefährdet werde, wie zum Beispiel bei Infektionskrankheiten oder viel Verkehr an der Unfallstelle, werde die App nicht genutzt. Der Testlauf habe gezeigt, dass etwa 30 Einsätze in der Woche für das System in Frage kommen, berichtet Klamm.

Redaktion Online-Redakteur, zuständig für redaktionelle Videos

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