Arbeitswelt - BASF treibt vernetzte Lehre über Online-Plattform voran – Projekt Digitalisierung in der dualen Ausbildung abgeschlossen

Wie Azubis bei der BASF in Ludwigshafen in virtuellen Produktionsanlagen üben

Von 
Julian Eistetter
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Melanie Maas-Brunner (v.l.) und Stefanie Hubig lassen sich von der Auszubildenden Celine Hemmers und Ausbilder Alexander Karle das virtuelle Technikum vorführen. © BASF

Ludwigshafen. Celine Hemmers betritt den digitalen Umkleideraum. Mit ein paar Knopfdrücken wählt sie die richtige Arbeitsausrüstung für ihre Figur aus, dann taucht sie ein in das virtuelle Technikum. Wie in einem Computerspiel bewegt sie sich durch die Räume, in denen sich unzählige Leitungen, Rohre, Pumpen und Hähne befinden. Es handelt sich um eine 1:1-Nachbildung einer Ausbildungsanlage auf dem Werksgelände der BASF in Ludwigshafen. Der digitale Zwilling ermöglicht es Auszubildenden des Chemiekonzerns, Abläufe und Vorgänge der Anlage gewissermaßen als Trockenübung kennenzulernen, ohne die echten Hebel oder Rädchen bedienen zu müssen. Direkt neben Hemmers, angehende Chemikantin im zweiten Ausbildungsjahr, sitzt Azubi-Kollege Nikolai Bölke. Er hat eine VR-Brille auf, mit der er sogar noch realitätsnaher in das virtuelle Technikum eintauchen kann. Die Ausbildung bei der BASF wird immer digitaler.

Einen wesentlichen Teil dazu beigetragen hat das Projekt Digitalisierung in der dualen Ausbildung (DidA), das 2018 von der BASF, dem rheinland-pfälzischen Bildungsministerium und den vier berufsbildenden Schulen in Ludwigshafen gestartet wurde. Inzwischen ist es abgeschlossen, die Zusammenarbeit soll aber weitergehen, wie alle Beteiligten am Montag bei einem Pressetermin bei der BASF unterstreichen. Auch Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) und Melanie Maas-Brunner, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektorin der BASF SE, informieren sich dabei über die Erfahrungen mit dem Projekt.

Was sich in den vergangenen vier Jahren alles getan hat, erläutert Markus Hermann, Leiter Aus- und Weiterbildung bei der BASF. „Eine digitale Plattform, die wir gemeinsam mit Lerninhalten gefüllt haben und deren vielseitige Möglichkeiten wir gemeinsam nutzen, ermöglicht den Jugendlichen ein vernetztes, flexibles und individuelles Lernen“, sagt er. „Um die duale Ausbildung zukunftsorientiert aufzustellen, ist es für uns unabdingbar, neue Wege bei der Wissensvermittlung zu gehen. Die digitalen Tools, die neuen Lernmodule und -methoden, sind erfolgreich.“ Das sei insbesondere in den Phasen der Pandemie deutlich geworden, in denen die Auszubildenden ausschließlich zu Hause gelernt haben.

Mehr Austausch mit Schulen

Besonderer Vorteil der zentralen Lernplattform OLAT (Online Learning and Training) sei, dass sowohl Ausbildungsbetriebe – neben der BASF haben sich an DidA noch 22 weitere Unternehmen beteiligt – als auch Berufsschulen und Azubis Zugriff haben und Informationen und Inhalte einstellen können. „Ein wesentliches Ziel dieses Projekts ist es, die Kooperation zwischen Ausbildungsunternehmen und den berufsbildenden Schulen zu stärken und Lernorte digital zu vernetzen“, sagt Ministerin Hubig.

Kursangebot wird ausgebaut

Ein Beispiel, was mit der Lernplattform alles möglich ist, demonstriert Linus Adam, angehender Anlagenmechaniker im dritten Lehrjahr. Er wählt sich online in den Kurs „Einführung ins Arbeiten mit der Ständerbohrmaschine“ ein. Neben einigen Informationen zur Orientierung und zu Grundlagen gibt es dort ein Feld „Experiment“. Mit einem Klick springt der Azubi in eine virtuelle Werkstatt. „Hier nehme ich mir jetzt die Materialien, die ich für die Übung brauche: Baustahl, einen Fünf-Millimeter-Bohrer und einen Senkkopf“, sagt Adam. Danach spannt er den Stahl ein, bestimmt die Drehzahl und beginnt zu bohren. Nach der Übung zeigt ihm das Programm, ob er alle Einstellungen richtig gewählt hat. „Das ist wirklich eine gute Ergänzung. Wenn man an der echten Maschine gearbeitet hat, kann man es zuhause oder in der Schule auf diese Weise nochmal wiederholen und sicherer im Umgang werden“, sagt der Azubi.

Wie den Onlinekurs zur Ständerbohrmaschine, mit dem jährlich bis zu 500 Auszubildende geschult werden können, soll es bald noch weitere Kurse geben. Und auch die virtuelle Nachbildung des Ausbildungstechnikums für die Chemikanten soll perspektivisch auf der Lernplattform abgebildet werden. „Unser Projekt ist ein wichtiger Baustein, um unsere Auszubildenden auf die Arbeitswelt von morgen vorzubereiten“, sagt Standortleiterin Maas-Brunner. „Die vergangenen Jahre haben uns gezeigt: Unser Weg ist erfolgreich.“ Deshalb werde auch nach dem Projektzeitraum weiter mit den berufsbildenden Schulen bei dem Thema zusammengearbeitet. Insgesamt 1600 Jugendliche und 250 Lehr- und Ausbildungskräfte haben bei DidA mitgemacht. 1500 Tablets wurden an Azubis ausgegeben.

Und die sind absolut überzeugt: Ein Großteil von 900 befragten Jugendlichen nimmt die digitale Lernplattform und die Module als unterstützend wahr. Rund 80 Prozent der Befragten wünschen sich, dass die vernetzte Ausbildung und das selbstorganisierte Lernen beibehalten werden, wie eine Umfrage der Uni Mannheim ergab. So auch Celine Hemmers und Nikolai Bölke, die die digitale Lehre als „extrem hilfreich“ bezeichnen. Nur als die Pandemie anfangs eine vollständige Fernlehre erfordert habe, sei es etwas holprig gelaufen. „Aber das hat sich dann durch gute Zusammenarbeit alles eingespielt.“

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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