Ludwigshafen. Vom in Ludwigshafen geborenen Philosophen Ernst Bloch stammt die Aussage: „Ludwigshafen ist eine der ersten Seestädte auf dem Lande, am Meer einer unstatischen Zukunft gelegen.“ Um diese unstatische Zukunft drehte sich der 4. bundesweite Gymnasialtag des Deutschen Philologenverbandes am Freitag im Pfalzbau - ein spannender, wie sich zeigen sollte. „Was bleibt nach Covid?“ war das Treffen Dutzender Gymnasiallehrer aus ganz Deutschland überschrieben. Eine Frage, die zum jetzigen Zeitpunkt vielleicht noch nicht in allen Teilen zu beantworten ist. „Präsenzunterricht ist wichtiger, als er bisher dargestellt worden ist“, sagte etwa die Bundesvorsitzende des Verbandes Susanne Lin-Klitzing. Die Gymnasiallehrkräfte hätten während der Pandemie hervorragende Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass es für die Schülerinnen und Schüler im Abitur keinen Leistungsabfall gegeben habe. Die Ergebnisse des Berichts „Bildung in Deutschland 2022“ bestätigten dies.
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Dass das geistige Leistungsvermögen der Abiturienten insgesamt in den vergangenen Jahrzehnten gefallen ist, zeigt allerdings eine Statistik, die Alexander Jatzko, Chefarzt der Klinik für Psychosomatik im Westpfalzklinikum Kaiserslautern, präsentierte. Er wirkte während seiner Facharztausbildung auch am Zentralinstitut für psychische Gesundheit in Mannheim. Von den 60 bis 64-Jährigen haben 26 Prozent das Abitur hinter sich gebracht. Von den heute 20- bis 24-Jährigen sind es schon 53 Prozent. Dass dadurch viele junge Menschen für das Handwerk verloren gegangen sind, erwähnte Jatzko nebenbei.
Das Jahr 2007 hat vieles verändert
Der Arzt hat sich in den vergangenen Jahren sehr mit der Frage auseinandergesetzt, welche Folgen die zunehmende Reizüberlastung unseres Gehirns für unsere psychische und körperliche Gesundheit hat und was man tun könnte, um besser durch den Alltag zu „balancieren“. Jatzko beschrieb in seinem Vortrag vor den Lehrern eine Post-Covid-Gesellschaft, die mit der durch Corona noch beschleunigten digitalen Entwicklung an vielen Stellen total überfordert sei. Aufmerksamkeitsspannen sinken demnach genauso wie die Konzentrationsfähigkeit. Krankheitszeiten seien in vielen Berufen ebenso stark gestiegen wie der verstärkt vorgetragene Wunsch nach Teilzeitmodellen. Deshalb fehlten auch überall Arbeitskräfte. Stark wahrnehmbar sei das etwa bei Ärzten selbst, zeigte Jatzko in einer Grafik aus dem Kaiserslauterer Klinikum. Viele der Entwicklungen, die heute messbar seien, hätten ihren Ursprung im Jahr 2007. Was da war? Damals eroberte das iPhone die Welt. Ab diesem Zeitpunkt sei die Suizidrate wieder angestiegen, die zuvor jahrelang gefallen war. Seit das Smartphone zum Quasi-Körperteil geworden sei, hätten Depressionen und andere psychische Erkrankungen deutlich zugenommen. In den USA habe es im Jahr 2021 wesentlich mehr Selbstmordversuche gegeben.
Schüler und Schülerinnen hätten während des Lockdowns bis zu sieben Stunden täglich vor den Geräten verbracht. Alles laufe immer schneller ab, „aber wir haben immer noch unser Neandertaler-Gehirn“, spitzte Jatzko zu. Zudem werde der Druck auf die Kinder immer größer, weil beispielsweise soziale Netzwerke einen vermeintlichen Durchschnittsmenschen zeigten, der nicht mehr erreichbar sei.
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