Ludwigshafen. „Das wird noch kräftigen Unmut mit vielen Staus geben“, befürchtet Inge Friedmann. Nicht ganz so skeptisch äußert sich Ralph Rieger, nachdem Stadtvertreter die Hochstraßen-Pläne beim Info-Markt in der Rhein-Galerie vorgestellt haben: „Auf den ersten Blick wirkt das Konzept einigermaßen durchdacht.“
Zwischen leichter Zuversicht und starker Skepsis schwanken die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, die sehr zahlreich zur vierstündigen Infoveranstaltung gekommen sind. Der Slogan „Ein neues Stück Stadt entsteht“ prangt über den Stellwänden – er ist nicht übertrieben. Grundlegend verändern wird sich die gesamte nördliche Innenstadt auf rund 1,5 Kilometer Breite zwischen Hauptbahnhof und Rhein.
Der Abriss von Rathaus-Center und Hochstraße Nord (B 44), die durch die ebenerdige Helmut-Kohl-Allee ersetzt wird, bedeutet eine gigantische Baustelle und sorgt wohl für immense Belastungen bei Anwohnern und Pendlern. Die heiße Phase startet im August 2026, wenn der Nordbrückenkopf bei der Schumacher-Brücke samt Rheinuferstraße vier Jahre lang komplett gesperrt wird.
Hochstraße Süd steht ab Juni 2026 wieder zur Verfügung
Für Autofahrer bleibt dann nur eine sieben Meter breite Spange zwischen Heinigstraße und Hemshof-Kreisel befahrbar, für Lkw ist sie gesperrt. Bis 2027 können Verkehrsteilnehmer von der Schumacher-Brücke noch rechts von Mannheim Richtung BASF/Oppau abfahren, sagt Eberhard Küssner, Gesamtprojektleiter Hochstraßen bei der Bauprojektgesellschaft (BPG) Ludwigshafen. Als wichtige Ausweichroute stehe ab Juni 2026 die neu errichtete Hochstraße Süd (B 37) wieder zur Verfügung, versichert Küssner. Über die Adenauer-Brücke läuft ab Sommer 2026 auch der gesamte Straßenbahnverkehr nach Mannheim.
„Wir wollen die Belastungen so gering wie möglich zu halten, aber ganz ohne Belastung werde es sicherlich nicht gehen“, sagt Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck. Die Innenstadt und Rhein-Galerie sollen stets gut erreichbar sein. „Wenn etwa bei der Beschilderung nachgebessert werden muss, bleiben wir im Gespräch“, zeigt sie sich indes offen für pragmatische Änderungen.
Schon vor Jahren mit anderen Behörden abgestimmt, damit es keine parallelen Autobahn-Baustellen gibt
Wegen der überregionalen Bedeutung der B 44 für den Wirtschaftsstandort werde alles dafür getan, den Kosten- und Zeitplan einzuhalten, so Steinruck weiter. „Alle Seiten brauchen größtmögliche Planungssicherheit.“ Daher habe die BPG entschieden, klare Verkehrsregelungen während der gesamten vierjährigen Bauphase beizubehalten und nicht zu verändern. Der überregionale Verkehr soll über die A 61 und A 6 ausweichen, die Pendler über die B 9. Die Stadt habe sich schon vor Jahren mit anderen Behörden abgestimmt, damit Baustellen auf den Autobahnen dem Großprojekt in Ludwigshafen nicht in die Quere kommen.
Hochstraßen-Projekte
Die Hochstraße Süd (B 37) wird für 80 Millionen Euro bis Juni 2026 neu gebaut.
Sie dient als Ausweichstrecke, wenn die Hochstraße Nord (B 44) ab August 2026 abgebrochen und durch die 860 Meter lange Helmut-Kohl-Allee ersetzt wird.
Die Gesamtkosten für die neue B 44 werden auf 865 Millionen Euro geschätzt. Allein der Umbau am Nordbrückenkopf der Schumacher-Brücke kostet 300 Millionen Euro.
Vorbereitende Arbeiten beginnen im April 2026 mit dem Abriss des Hochbunkers .
Für den Bürger-Dialog hat die Verwaltung die Online-Plattform www.lu-diskutiert.de eingerichtet. ott
Als „Operation am offenen Herzen“ hatte Küssner die Großbaustelle Nordbrückenkopf vor zwei Monaten bezeichnet. Auch wenn er die Aussage am Freitag nicht wiederholt, lässt er keinen Zweifel, dass es sich um eine „sehr komplexe Aufgabe“ handelt. Zumal auch im Untergrund viel zu tun ist. Der BASF-Tunnel zum Werksgelände muss verstärkt und verlängert werden, zwei Straßenbahntunnel neu gebaut werden. Für eine Übergangszeit wird eine Verbindung südlich des Rathaus-Centers gebaut, die allerdings nur Rettungsfahrzeuge, Nahverkehrsbusse und Radfahrer nutzen dürfen.
Gast Gerhard Heigel: „Generell müssen wir mit der Baustelle halt leben“
„Da bin ich sehr skeptisch, wie dies im Alltag für die Radler funktioniert. Gleiches gilt für die Nord-Süd-Verbindung“, befürchtet Armin Winkler größere Probleme. Weniger kritisch beurteilt Gerhard Heigel aus dem Stadtteil Süd das Konzept, das beim Info-Markt auch mit virtuellen Fahrten durch die Innenstadt dargestellt wird.
Es sieht recht schlüssig aus. Generell müssen wir mit der Baustelle halt leben
„Es sieht recht schlüssig aus. Generell müssen wir mit der Baustelle halt leben“, sieht er wenig Alternativen. „Wir müssen abwarten, wie es läuft“, meint auch Andreas Haufe. Gleichwohl kritisiert er, dass die 860 Meter lange und bis zu 35 Meter breite Helmut-Kohl-Allee zu wenige Querungen für Fußgänger und Radfahrer habe. „Es kann nicht sein, dass man einen Umweg von mehreren hundert Metern machen muss, um in den anderen Stadtteil zu kommen, und die neue Stadtstraße letztlich eine trennende Funktion hat.“
Es ist schon sehr traurig, dass eine hochverschuldete Stadt wie Ludwigshafen so viel Geld für die Hochstraßen-Projekte ausgeben muss
Angelika Mieth hadert indes noch mit der grundsätzlichen Entscheidung, die Hochstraße Nord abzureißen. Nach ihrer Ansicht wäre eine Sanierung noch machbar gewesen. Gutachter hatten dies hingegen als wirtschaftlich nicht mehr vertretbar verworfen. „Es ist schon sehr traurig, dass eine hochverschuldete Stadt wie Ludwigshafen so viel Geld für die Hochstraßen-Projekte ausgeben muss“, merkt Mieth an.
Stark verwundert ist sie auch, als sie beim Info-Markt ein Modell der künftigen Stadtentwicklung sieht, wonach im Westend Neubauten anstelle bestehender GAG-Wohnungen eingezeichnet sind. Hierzu kann die Stadtverwaltung jedoch Entwarnung geben. „Die GAG-Gebäude bleiben stehen“, lautet die schriftliche Antwort an einer Stelltafel.
Entspannte Haltung zum Großprojekt ist eher die Ausnahme
Interessiert, aber deutlich gelassen blicken Michael Hoffmann und seine Frau auf die Pläne. „Wir wohnen weit weg in Ruchheim und fahren selten in die Stadt. Für uns ist es wichtiger, dass es auf der A 650 problemlos läuft. Insofern schauen wir entspannt in den nächsten Jahren auf die Großbaustelle.“ Eine Haltung, die aber die ganz große Ausnahme bei den Bürgerinnen und Bürgern sein dürfte.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/ludwigshafen_artikel,-ludwigshafen-was-ludwigshafener-ueber-die-hochstrassen-projekte-und-city-west-denken-_arid,2336590.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/firmen_firma,-_firmaid,20.html