Soziales - Der Verein Kinder-Eltern-Haus ist nach fast 50 Jahren aufgelöst worden / Margot Steeger war die Frau der ersten Stunde

Warum die Ludwigshafener Bürgerinitiative für Kinder aufgelöst wurde

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Tanja Capuana
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Margot Steeger, ehemalige Vorsitzende des Kinder-Eltern-Haus in Mitte, und ihr ehemaliger Kollege Peter Werner © cap

Ludwigshafen. Mit Wehmut im Blick schaut Margot Steeger noch einmal in Richtung Kinder-Eltern-Haus. Für die Ludwigshafenerin ist nun endgültig eine fast 50-jährige Ära zu Ende gegangen. Die Bürgerinitiative, die die Einrichtung seit Dezember 1974 getragen hatte, wurde Ende vergangenen Jahres aufgelöst. Damit geht die Trägerschaft des Hauses in der Benckiser-Straße 43 - 45 auf die Stadt über. In dem Altbau haben Ehrenamtliche offene Kinderarbeit für die Zielgruppe von sechs bis 14 Jahren geleistet. Die Auflösung des Vereins hat zwei Jahre gedauert, sagt Peter Werner, der von 1972 bis 1980 im Kinder-Eltern-Haus tätig war. „Vom Praktikanten bis zum Hauptamtlichen Leiter“, sagt er. Mit Steeger, der langjährigen Vorsitzenden des Vereins ist er noch immer freundschaftlich verbunden.

Mit dem Haus verbindet Steeger zudem viele Erinnerungen. Die 74-Jährige denkt an gemeinsame Veranstaltungen und Feierlichkeiten. Die Idee für die Bürgerinitiative ist 1972 entstanden. „Weil es keinen Spielplatz in unserer Nachbarschaft gab“, sagt sie. Schließlich wurden sie fündig: Gemeinsam mit drei anderen Elternpaaren entrümpelte sie ein ehemaliges Trümmergrundstück, auf dem schon bald Mädchen und Jungen aus Ludwigshafen-Mitte spielen konnten. Allerdings suchten die Eltern nach einer Lösung, wo die Kinder auch im Winter spielen konnten. „Wir haben gemerkt, dass wir Räumlichkeiten benötigten“, sagt Steeger. Die Idee war, einen Ort zu haben, wo die eigenen Kinder und der Nachwuchs von anderen gemeinsam spielen konnten. Angedacht war, dass immer jemand von den Eltern als Aufsicht vor Ort war, und zwar im Wechsel. So konnten Kinder zusammen mit ihren und anderen Eltern dort Zeit verbringen.

„Die Stadt stellte uns ein Abrisshaus zur Verfügung“, erzählt Steeger. Doch um die Räumlichkeiten zu beziehen, mussten die Eltern 1974 einen Verein gründen. Sie räumten das Haus auf, besorgten Spielzeug für die Kleinen und richteten die Räumlichkeiten liebevoll und in Eigenregie ein. „Die Stadt hat das Personal gestellt“, sagt Steeger. Ganze zwölf Jahre lang verbrachten Eltern und Kinder nachmittags unter der Woche in der Einrichtung. Neben dem freien Spiel wie Tischtennis gab es zusätzliche Angebote wie beispielsweise Kochen und Hausaufgabenhilfe, sagt Werner.

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Als das Gebäude schließlich abgerissen wurde, suchten die engagierten Eltern eine neue Bleibe. Auch in Nord/Hemshof wurde gesucht. Doch für Steeger und die anderen war klar: „Wir wollen hier in Mitte bleiben.“ Der damalige Bürgermeister Günther Janson, der für Jugend und Soziales zuständig war, hatte schließlich die Idee, Räumlichkeiten in dem Gebäude, das nur einen Steinwurf entfernt war und unter Denkmalschutz stand, dem Verein als neue Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Janson habe sie sehr unterstützt, sagt Steeger, die noch heute sehr dankbar dafür ist. Erneut stürzte sich die Bürgerinitiative in ihr Projekt: Ein Umzug zwei Häuser weiter, wo ihnen künftig acht Räume auf 1,5 Stockwerken zur Verfügung stehen würde.

„Früher wurde viel improvisiert“, erinnert sich Werner. Neben Spielräumen und einer Küche gibt es unter anderem auch einen Medienraum, wo die jungen Besucher im Internet surfen konnten. Hilfreich war, dass die Bürgerinitiative in den 1980er Jahren beim Landeswettbewerb „Bürger planen Spielanlagen für Jugend und Kinder“ den zweiten Platz gewann - und damit die Summe von 150.000 DM. Das Geld floss in das neue Heim, das die Gruppe renovierte, dazu kamen eigene Arbeitseinsätze, die nochmals die Summe von 80.000 DM verschlang. Auch von der Stadt gab es einen finanziellen Zuschuss, so Steeger.

Viel Herzblut sei in ihren Verein geflossen, erzählt Steeger, die selbst drei Kinder großgezogen hat. Die Mitglieder verbrachten viel Zeit in ihrem Kinder-Eltern-Haus. Zudem nahmen die Ehrenamtlichen auch an Besprechungen mit den städtischen Angestellten teil. Zunächst war das Verhältnis zwischen Vereinsmitgliedern und Mitarbeitern gut. Gemeinsam habe man Probleme besprochen, sagt Steeger. „Das hat alles gut geklappt, irgendwie hat man die Dinge unter einen Hut gekriegt“, fügt Werner hinzu. Doch im Laufe der Jahre hätten sich die Zeiten geändert. Kinder wurden einfach dort abgegeben und wieder abgeholt, anstatt sich in der Einrichtung selbst einzubringen.

„Und die Zusammenarbeit zwischen den städtischen Mitarbeitern und dem Verein hat irgendwann nicht mehr funktioniert.“ Margot Steeger bleibt am Ball, versucht die Konflikte zu lösen. „Doch alle Versuche meinerseits sind gescheitert.“ Schweren Herzens legt sie ihr Amt nieder. Und der Verein wird aufgelöst. Das Restguthaben des Vereins von 3500 wurde laut Satzung an die Stadt, und wie besprochen, an zwei Einrichtungen der offenen Kinder und Jugendarbeit gespendet, sagt sie. Steeger schaut eher mit einem weinenden statt einem lachenden Auge zurück. Aber sie lächelt. „Es war eine schöne Zeit.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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