Sicherheit - Stadtrat lehnt Antrag zur Videoüberwachung des zentralen Knotenpunkts ab / Entwicklung an einstigem Brennpunkt auch laut Polizei positiv

Warum der Ludwigshafener Stadtrat eine Videoüberwachung am Berliner Platz ablehnt

Von 
Julian Eistetter
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In der Pandemie muss die Polizei seltener zum Berliner Platz ausrücken. © Ruffler

Ludwigshafen. Brennpunkt. Problemkind. Schandfleck. Es gab Zeiten, in denen mindestens eines dieser Wörter fiel, wenn es um den Berliner Platz in Ludwigshafen ging. Betrunkene Pöbler, Prügeleien und Drogenhandel beschädigten das Image des zentralen Knotenpunkts in der Innenstadt massiv. Allzu lang sind diese Zeiten noch gar nicht her, denn noch im Jahr 2019 forderte die Ludwigshafener CDU die Einrichtung einer intelligenten Videoüberwachung für den Bereich. Hätte sich also seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nicht einiges zum Besseren gewandelt, so wäre am Montag im Stadtrat über einen gleichlautenden Antrag der Fraktion Bürger für Ludwigshafen sicherlich anders diskutiert worden. Doch weil sich die Situation derzeit relativ ruhig darstellt, wurde der Vorstoß mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.

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In seiner Antragsbegründung erklärte Fraktionschef Hans-Joachim Spieß, dass Ludwigshafen mit 8688 registrierten Straftaten pro 100 000 Einwohner im Jahr 2020 im Vergleich der Großstädte in Deutschland auf Rang 29 von 82 liege, also schlecht abschneide. Vergleichbar zur Nachbarstadt Mannheim, wo seit 2018 in einem Pilotprojekt intelligente Videoüberwachung zum Einsatz kommt, solle daher auch der Berliner Platz mit Kameras bestückt werden. „Wenn sich die Corona-Lage jetzt allmählich wieder normalisiert, wird auch die Kriminalität am Berliner Platz wieder zunehmen“, so Spieß. Und wenn ein Pilotprojekt gegen Müllsünder im Hemshof möglich sei, dann müsse dies doch auch für den Berliner Platz gelten.

„Absolut nicht begründbar“

Bei den anderen Fraktionen stieß das auf Ablehnung. „Nach zwei Jahren Pandemie und einer Zeit, in der der Musikpark mehr zu als offen war, ist dieser Antrag nicht nachvollziehbar“, sagte Christoph Heller (CDU), als Ortsvorsteher der Südlichen Innenstadt mit den Problemen des Berliner Platzes bestens vertraut. „Ich stehe in dauerndem Kontakt mit der Polizei, und aktuell ist eine Videoüberwachung absolut nicht begründbar“, betonte er. Dabei stehe er dem Instrument nicht kategorisch gegenüber. „Es gab Zeiten, da habe ich die Überwachung selbst vehement gefordert. Wenn tatsächlich eine Grundlage besteht, dann können wir nochmal darüber reden.“

Julia May erklärte für die SPD, dass bei einer flächendeckenden Überwachung des Berliner Platzes die Grundrechtsbeeinträchtigungen für die Passanten zu massiv seien. Dies sei auch nicht vergleichbar mit dem Pilotprojekt im Hemshof, wo Kameras gezielte Bereiche filmen sollen. „Wir sehen die Voraussetzungen für einen solchen Eingriff als absolut nicht gegeben an“, sagte May.

Die AfD verwies in Person von René Puder auf mögliche Verdrängungseffekte, die durch eine Videoüberwachung verursacht werden könnten. „Die Kriminalität würde sich in die Ludwigstraße verlagern, die wir dann konsequenterweise auch überwachen müssten - und so weiter“, sagte er. Auch die AfD sei jedoch nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Videokameras.

„An diesem Antrag stimmt so gut wie gar nichts“, kritisierte Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat). „Der Berliner Platz ist kein Kriminalitätsschwerpunkt, wir machen ihn schlechter als er ist.“ Von den fünf Oberzentren in Rheinland-Pfalz sei Ludwigshafen nach Mainz das sicherste. „Die Forderung ist also nicht logisch.“ Das sah auch Heinz Zell (Forum und Piraten) so, der zudem anmerkte, dass die Verwaltung mit dem Pilotprojekt gegen Müllsünder „genug zu tun“ habe.

Thomas Schell (FDP) verwies auf England, wo die Zahl der Verbrechen trotz vermehrten Einsatzes von Videoüberwachung deutlich ansteigen würden. „Es ist zwar ein gut gemeinter Vorschlag, der aber sicher nicht helfen wird. Wenn die Kriminalität am Berliner Platz zunimmt, muss die Polizeipräsenz vor Ort erhöht werden.“ Das forderte auch Liborio Ciccarello (Linke) und betonte, dass eine Videoüberwachung nur das letzte Mittel sein dürfe.

Verwaltung sieht keine Handhabe

Ordnungsdezernent Andreas Schwarz (SPD) erklärte, dass die Verwaltung keine Handhabe für eine Videoüberwachung zur Gefahrenabwehr am Berliner Platz sehe. Voraussetzung dafür sei, dass zuvor alle milderen Mittel ausgeschöpft seien. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz teilt auf Anfrage mit, dass sich der positive Trend im Bereich des Berliner Platzes auch 2021 fortgesetzt habe. Zwar liegen die Daten noch nicht abschließend vor. „Erste Auswertungen zeigen jedoch, dass sich die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen auch im Jahr 2021 spürbar auf die positive Entwicklung der Anzahl der bekannt gewordenen Straftaten ausgewirkt haben“, so ein Sprecher.

Für den erweiterten Berliner Platz wird seit Jahren eine Gefahrenabwehrverordnung für die Sommermonate erlassen, die ein Alkoholverbot in den Nächten von Donnerstag bis Sonntag vorsieht.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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