Lebensmittel

Warum Bäcker Görtz einen norwegischen Investor ins Boot holt

Zwei Familien und ein Fonds - Mitinhaber Peter Görtz erklärt, wie es mit Ludwigshafener Bäckereikette und ihren 200 Filialen weitergehen soll

Von 
Bettina Eschbacher
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Bäckerei Görtz. © Schmeing

Rhein-Neckar. Ein norwegischer Investmentfonds wird Gesellschafter einer pfälzischen Bäckereikette – auf den ersten Blick eine ungewöhnliche Kombination. Für Peter Görtz (kleines Bild) aber ist es die perfekte Lösung, um sein Unternehmen „in die Zukunft zu führen.“ Peter und sein Bruder Frank Görtz leiten bisher gemeinsam Bäcker Görtz. Sie haben den einst kleinen Familienbetrieb von Ludwigshafen aus zu einem Unternehmen mit rund 200 Filialen und 2000 Beschäftigten ausgebaut. Das Filialnetz – mit Backwarentheken, Cafés und Back-Bistros – reicht von Bensheim über Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg bis Waghäusel und Wiesloch.

Norweger haben die Mehrheit

Doch künftig entscheiden die zwei Brüder nicht mehr allein über die Geschicke ihres Lebenswerks. Der norwegische Investor FSN Capital ist bei der Bäckereikette eingestiegen und übernimmt die Mehrheit. Die Firmenanteile gehörten bislang jeweils zur Hälfte den Familien von Peter und Frank Görtz. Nun bleibt den beiden ein „signifikanter Minderheitsanteil“, außerdem führen die Brüder weiter die Geschäfte.

© MELANIE HUBACH

Wie viel sich die Skandinavier die Anteile kosten ließen, wird nicht verraten. Über die Details des Deals wurde Stillschweigen vereinbart. FSN ist ein Fonds, der hauptsächlich Pensionsgelder betreut. „Wir sind anständige Menschen, die auf aufrichtige Art und Weise eine solide Rendite erzielen“, beschreibt sich der Investor auf seiner Webseite.

„Ich bin stolz und happy, dass wir das geschafft haben“, sagt Peter Görtz im Gespräch mit dieser Redaktion. Man habe schon seit einiger Zeit nach einem neuen Partner gesucht, lange vor dem Ukraine-Krieg. Aber nicht etwa, weil der Backbetrieb in Schieflage geraten sei, im Gegenteil: „Es geht nicht um Rettung, uns ging es um die Zukunft“, betont Görtz. Das Unternehmen sei solide aufgestellt, die Ertragslage gut. 120 Millionen Umsatz hat Bäcker Görtz 2021 erzielt. Im laufenden Jahr werde dieser weiter steigen.

Aber er sei ins Grübeln gekommen beim Unterschreiben von Mietverträgen, die meist über 15 Jahre laufen, erzählt der 54-Jährige. Was passiert, wenn er und sein Bruder in Ruhestand gehen wollen? Der nachfolgenden Generation wollten sie die Verantwortung nicht aufbürden. Familie und Unternehmen sollten voneinander unabhängig werden, die Zukunft nicht an einzelnen Personen hängen – deshalb kam FSN. Und der neue Gesellschafter lobt sein Investment in höchsten Tönen als „eine der effizientesten, modernsten und profitabelsten integrierten Bäckereien in Deutschland“. Man freue sich darauf, das Görtz-System in weitere Regionen zu bringen, heißt es in einer Mitteilung.

Wird es künftig also Ludwigshafener Brötchen auf Sylt oder in München geben? Peter Görtz winkt ab. „Frische Backwaren lassen sich höchstens in einem Radius von 70 bis 80 Kilometer vertreiben.“ Und weiter oder schneller solle die Expansion auch mit dem Geldgeber im Rücken nicht gehen. Bisher liege der Filialradius bei 55 Kilometern um die Produktion in Ludwigshafen herum. Rund sieben neue Filialen kommen im Schnitt pro Jahr dazu.

Zusätzliche Produktionsstätten irgendwo in Deutschland sind Görtz zufolge nicht geplant. Aktuell wird die Backstube in Ludwigshafen ausgebaut, die Erweiterung soll Mitte 2023 in Betrieb gehen. „Wir werden unsere Bäckerei wie bisher betreiben und entwickeln.“ Auch an der Strategie mit den drei Filial- und Cafévarianten soll sich nichts ändern. „Wir gehen in die Orte rein, nicht nur auf die grüne Wiese“, so Peter Görtz. Gerade in kleineren Kommunen, in denen es sonst kein Gastro-Angebot mehr gibt, habe die Kette damit auch eine soziale Funktion. Wo man – nach genauer Prüfung – eine Chance sieht, greift man zu. Demnächst etwa soll ein weiterer Shop bei der BASF in Ludwigshafen öffnen.

Preise werden kaum erhöht

Leicht gemacht habe sich die Familie die Entscheidung nicht, einen Partner ins Boot zu holen. Das Herzblut für den Betrieb bleibe, sagt er. Der Name Görtz könnte auch in der nächsten Generation in der Geschäftsführung vertreten sein. Seine Tochter sei Bäckermeisterin, erzählt Görtz. „Aber sie hat dann die Wahl und kann sich aus freien Stücken dafür entscheiden.“

Steigende Energie- und Rohstoffpreise bekommt auch Bäcker Görtz zu spüren. Aber durch die moderne Produktion könne der Betrieb energieeffizient arbeiten. Preiserhöhungen für die rund 100 000 Kunden werde es höchstens im Centbereich geben.

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Görtz würde es trotzdem begrüßen, wenn die Bundesregierung ihre Hilfen auch auf Bäckereien ausdehnen würde. Bisher würde nur die ohnehin schon übermächtige Industrie in der Branche davon profitieren, das verzerre den Wettbewerb.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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