Ludwigshafen

Trotz Entschuldigung - CDU greift Ludwigshafens OB Steinruck scharf an

Für ihre umstrittene Sparliste hat sich Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck öffentlich entschuldigt. Ein paar Fraktionen ist das genug. Die CDU dagegen stellt Steinrucks Amtseignung in Frage

Von 
Julian Eistetter
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Das Verhältnis zwischen dem Ludwigshafener Stadtrat und der Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck ist beschädigt. Können sie sich zusammenraufen? © Achim Keiper

Ludwigshafen. Ludwigshafen geht durch turbulente Zeiten. Der erste Haushaltsplan für 2023 war nicht genehmigungsfähig, der daraus folgende Sparzwang bedroht bestimmte Bereich des öffentlichen und kulturellen Lebens in der Stadt. In der Debatte um eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung hat Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) große Teile des Stadtrats gegen sich aufgebracht. Am Freitag folgte nun die öffentliche Entschuldigung. Die CDU zählt die Rathauschefin dennoch offen an.

Der Reihe nach: Am Montag ergreift die Oberbürgermeisterin im Stadtrat das Wort. Es folgt eine Abrechnung mit Bund, Land und der Finanzpolitik der vergangenen 30 Jahre in Ludwigshafen. Steinruck nimmt die Fraktionen in die Pflicht, endlich Sparwillen zu zeigen und entsprechende Entscheidungen zu treffen. Zusätzlich zu einer Sparliste des Stadtvorstands hatte die OB kurz vor Sitzungsbeginn eine weitere einstellen lassen, in der sie tiefgreifende Einschnitte in die Verwaltungsorganisation vorschlägt. So könnten die Dezernentenstellen reduziert, Ausschüsse gestrichen und Ortsbezirke zusammengelegt werden.

Bei den Fraktionen sorgt das für Murren. Selbst SPD-Politiker schütteln beim Verlassen des Saals ungläubig den Kopf. Der Gegenwind wird so stark, dass Steinruck am Freitag den Rückwärtsgang einlegt und eine Erklärung veröffentlicht, in der sie sich bei ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Stadtvorstand, bei den Stadträtinnen und Stadträten, den Verwaltungsmitarbeitern und den Bürgern entschuldigt. Die Liste zieht sie zurück.

„Mit der von mir zusätzlich vorgelegten Liste zur Haushaltskonsolidierung wollte ich aufrütteln und eine Diskussion in Gang setzen, um aufzuzeigen, dass es unmöglich ist, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, ohne einer Stadt jegliche Lebensqualität zu rauben“, stellt sie klar. „Die Liste sollte Rat, Verwaltung und Öffentlichkeit aufrütteln, damit Bund und Land bei der Zuweisung von Aufgaben genauer hinschauen, was welche Stadt zur Erfüllung von Aufgaben braucht“, erklärt sie.

„Aber ich stelle mit aller Selbstkritik fest, dass ich meine Intention nicht deutlich zum Ausdruck gebracht habe und über das Ziel hinausgeschossen bin. Mit meiner Liste wollte ich drastisch aufzeigen, was es bedeuten würde, wenn wir so weiter machen wie bisher“, so die OB. „Letztendlich habe ich durch mein Vorgehen zu Irritationen und Unmut beigetragen, die der Sache nicht dienen. Ich entschuldige mich.“

„Völlig daneben gegriffen“

Für die CDU-Fraktion war dieser Schritt zwingend. „Die Oberbürgermeisterin hat völlig daneben gegriffen. Es gehört zu den ureigenen Aufgaben eines Stadtoberhaupts, einen Haushaltsplan aufzustellen. Das hat sie versemmelt, das war einfach grottenschlecht“, sagt Fraktionschef Peter Uebel im Gespräch mit dieser Redaktion. Er wirft der Rathauschefin zudem ein bedenkliches Demokratieverständnis vor. „Die Streichung von Ausschüssen, Dezernaten und Ortsbezirken bedeutet eine klare Entdemokratisierung.“

Die Vorbereitung der Haushaltsdebatte sei derart schlecht gewesen, dass die CDU die Frage aufwirft, ob Steinruck ihrer Aufgabe noch gewachsen ist. „Die Tauglichkeit ist ernsthaft in Frage zu stellen. Ich bin immer noch sprachlos“, sagt Uebel.

„Fühle mich Aufgabe gewachsen“

Auf Anfrage nimmt Steinruck dazu Stellung: „Diese Frage werden die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten OB-Wahl beantworten müssen – und nicht der politische Gegner. Ich fühle mich der Aufgabe sehr wohl gewachsen und hege keine Zweifel.“ Sie sei übers Ziel hinausgeschossen, das ändere aber nichts an der Tatsache, dass es notwendig sei, angesichts der schwierigen Lage aufzurütteln und Diskussionen in Gang zu setzen. Die nächste OB-Wahl findet im Jahr 2025 statt.

Kritik kommt aber nicht nur von der CDU. „Die Entschuldigung von Jutta Steinruck war überfällig für das chaotische Agieren in der derzeitigen Haushaltskrise“, sagt etwa Raik Dreher (Forum und Piraten), der Steinruck aber auch die Größe zugesteht, eigenes Fehlverhalten einzuräumen. Für Thomas Schell (FDP) war das Verhalten der Rathauschefin mit der kurzfristig vorgelegten Liste „grässlich unprofessionell“.

Auch Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat) findet deutliche Worte: „Die Oberbürgermeisterin hat mit ihrem eigenwilligen Vorgehen und der Veröffentlichung einer eigenen Konsolidierungsliste die Fraktionen, die Ortsbeiräte und viele Beschäftigte der Verwaltung verprellt und in Aufruhr versetzt.“ Mit der Entschuldigung sieht die Fraktion das Thema jedoch „weitgehend geklärt“. Mit „Verwunderung“ hat die AfD-Fraktion Steinrucks Erklärung aufgenommen. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass es sich bei der Sparliste lediglich um einen Schockeffekt zum Aufrütteln handeln sollte, so Fraktionschef Johannes Thiedig.

Die Fraktion der SPD, Steinrucks Partei, bewertet die Erklärung als richtigen Schritt. „Es war gut, um nochmal klarzustellen, welche Intention damit verbunden war“, sagt Fraktionschef David Guthier. Nun müsse es darum gehen, eine vom Rat und allen Dezernenten getragene Lösung für das Jahr 2023 zu finden. „Was die langfristige Konsolidierung angeht, gilt es, Kompromisslinien zu finden.“ Das betont auch Liborio Ciccarello (Linke). Der OB gehe es um ein konstruktives Miteinander, Schuldzuweisungen und Vorwürfe würden derzeit niemandem helfen.

„Ich würde mir wünschen, dass wir nun trotz der Irritationen einen Modus fänden, der uns ein konstruktives Verfahren zur Haushaltsplanung ermöglicht“, betont denn auch Steinruck. „Es liegt nun an uns allen – an mir, am Kämmerer, den Stadtvorstandsmitgliedern und dem Stadtrat –, einen tragfähigen, nachhaltigen Haushalt vorzulegen, der nicht nur von kurzfristigen Einsparungen geprägt ist.“ Die Beratungen beginnen am Montag.

Rathauschefin Jutta Steinruck bei der Neujahrsrede 2023. © Stadt/Martin Hartmann
CDU-Fraktionschef Peter Uebel greift Steinruck hart an. © Christoph Blüthner

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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