Ludwigshafen. Von außen betrachtet, wird Ludwigshafen häufig als unattraktives Pflaster betrachtet. Wenn man Mannheimer fragen würde, ob sie bereit wären, über den Rhein zu siedeln, würden wohl nur die wenigsten einwilligen. Dass die Ludwigshafener selbst aber in der Summe doch ziemlich gerne in ihrer Stadt leben, zeigen die Ergebnisse einer „Wohnbedarfsanalyse“, die dem Stadtrat am Montag vorgelegt wurden. Mehr als ein Jahr lang hatte ein Team der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft (HWGLU) Menschen in der Chemiestadt zu ihrer Wohnsituation und -zufriedenheit oder zu Umzugsabsichten befragt. Herausgekommen ist eine umfassende Datensammlung, aus der die Verwaltung nun Handlungsempfehlungen ableiten kann.
Bei insgesamt 3.251 verwertbaren Fragebögen haben mehr als die Hälfte der Befragten (59,6 Prozent) angegeben, gerne in Ludwigshafen zu leben. Besonders positiv wird die Wohnsituation bewertet: 87,8 Prozent der Befragten sind mit ihrer Wohnung oder ihrem Haus zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Abzüge gibt es da schon eher beim Wohnumfeld, doch dazu später mehr.
In welchen Stadtteilen von Ludwigshafen die Menschen zufrieden sind – und in welchen eher nicht
Die Zufriedenheit der Anwohner unterscheidet sich von Stadtteil zu Stadtteil teilweise deutlich. Besonders positiv heben sich vom Durchschnitt die Stadtteile Maudach, Gartenstadt, Rheingönheim und Edigheim ab. Hier fühlen sich also viele Menschen in ihren Wohnungen oder Häusern wohl und nehmen gleichzeitig keine Verschlechterung der Lebensqualität im Stadtteil wahr.
Die gegenläufige Tendenz, also eine verstärkte Unzufriedenheit mit der Wohnsituation kombiniert mit einem Verlust der Lebensqualität, ist in den Stadtteilen Pfingstweide, Oppau, Mundenheim, Mitte, West und Nord-Hemshof zu beobachten, so die Ergebnisse der Untersuchung.
Bei diesen Themen hapert es in einigen Stadtteilen am meisten
Die größten Unterschiede zwischen den genannten Bezirken treten in den Bereichen Verkehrslärm, Sauberkeit und soziales Miteinander auf. Diese Probleme sind in den eher noch dörflich geprägten Stadtteilen wie Maudach, Rheingönheim oder Ruchheim weniger ausgeprägt als in den dichter besiedelten Innenstadtbereichen. Über das gesamte Stadtgebiet werden die mangelnde Sauberkeit und fehlende Grünflächen als die drängendsten Themen genannt.
Gut bewertet in Ludwigshafen die Anbindung an das überregionale Straßennetz, die Erreichbarkeit von Schulen, Apotheken und Arztpraxen sowie des öffentlichen Nahverkehrs. Nachholbedarf gibt es bei Kulturangeboten, öffentlichen Plätzen und der Gastronomie. Insbesondere jüngere Befragte sind mit dem Angebot an Lokalen und Bars unzufrieden.
Die Mietbelastungsquote in Ludwigshafen liegt ungefähr im bundesweiten Durchschnitt. 27,9 Prozent ihres Einkommens gegen Bürgerinnen und Bürger in der Chemiestadt im Schnitt für die Miete aus. 18 Prozent der Befragten beurteilen die aktuelle Mietbelastung als hoch und müssen ihre Konsumausgaben beschränken. 2,3 Prozent empfinden die Mietausgaben als sehr hoch und geben an, die derzeitigen Wohnkosten auf Dauer nicht mehr tragen zu können.
Wohnen in Ludwigshafen: Welche Schlüsse die Stadt ziehen will
Trotz der insgesamt positiven Bewertungen der Wohnsituation wollen einige der Befragten Ludwigshafen auch verlassen. Insgesamt 13 Prozent haben einen generellen Umzugswunsch, meist auf der Suche nach größeren Räumen. Knapp die Hälfte dieser Menschen (44 Prozent) gab an, Ludwigshafen auf jeden Fall verlassen zu wollen. 38 Prozent suchen ausschließlich in der Chemiestadt nach neuen Wohnungen.
Welche Schlüsse zieht die Stadt nun aus diesen Informationen? In der Sitzungsvorlage betont die Stadt zunächst, dass der Spielraum wegen der finanziellen Situation der Stadt begrenzt sei. „Was wir aber tun können, ist Baurecht schaffen für Wohneigentum“, sagt Volker Spangenberger, Leiter des Bereichs Stadtentwicklung, am Montag im Stadtrat. „Wir können aktiv Wohnraum ermöglichen und Planungsrecht schaffen“, betont er und verweist etwa auf das geplante Neubaugebiet „Im Kappes“ in Rheingönheim.
Spangenberger sieht in Ludwigshafen generell einen angespannten Wohnungsmarkt, weshalb er eine größere Spreizung in allen Segmenten als sinnvoll erachtet. Gerade neue Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen würden den Schlüssel bilden, um wieder mehr Bewegung in den Wohnungsmarkt zu bekommen. Generell muss laut Verwaltung der Fokus auf der Modernisierung von Bestandsgebäuden liegen, da kurzfristig „keine nennenswerte Belebung der Neubauaktivitäten“ zu erwarten sei.
In Sachen barrierefreie Wohnungen gibt es noch viel zu tun
Ausgebaut werden müsse angesichts des demografischen Wandels das Angebot an barrierefreien Wohnungen. Die aktuellen Neubauaktivitäten, bei denen eine gewisse Quote an barrierefreien Einheiten fest vorgeschrieben ist, würden da nicht ausreichen. Bestandswohnungen müssten verstärkt angepasst werden.
Die in der Untersuchung zu Tage getretenen Mängel beim Wohnumfeld können laut Verwaltung durch Förderprojekte angegangen werden. Gerade im Innenstadtbereich müssten Aufenthaltsorte in „wohltuender Atmosphäre“ geschaffen werden. Gerade die Gestaltung der neuen City West rund um die Helmut-Kohl-Allee soll unter diesem Aspekt erfolgen.
CDU-Fraktionschef Peter Uebel wertet es als „gutes Signal“, dass sich viele Menschen in Ludwigshafen wohlfühlen. „Eine wichtige Erkenntnis ist, dass weiche Faktoren beim Wohlbefinden eine große Rolle spielen“, sagt er. In Sachen Grünflächen, Gastronomie, Radwege, Ordnung und Sauberkeit müsse also noch mehr getan werden. Heike Hess (Grüne) nennt das Dilemma aber beim Namen: „Viele der empfohlenen Maßnahmen können wir uns gar nicht leisten.“
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