Innenstadt

Rundgang durchs Ludwigshafener Rathaus-Center - wie genau der Abriss ablaufen soll

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Mit Schadstoffen belasteter Abfall ist in der ehemaligen Mall des Rathaus-Centers zum Abtransport bereit. Dahinter war einmal ein Gastro-Betrieb. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Wo früher Tische und Stühle mehrerer Gastronomiebetriebe standen, liegt jetzt ein Haufen weißer Säcke. „Mineralwolle/KMF“ steht darauf in schwarzer Schrift. Und: „Kann Krebserkrankungen hervorrufen!“ Einige Schritte weiter ist der Boden geöffnet, Fugen sind freigelegt und an den Säulen fehlen Teile der Verkleidung. Auch in den Decken klaffen Löcher, die einen Einblick ins Innenleben dahinter gewähren. In der Mall des Ludwigshafener Rathaus-Centers ist nichts mehr vom einstigen Leben, vom Trubel der Einkaufenden übrig geblieben. Leergeräumt sind die ehemaligen Ladenflächen, Kabel hängen aus den Decken und Fenster sind ausgebaut. Es ist menschenleer.

Klaus Möller und Peter Oehm beim Ausgangspunkt auf dem Rathaus-Dach. © Christoph Blüthner

Der Freitagmorgen ist da eine Ausnahme. Klaus Möller, Projektleiter für den Abriss von Rathaus-Center und Rathaus bei der Bauprojektgesellschaft (BPG) Ludwigshafen, und Peter Oehm, Bauleiter und Projektsteuerer, führen Pressevertreter durch den gigantischen Gebäudekomplex. Bei einem Rundgang erläutern die Experten, wie genau der Rückbau des 1979 errichteten Rathaus-Centers mit Rathaus-Turm vonstatten gehen soll und worauf besonders zu achten ist.

Komplexer Fassaden-Rückbau

Los geht es um kurz nach 9 Uhr auf dem Dach in rund 71 Metern Höhe. „Das hier ist einer der ersten Bereiche, an dem wir beginnen werden“, sagt Oehm. Die technischen Aufbauten, unter anderem eine Antenne der Feuerwehr, werden abmontiert und die Kiesschicht vom Dacht entfernt. Einzelne Teile der Fassade im Bereich der Brüstung seien schon abgenommen und deren Konstruktion untersucht worden. Der Rückbau der Fassade ist nach Angaben der Experten eine der komplexesten Aufgaben. „Wir haben insgesamt 1750 Elemente, di e zusammen 9000 Quadratmeter Fassade ergeben“, sagt Oehm. Sie werden alle einzeln demontiert und mit Arbeitsbühnen sicher nach unten gebracht.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Doch zunächst wird hinter der äußeren Hülle gearbeitet. Sämtliche Innenräume werden entkernt und bis auf das Gebäudegerippe und die Fassade ausgenommen. Probeweise wurde das bereits in einem Teil des 13. Stockwerks vorgenommen, wie Möller beim Rundgang erklärt. Die Untersuchungen in diesem Bereich haben ergeben, dass kein besonderer Arbeitsschutz wegen möglicher Schadstoffe erforderlich ist. Da die Kühlanlage jedoch schon zurückgefahren ist, ist es drückend warm. „Das können wir den Arbeitern nicht zumuten. Deshalb werden auf jeder Ebene zehn Fenster ausgebaut, um für eine gute Durchlüftung zu sorgen“, berichtet Möller.

Das Rathaus-Center

Das Rathaus mit Rathaus-Center wurde 1979 auf dem Gelände des ehemaligen Ludwigshafener Hauptbahnhofs in der Innenstadt eröffnet.

Der 72 Meter hohe Rathaus-Turm ging 1992 in den Besitz der Stadt über. 2019 kaufte sie das komplette Einkaufszentrum für insgesamt rund 46 Millionen Euro.

Zum Jahreswechsel wurde das Center geschlossen, es soll bis Ende 2025 abgerissen werden – für fast 80 Millionen Euro.

Allein im 13. Stock zeigt sich, wie viel Material beim Abriss anfallen wird. In den früheren Büros stapeln sich ausgebaute Türen, Deckenelemente, Lüftungsteile, Gips oder Teppiche. Vieles davon wird entsorgt, wo es möglich ist, wird recycelt. Insgesamt schätzt Oehm, dass bei dem Abriss rund 100 000 Tonnen Material abgebrochen werden. Allein mit 40 000 Kubikmeter Bauschutt rechnen die Experten. Doch wie kommt das alles von der Baustelle oben nach unten? „Das ist Handarbeit“, sagt Möller. Mit den vier noch funktionstüchtigen Aufzügen sollen Schutt und Gebäudeteile nach unten transportiert werden. Wenn das irgendwann im Laufe der Arbeiten nicht mehr möglich ist, wird es einen Abwurfschacht geben.

Fotostrecke

Wie das Rathaus-Center abgerissen wird

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
8
Mehr erfahren

Für den Abriss ist der Gebäudekomplex in drei Bereiche eingeteilt worden: den Turm mit dem darunter liegenden Mallbereich, die westliche Mall mit dem ehemaligen Kaufhof und die Mall Richtung Norden mit dem Parkdeck darüber. Dieser Bereich wird zuletzt abgerissen. Die unterirdische Bahnhaltestelle LU Rathaus bleibt durchgehend in Betrieb, kündigen die Fachleute an. Der Bahntunnel dürfe bei den Arbeiten keinesfalls Schaden nehmen.

Für den Abriss kommen unterschiedliche Maschinen zum Einsatz. Für die oberen sechs Etagen werden zwei 6,5 Tonnen schwere Mini-Bagger mit einem Autokran nach oben gehoben, berichtet Oehm. Diese können dann auf den Stockwerken herumfahren und mit Baggerscheren das Gebäudegerüst zerknabbern. Aus dem entstehenden Schutt werden jeweils provisorische Rampen in das darunterliegende Geschoss angehäuft. Ab Stockwerk zehn abwärts kommen dann Longfront-Bagger zum Einsatz, die mit ihren langen Armen bis in Höhen von 40 bis 50 Metern arbeiten können.

Lärmschutzwand zum Europaplatz

Das gesamte Material wird im Warenhof West gelagert, dem Hauptumschlagsort für die Großbaustelle. Dort wird der Schutt auch bereits aufbereitet, teilweise kann der Beton für den Bau der ebenerdigen Stadtstraße wiederverwendet werden und bleibt direkt vor Ort. In Richtung Europaplatz wird eine Lärmschutzwand erreichtet, da dort auch die An- und Ablieferung zum Warenhof West erfolgt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Bis Ende 2025, so das ambitionierte Ziel der Stadtverwaltung, sollen das Rathaus-Center und der Rathaus-Turm vollständig verschwunden sein. Der Kellerboden mit seinen Außenwänden bleibt dann noch als Baugrube bestehen. Diese soll als Lagerfläche für den Abriss der Hochstraße Nord und Neubau der Helmut-Kohl-Allee dienen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen