Ludwigshafen. Wenn in zwei Wochen das Rathaus-Center geschlossen wird, dann ist das der Anfang vom Ende für ein Ludwigshafener Wahrzeichen. Seit mehr als 40 Jahren hat es das Stadtbild geprägt. 1979 eröffnet, etablierte sich der Gebäudekomplex schnell als „Nordpol“ der Innenstadt und als Frequenzbringer. Dass das Areal ursprünglich ganz anders hätte aussehen sollen, ist heute fast schon in Vergessenheit geraten. Wo heute noch der 72 Meter hohe Rathaus-Turm steht, da waren einmal gleich drei Hochhäuser mit Wohnungen vorgesehen. „City-Center“ hieß das hochtrabende Megaprojekt, das Anfang der 1970er Jahre für den Bereich des Rheinufers nördlich der Kurt-Schumacher-Brücke vorangetrieben wurde.
Es war eine Zeit des wirtschaftlichen Wohlstands in Ludwigshafen. Gerade erst hatte die Stadt ihren Hauptbahnhof vom heutigen Rathaus-Areal an den aktuellen Standort verlegt - für 173 Millionen Euro, wie Autor Thomas Breier in seinem 2018 erschienenen Werk „Eine moderne Großstadt - Ludwigshafen am Rhein. Stadtplanung und Städtebau zwischen 1939 und 2017“ schreibt. Für die frei gewordenen Flächen im Norden der Innenstadt wurden private Investoren gesucht, da die Stadt nicht alle Großprojekte selbst finanzieren konnte. „Es bot sich ein Investor aus dem Schwäbischen an, ein Herr Schätzle, der am Ende der sechziger Jahre versuchte, in verschiedenen Städten in Deutschland ein neues städtebauliches Konzept mit einer kompakten Mischung aus Einkaufszentren und Wohnhochhäusern im damaligen Stil zu platzieren“, schreibt Breier, der als Architekt und Bauassessor von 1973 bis 2008 selbst 35 Jahre lang in der Ludwigshafener Stadtplanung aktiv war.
Auch in Ludwigshafen fanden die Pläne damals Anklang. Der Experte schreibt von einer „riesenhaften Anlage, bei der über einem großdimensionierten Einkaufszentrum drei Wohnhochhäuser von bis zu fünfunddreißig Stockwerken wie gewaltige Segel über der Stadt stehen sollten“. Seitens der Verwaltung sei die Idee beigesteuert worden, in einigen Geschossen ein neues Rathaus unterzubringen.
Wohnungen nicht vermarktbar
Wie viele vergleichbare Projekte dieser Zeit scheiterte jedoch auch das „City-Center“. Der Investor gab zu einem Zeitpunkt auf, als sich die unterirdische Straßenbahnhaltestelle im Rohbau befand und bereits erste Fundamente für Hochbauten fertig gestellt waren. „Die Planung scheiterte vermutlich, weil sich insbesondere die Hochhäuser mit den vielen Wohnungen im vorgesehenen Preissegment nicht vermarkten ließen“, heißt es in dem Buch.
Dass es so gekommen ist, bewertet Architekt Breier in der Nachbetrachtung nicht unbedingt als Nachteil für die Stadt. „Angesichts der heutigen Einstellung der Nutzer zu Wohnhochhäusern kann die Stadt froh sein, dass dieses Projekt so frühzeitig gescheitert ist“, schreibt er. Allein der geringe Abstand zwischen den Gebäuden hätte in der Nachbarschaft zu erheblichem Schatten und einer Minderung der Wohnqualität geführt, ist er überzeugt.
Erinnerungen gesucht
- Nach 42 Jahren wird das Rathaus-Center Ende 2021 geschlossen. Für viele Bürgerinnen und Bürger war das Einkaufszentrum eine feste Anlaufstelle.
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Nachdem sich Investor Schätzle zurückgezogen hatte, wurde die Norddeutsche Landesbank als Geldgeberin präsentiert. In Abstimmung mit der Stadt wurde das deutlich reduzierte Rathaus-Center realisiert. „Der wesentliche Beitrag der Stadt bestand in der Entscheidung, nun hier, am ,Nordpol‘, ein neues Rathaus zu errichten, womit die ursprünglichen Vorstellungen, es im Bereich des sogenannten Südpols anzusiedeln, endgültig aufgegeben wurden“, schreibt Breier. Diese „endgültige“ Aufgabe ist aus heutiger Sicht jedoch wieder überholt, da es aktuell Überlegungen gibt, nach dem Abriss des Rathauses ein Neues im südlichen Bereich der Innenstadt anzusiedeln (wir berichteten).
„Bis heute sehr gut funktioniert“
Die ersten Verwaltungsmitarbeiter zogen ab Januar 1979 in den Rathausturm ein, wenige Wochen später eröffnete das Center mit vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten. Nach dem Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim war das Rathaus-Center eines der ersten Einkaufszentren der Region. „Nach einigen Anlaufschwierigkeiten insbesondere hinsichtlich des Geschäftsbesatzes und der späteren Erweiterung am nördlichen Ausgang zum Hemshof funktioniert die Anlage bis heute sehr gut und trägt deutlich zur Attraktivität dieses Bereichs bei“, urteilte Breier 2018. Damit ist es nun bald vorbei.
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