Ludwigshafen. Dumpfe Erschütterungen, tanzende Gläser und zu Bruch gegangene Blumentöpfe – der Streit um die Gründungsarbeiten für das Projekt „Heimatufer“ am Ludwigshafener Rheinufer Süd zwischen Anwohnern und dem Bauträger Deutsche Wohnwerte (wir berichteten) ist mittlerweile vor Gericht gelandet. Kläger Herbert Mönnich aus der August-Macke-Straße ist der Ansicht, dass durch das Rammen von Betonpfeilern in die Erde im Frühjahr 2019 derartige Vibrationen erzeugt worden seien, dass in seiner nahegelegenen Wohnung Fliesen gerissen seien. Und auch andere Appartements seien in Mitleidenschaft gezogen worden, wie weitere Anwohner bei einer Zeugenvernehmung am Montag am Ludwigshafener Amtsgericht berichten.
Das Zivilverfahren in der Sache läuft seit diesem Frühjahr in Heidelberg. Wegen der Nähe zum Wohnort findet die Befragung der beiden Zeuginnen an diesem Tag jedoch in der Wittelsbachstraße statt. Eike Mönnich, Ehefrau des Klägers, spricht von „besorgniserregenden“ Erlebnissen. Auf dem Baufeld unmittelbar neben der August-Macke-Straße hätten zwei Rammen zeitgleich Betonpfähle in die Erde getrieben. „Sie rammten unkoordiniert, das war ziemlich unerträglich“, beschreibt sie. „Wir merkten das Zittern und Beben in der Wohnung. Die Gläser in der Vitrine haben getanzt“, so die 76-Jährige. Als sie und ihr Mann ein paar Tage aus der Wohnung „geflüchtet“ seien und danach zurückkamen, hätten zwei Blumentöpfe in Scherben auf dem Balkon gelegen.
Die ersten Haarrisse in den Fliesen habe sie Ende März 2019 entdeckt, nachdem auch der Fahrbahnbelag der August-Macke-Straße durch die Erschütterungen aufgesprungen sei. „Ein halbes Jahr zuvor haben Sachverständige die Wohnung eingehend begutachtet und dokumentiert. Da waren die Risse noch nicht da“, ist Mönnich überzeugt.
„Nervtötend und beängstigend“
Als „ein kleines Abenteuer“ bezeichnet die zweite Zeugin, eine Nachbarin der Mönnichs, die Zeit von März bis April 2019. Die beiden Rammen hätten ein „Dauerhämmern“ verursacht, das „nervtötend und beängstigend“ gewesen sei. „Auch in unserer Wohnung haben sich in drei Zimmern feine Risse in Ecken gebildet“, sagt die 50-Jährige. Auf eine Begutachtung im Vorfeld der Arbeiten habe sie aus „Gutgläubigkeit“ verzichtet.
Bemerkenswert an dem jetzt laufenden Verfahren Herbert Mönnich gegen Deutsche Wohnwerte ist der sehr niedrige Streitwert. Inklusive Prozesskosten belaufen sich die Anspruchsforderungen des Klägers an das Unternehmen auf gerade einmal etwas mehr als 500 Euro. „Das muss man sich mal überlegen“, sagt der Anwohner am Rande der Beweisaufnahme kopfschüttelnd. Und auch Rechtsanwalt Carsten Sessler betont, dass es sich dabei in Anbetracht eines millionenschweren Bauvolumens – beim Projekt „Heimatufer“ entstehen 127 Eigentumswohnungen – für die Firma um „vernachlässigenswerte Peanuts“ handle. „Im Normalfall kann so etwas im Vorfeld außergerichtlich aus dem Weg geräumt werden“, sagt er. Ein Versuch der Kontaktaufnahme sei jedoch unbeantwortet geblieben.
Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt ein Sprecher der Deutschen Wohnwerte AG, dass es dem Unternehmen nicht um den Streitwert gehe, sondern um die Sache. „Aus unserer Sicht hat die Ramm-Pfahlgründung die Schäden nicht verursacht“, betont er. Dies würden auch zwei Gutachten belegen. „Wir sind immer im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben geblieben.“ Dass es nun wegen 500 Euro zu einem so aufwendigen Gerichtsverfahren komme, bedauere die Deutsche Wohnwerte. „Die Gerichte haben ja auch anderes zu tun“, so der Sprecher. Doch weil die Forderungen in diesem Fall „ungerechtfertigt“ seien, führe man das Verfahren – „eine absolute Ausnahme“, wie der Sprecher sagt.
Eine Ausnahme, die sich aber bald schon wiederholen dürfte. Denn auch Anwohner Alfons Frank will das Unternehmen verklagen. In seiner Wohnung sind ebenfalls Schäden aufgetreten, die er mit den Arbeiten in Verbindung setzt. Und bei ihm geht es immerhin schon um einen Gesamtschaden von rund 8000 Euro, wie er am Montag als Verfahrensbeobachter erklärt.
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