Soziales - Nadine Engel aus Neuhofen setzt sich mit Freunden für Obdachlose in der Region ein

Nadine Engel und ihre Freunde helfen Obdachlosen in Ludwigshafen und Mannheim

Von 
Julian Eistetter
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Im Einsatz für Obdachlose: Nadine Engel. © Gabi Pätzold

Ludwigshafen. Nadine Engel sagt über sich selbst, dass sie das „Weltretter-Syndrom“ hat. Eine stark ausgeprägte soziale Ader, die sie antreibt, anderen Lebewesen zu helfen. Lange hat sich die Frau aus dem pfälzischen Neuhofen im Tierschutz engagiert. Seit einigen Jahren setzt sie sich nun mit einer Gruppe von Freunden und Bekannten für obdachlose Menschen ein. Auf Facebook rufen sie immer wieder zu Spenden auf, um dann mit vollgeladenen Bollerwagen durch Ludwigshafen oder Mannheim zu fahren und Bedürftigen warme Kleidung, Schlafsäcke, Isomatten oder Lebensmittel zu bringen.

„Man muss nicht in einem Verein organisiert sein, sondern kann auch privat Hilfe auf die Beine stellen“, sagt die 39-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion. Aus ihrer Sicht geht das sogar fast besser. Die Gruppe um ihren Lebensgefährten Michael Ostheimer und die Freunde Sascha Kurczecky, Martina Herbel, Gabi Pätzold und Karsten Senf sei gut vernetzt. „Im Februar wollen wir wieder eine große Aktion starten. Wir wissen, dass im Dezember traditionell viel gespendet wird, und im Januar ist die Vesperkirche aktiv, also besteht zu diesem Zeitpunkt größerer Bedarf“, sagt sie. Die Route soll durch Mannheim führen, da es dort die meisten Obdachlosen oder „Schnorrer“ gebe, wie sie sich untereinander nennen würden.

Notschlafplätze in der Stadt

  • Übernachtungsmöglichkeiten für Menschen, die auf der Straße leben, werden in Ludwigshafen im Caritas-Förderzentrum St. Martin (Unteres Rheinufer 55) und im Sleep inn der Drogenhilfe (für Drogenabhängige ohne Wohnung) angeboten
  • Im Sleep Inn (Wredestraße 69) stehen sechs Betten inklusive Abendessen und Frühstück bereit.
  • Im Haus St. Martin werden in der kalten Jahreszeit drei Übernachtungsplätze in einem Mehrbettzimmer für Männer vorgehalten.

Doch auch und gerade nach Ludwigshafen haben Nadine Engel und ihre Mitstreiter einen starken Bezug. Bei einer Aktion am Mannheimer Paradeplatz im Winter 2018 lernte die gelernte Tierpflegerin Alex kennen, einen Obdachlosen aus Ludwigshafen. „Am Ende habe ich ihm meine Nummer in die Hand gedrückt und gesagt, er soll sich melden, wenn er was braucht.“ Und Alex meldete sich. Er musste eine Haftstrafe antreten und bat Engel, eine Bleibe für seinen Hund zu suchen, was diese auch tat. Sie besuchte den Ludwigshafener sogar regelmäßig im Gefängnis. „So ist der Kontakt in die Szene in Ludwigshafen entstanden und der Kreis immer größer geworden.“

Sehr gut kennt Nadine Engel auch den Obdachlosen Tom. Auf einen Bericht im „Mannheimer Morgen“ hatte eine Leserin ihm und seinem Kumpel Dieter vor knapp drei Jahren einen Wohnwagen auf dem Campinggebiet „Auf der Au“ in Altrip überlassen. Mittlerweile lebt Tom jedoch wieder in Ludwigshafen auf der Straße. „Er war von den umliegenden Campern nicht wirklich geduldet. Gleichzeitig hat es ihn aber auch selbst wieder zurückgezogen“, berichtet die 39-Jährige.

Tom gehört in LU zum Inventar

Zunächst habe Tom unter einer Unterführung gelebt. Nach einer privaten Beschwerde musste er den Platz jedoch wieder räumen. Aktuell hält er sich im Bereich des Berliner Platzes am S-Bahnhof Mitte auf. „Eigentlich ist er eher allein unterwegs, aber es kommen immer wieder Leute zu ihm. Tom ist gewissermaßen der Obdachlosen-Papa und gehört in Ludwigshafen schon zum Inventar“, sagt Engel. Insgesamt lebe Tom bereits seit mehr als 20 Jahren auf der Straße. Sie bringe ihm regelmäßig Essen oder andere nützliche Dinge und halte stets Kontakt per Handy.

Mit dem Satz, dass in Deutschland kein Mensch auf der Straße leben müsse, können die Obdachlosenhelfer um Nadine Engel wenig anfangen. „Ich habe das bei Alex gesehen. Die Menschen werden dann in einem 20-Quadratmeter-Wohnklo untergebracht. Es gibt Vermieter, die nutzen die Situation der Betroffenen schamlos aus.“ Für einige sei die Straße die bessere Alternative. Dass viele Obdachlose mit Drogenproblemen zu kämpfen haben, sieht auch Engel. Dennoch sei es nicht immer Eigenverschulden, dass die Menschen in die Situation geraten, in der sie sich befinden.

Für diesen Winter hat die Helfergruppe bereits genügend Spenden bekommen, berichtet die Neuhofenerin. „Mein Keller ist voll bis oben hin“, sagt sie. Wer etwas abgeben möchte, könne aber regelmäßig ihre private Facebookseite im Blick behalten, denn dort werden die Aufrufe veröffentlicht, wenn mal wieder etwas benötigt wird.

Ein Engel, der Obdachlosen hilft. „Das ist schon ziemlich klischeehaft“, sagt die 39-Jährige und lacht. Anspielungen dieser Art erlebe sie im Alltag häufig. Sie stört das aber keinesfalls. „Die Resonanz ist eigentlich immer sehr positiv. Es ist ein schöner Name - und er wirkt“, sagt sie. In diesem Fall handele es sich aber ohnehin um eine Schar von Engeln, betont die Helferin mit Blick auf ihre Freunde - nur, dass diese das Wort nicht im Namen tragen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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