Hemshof - Bernd und Anika Albert geben „kulTurm“ auf / Suche nach Mietern / Ehemaliger Tank könnte zu Wohnraum werden

Ludwigshafener "kulTurm": Künftig Wohnungen im alten Wassertank?

Von 
Julian Eistetter
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Ludwigshafen. Wenn man Bernd Albert auf einer Tour durch seinen Turm begleitet, dann merkt man ihm die Leidenschaft für dieses außergewöhnliche Bauwerk an. Die Liebe zu den Details wie den beiden Wendeltreppen, die sich im Innern einer Doppelhelix gleich in die Höhe schrauben. Zu den massiven Wänden, die die Bürger Ludwigshafens einst vor Luftangriffen geschützt haben und die jetzt eine angenehme Ruhe und Kühle spenden. Zu dem ehemaligen Wassertank, in dem das Knarzen einer Luke mehr als 20 Sekunden nachhallt. Zu dem Blick, den man von der Aussichtsplattform in rund 50 Metern Höhe über Ludwigshafen, Mannheim und die gesamte Rheinebene hat. Und insbesondere zu all den Möglichkeiten, die dieser verwinkelte Riese birgt.

Seit fast 20 Jahren ist Albert Eigentümer des ehemaligen Bunkers und Wasserturms in der Rollesstraße im Hemshof. Mit viel Geld und noch mehr Fleiß hat er das historische Bauwerk in den vergangenen Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau Anika in den „kulTurm“ verwandelt, einen Treffpunkt mit Gastronomie und Konzerten, einen Ausrichtungsort für Tagungen und Hochzeiten. Doch damit ist nun Schluss. „Wir wollen die Gastronomie auf jeden Fall abgeben“, sagt Albert. „Ich mache das jetzt seit so vielen Jahren. Es hat auch Spaß gemacht. Aber jetzt würde ich mich gerne noch einmal auf etwas anderes konzentrieren“, sagt der 45-Jährige. Was genau das sein wird, weiß Albert noch nicht. Zunächst einmal möchte er ein Sabbatical, also eine Auszeit nehmen. Anschließend kann er sich vorstellen, in den Bereich grünes Bauen einzusteigen.

Projekt soll nicht Lebenswerk sein

Den „kulTurm“ sieht er gewissermaßen als sein Kind, das jetzt volljährig geworden ist, und das er - wenn auch schweren Herzens - gehen lassen würde. „Ursprünglich wollte ich die Gastronomie hier ja gar nicht selbst übernehmen, sondern bin da quasi reingerutscht“, sagt er. „Ich habe mich vielmehr als Initiator gesehen, der den Anstoß zur Nutzung des Turms gibt.“ Dass der „kulTurm“ als sein Lebenswerk betrachtet wird, damit kann sich Albert nicht wirklich anfreunden.

Und dennoch hat der 45-Jährige, der mit Frau und Kind derzeit in Speyer wohnt, noch viele Ideen für das Bauwerk und seine zukünftige Nutzung. Bei der Stadt hat er bereits zwei Bauvoranfragen gestellt, die positiv beschieden wurden. „Es wäre beispielsweise möglich, den bislang leeren ehemaligen Wassertank zu Wohnungen oder Büroflächen umzubauen“, so Albert. Durch das Einziehen von zwei Geschossdecken könnten im ehemaligen Wassertank drei Ebenen mit jeweils rund 220 Quadratmetern Fläche geschaffen werden. Er denkt etwa an Wohnungen für Musiker, an die er in den Bunker-Stockwerken vier und fünf bereits Lagerräume und Tonstudios vermietet.

Gläserner Anbau denkbar

Eine andere Idee des kreativen Tüftlers sieht einen mehrstöckigen, gläsernen Anbau zwischen dem Bunker und dem Nachbargebäude in der Rollesstraße vor. Dieser würde sich wie eine Art Steg über den bestehenden Gartenbereich mit Terrassen und Teich spannen. „Auch dort wären Wohnungen und Büroflächen denkbar“, so Albert. Rund zwei Millionen Euro würden Um- und Anbau kosten. Geld, das Albert selbst nicht zur Verfügung hat. „Aber wenn sich ein Investor findet, würde ich das Projekt gerne umsetzen.“

Unterdessen sind Bernd und Anika Albert auf der Suche nach Mietern, die Café, Lobby, Club und Galerie in den unteren drei Geschossen übernehmen wollen. „Wir hatten schon gute Verhandlungen mit einem griechischen Betreiber, der eine Cocktail- und Pianobar machen wollte, aber dann kam Corona“, berichtet Albert. Grundsätzlich sei es schwierig, in Krisenzeiten einen Nachfolger zu finden. Und jedem würde der Eigentümer das Projekt auch nicht anvertrauen. „Es muss schon jemand sein, der das Bauwerk und seine Geschichte schätzt. Es ist ein echtes Unikat“, sagt Albert, der bei einem angemessenen Angebot auch verkaufen würde. Eine genaue Vorstellung von einem Verkaufspreis habe er jedoch nicht.

1942 erbaut

Der achteckige Luftschutzbunker wurde im Jahr 1942 gebaut. Etwa 1300 Menschen konnten dort im Krieg unterkommen. In den oberen Stockwerken sind die kleinen Zimmer von damals noch erhalten. Nach dem Krieg wurde der Bunker zu einem Bunkerhotel umgebaut und als solches bis in die 70er Jahre genutzt. Im Jahr 1953 wurde das Bauwerk während des Hotelbetriebs aufgestockt und ein Trinkwassertank mit einem Fassungsvermögen von 2,3 Millionen Litern aufgesetzt. Bis 2010 wurde der Aufbau als Wasserturm genutzt. Eine schmale Wendeltreppe führt auf die 360-Grad-Aussichtsplattform ganz oben. Und egal von wem der Turm in Zukunft alles genutzt wird. Wenn es nach Bernd Albert geht, soll dieser ganz spezielle Blick immer allen Mietern oder Bewohnern offen stehen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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