Satiresendung verleiht fragwürdigen Titel

Ludwigshafen: „Hässlichste Stadt Deutschlands“ zeigt Humor

Von 
Julian Eistetter
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© Facebook-Post "Ludwigshafen, Stadt am Rhein"/Extra 3

Ludwigshafen. Viele haben es schon immer gewusst, für alle anderen gibt es die Bestätigung jetzt schwarz auf weiß: Ludwigshafen ist die hässlichste Stadt Deutschlands. Diesen fragwürdigen Titel hat zumindest die Satiresendung „extra 3“ der Chemiestadt am Rhein bei ihrer letzten Ausstrahlung im Norddeutschen Rundfunk (NDR) verliehen. In der Vorwoche hatte Moderator Christian Ehring die Zuschauer aufgerufen, hässlichere Städte als Gießen zu nominieren. „Und wir haben einen eindeutigen Gewinner ermittelt“, sagte er in der letzten Sendung, bevor sich die Stecknadel auf der großen Deutschlandkarte hinter ihm verhängnisvoll in den Südwesten der Republik bohrte. „Ich habe gehört, Ludwigshafen ist so hässlich, da kommen mehr als 90 Prozent der Pendler abends nicht mehr nach Hause“, scherzte Ehring zur Belustigung seines Publikums.

Viele Rückmeldungen

Fast noch lustiger als der Kabarettist war jedoch die Reaktion der Chemiestadt auf den unliebsamen Preis. Im sozialen Netzwerk Facebook teilte die Seite „Ludwigshafen, Stadt am Rhein“ den Beitrag von „extra 3“ und kommentierte: „Juhu, gewonnen! - Und wir haben uns gegen eine enorme Konkurrenz durchgesetzt. Das war nicht einfach! Danke, extra 3, normalerweise sind wir immer nur in den Top Ten der Städterankings, wenn es um so langweiligen Quatsch wie Wirtschaftskraft und Bruttoinlandsprodukt geht.“ Innerhalb kürzester Zeit rief das Posting zahlreiche Reaktionen hervor und wurde hundertfach geteilt.

Hinter der charmanten Antwort auf das unerfreuliche Ranking stecken zwei Mitarbeiter der Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft Lukom - Yann Fürst und Torsten Kleb. „Als das Thema aufgetaucht ist, haben wir uns gefragt, wie wir damit umgehen sollen“, berichtet Fürst, der im Bereich Citymanagement tätig ist. „Letztlich haben wir uns entschlossen, proaktiv zu handeln und das Ganze mit einem Augenzwinkern aufzugreifen.“ Da es kein offizielles Ranking gewesen sei, sondern eine Satiresendung, sei das die einzig richtige Möglichkeit gewesen - und die Reaktionen geben den beiden recht: „Wir haben viele Rückmeldungen bekommen“, sagt Kleb. Die meisten würden der Darstellung von „extra 3“ widersprechen. „Am erfreulichsten war für uns aber, zu sehen, dass unsere Community Humor hat. Der geht ja heute auch im Internet oft und schnell verloren“, so der Referent für Unternehmenskommunikation bei der Lukom.

Es ist nicht das erste Mal, dass Ludwigshafens Schönheit in Medienberichten angezweifelt wird. Nach der Beerdigung des Altkanzlers Helmut Kohl hatte „Spiegel“-Autor Alexander Osang seine Eindrücke von der Stadt in einem wenig schmeichelhaften Artikel festgehalten. „Verglichen mit dem Zentrum von Ludwigshafen wirkte jeder Pissbahnhof in Vorpommern, jede Autobahntankstelle in Sachsen-Anhalt wie ein blühender Zukunftsort“, hieß es da. Die Verantwortlichen für das Stadtmarketing sehen darin eine Herausforderung. „Wir müssen dem entgegensetzen, welche Qualitäten die Stadt hat. Es gibt die Bereiche, in denen wir richtig gut sind“, sagt Fürst. Dass Ludwigshafen nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg keine Augenweide im klassischen Sinn sei, wisse jeder. Gerade deshalb würde es Freude machen, für diese Stadt zu werben - „denn mal ehrlich, für Heidelberg oder Hamburg Marketing zu machen, das ist einfach.“

Steinruck lädt Ehring ein

Auch Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) nimmt den Titel als hässlichste Stadt der Republik mit einem Schmunzeln. „In Wahrheit wird das unserer Stadt aber nicht gerecht“, betont sie. „Ich lade Herrn Ehring, der ja noch nie hier war, gerne ein, um das Bild zu widerlegen“, so Steinruck. „Denn es gibt hier viele schöne Bereiche.“

Dass die Umfrage der Sendung „extra 3“ auch nicht unbedingt repräsentativ war, räumt auf Anfrage Produktionsleiter Andreas Lange ein. „Wir hatten 127 Zuschriften, davon haben zwölf Zuschauer Ludwigshafen genannt, das waren mit Abstand die meisten“, erklärt er. Und auch für einen pikanten redaktionellen Fehler - als Bild zum Beleg der Ludwigshafener Hässlichkeit wurde in der Sendung nämlich ein Foto mit Blick auf Mannheim gezeigt - hat lange eine Erklärung: „Wir wollten unseren Zuschauern bewusst nicht den kompletten Blick auf Ludwigshafen zumuten und dachten, das wunderschöne Mannheim im Hintergrund würde das Foto erträglicher machen“, sagte er.

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Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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