Soziales

Eppelheimerin schenkt zwei Obdachlosen aus Ludwigshafen ihren Wohnwagen

Von 
Julian Eistetter
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Ludwigshafen/Waldsee. Als Barbara Buhl zum ersten Mal zu Tom und Dieter unter die Konrad-Adenauer-Brücke gekommen ist, da konnten die beiden Obdachlosen noch gar nicht so richtig glauben, was ihnen die 73-Jährige anbieten wollte. „Das war eine Riesenüberraschung. Ich dachte erst, das muss ein Witz sein“, erinnert sich Tom an das Treffen vergangene Woche zurück. In einem Artikel im „Mannheimer Morgen“ hatte die Frau aus Eppelheim von der Situation der beiden Männer gelesen, die seit fast einem Jahr in Ludwigshafen unter der Brücke lebten und fürchteten, bald von der Stadtverwaltung vertrieben zu werden. „Tom hat dort ja von seinem Wunsch gesprochen, auf einem Campingplatz zu leben. Da habe ich mich spontan entschlossen, den beiden meinen Wohnwagen auf dem Naherholungsgebiet Auf der Au zu überlassen“, berichtet Buhl.

Strom und fließend Wasser

Gut eine Woche und ein paar Hindernisse später sind Tom (50) und Dieter (53), die ihre Nachnamen nicht in den Medien lesen wollen, jetzt tatsächlich in ihre neue Bleibe eingezogen - ein geräumiger Wohnwagen mit Vorzelt und Terrasse, ausgestattet mit Bett, Tisch, Stühlen, Küchengeräten und einem Heizofen. Sogar einen kleinen Fernseher können die beiden jetzt ihr Eigen nennen. „Das ist Luxus pur für uns“, sagt Tom, der mit ein paar kurzen Unterbrechungen zwölf Jahre lang auf der Straße gelebt hatte. „Hier haben wir Strom, fließend Wasser und können duschen gehen.“ Nur ein paar Kleinigkeiten müssten auf der Parzelle noch erledigt werden, damit wieder alles top in Schuss ist. „Ihr müsst auf jeden Fall die Solarkollektoren sauber machen“, weist Buhl die neuen Bewohner an.

Die 73-Jährige hat zwar in den Tagen vor dem Einzug viel hergerichtet und in Ordnung gebracht, doch zuvor war der Wohnwagen seit rund drei Jahren so gut wie gar nicht mehr benutzt worden. „Mein Mann ist im Jahr 2015 gestorben, seitdem habe ich eigentlich keine Verwendung mehr für das alles hier“, berichtet die ehemalige Krankenschwester. Deshalb habe sie auch nicht lange überlegen müssen, den Obdachlosen ihren Platz, auf dem sie 36 Jahre lang regelmäßig Zeit verbracht hatte, zu schenken. „Sie können hier so lange bleiben, wie sie wollen. Die Pacht von 330 Euro im Jahr bezahle ich weiter“, sagt die 73-Jährige. Auch Fahrräder hat die engagierte Eppelheimerin den neuen Campingplatzbewohnern organisiert. „Das Naherholungsgebiet ist ja schon etwas abgeschieden. Um einkaufen gehen zu können, müssen sie mobil sein“, erklärt Buhl.

Tom und Dieter sind ihrer Gönnerin sehr dankbar. „Sie hat so ein soziales Herz. Wenn alle Menschen so wären wie sie, dann gäbe es auf der Welt keinen Krieg und wir bräuchten keine Polizei“, sagt Tom. Denn die 73-Jährige hat den Freunden nicht bloß ihren Wohnwagen zur Verfügung gestellt. Als sich Probleme beim Transport des Hab und Guts der Männer von Ludwigshafen nach Waldsee abzeichneten, organisierte sie kurzerhand selbst ein Fahrzeug. „Die vergangenen Tage waren zwar anstrengend für mich, aber ich wollte einfach helfen. Das ist so in mir drin“, berichtet die zweifache Mutter und vierfache Oma.

Mit Tom und Dieter geht Buhl bereits jetzt schon so um, als gehörten sie ebenfalls zur Familie. „Was das Alter betrifft, könnten beide meine Söhne sein“, sagt sie und lacht. In den kommenden Tagen will sie noch regelmäßig nach den Männern sehen und ihnen helfen, wenn sie etwas brauchen. „Ich hoffe wirklich, dass meine Geste ein Antrieb für die beiden ist, wieder im Leben anzukommen und etwas aus sich zu machen“, so die 73-Jährige. Obgleich ein Dach über dem Kopf nach so vielen Jahren auf der Straße für sie eine große Umstellung bedeute, blicken Tom und Dieter jetzt optimistisch in die Zukunft: „Hier haben wir unsere Ruhe und können den Kopf freibekommen. Sehen wir zu, dass wir unser Leben in den Griff kriegen.“

Video: RNF

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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