Finanzen - Kämmerer bringt Haushalt für 2022 ein / Oberbürgermeisterin: „Wir bluten aus“ / Entscheidung zu Grundsteuer vertagt

Bald 1,6 Milliarden Euro - Ludwigshafens Schuldenberg wächst unaufhörlich

Von 
Julian Eistetter
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Die Stadt Ludwigshafen hat seit Jahren mit einer prekären Haushaltslage zu kämpfen. Bis Ende 2022 wird der Schuldenstand auf 1,6 Milliarden Euro wachsen. © B. Zinke

Ludwigshafen. Ludwigshafen. Es waren einmal mehr drastische und eindringliche Worte, die in der Sitzung des Stadtrats zur Schilderung der Finanzlage Ludwigshafens herangezogen wurden. Die Chemiestadt stehe mit dem Rücken zur Wand und blute immer mehr aus angesichts der unzureichenden Finanzausstattung, sagte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) einleitend, ehe Kämmerer Andreas Schwarz (SPD) den Haushaltsansatz für das Jahr 2022 einbrachte. Eigentlich war das Thema schon durch, denn im Dezember 2020 hatte der Stadtrat den Doppelhaushalt 2021/22 verabschiedet. Nachdem die Aufsichtsbehörde ADD aber nur den Haushalt für 2021 genehmigte - und auch das nur wegen der Corona-Sondersituation -, musste der Doppelhaushalt aufgetrennt und für 2022 nachgebessert werden. Jetzt stand der Ansatz erneut auf der Tagesordnung.

Grundsteuer – geplante Erhöhungen

Bei der Grundsteuer A (landwirtschaftliche Betriebe) soll der Hebesatz nach Vorschlag der Stadt von 320 auf 400 Prozentpunkte steigen. Mehrertrag: 25 500 Euro jährlich.

Beim Hebesatz der Grundsteuer B (für bebaute und unbebaute Grundstücke) ist eine Steigerung von 420 auf 525 Prozent geplant. Die jährlichen Mehreinnahmen würden sich auf 7,8 Millionen Euro belaufen.

Eine geringfügigere Erhöhung hatte der Stadtrat bereits 2019 abgelehnt. Die Entscheidung über den Vorschlag soll mit der Verabschiedung des Haushalts im Dezember fallen. 

Jahresfehlbetrag beläuft sich auf 120,3 Millionen

An der prekären Lage hat sich in der Zwischenzeit nichts verbessert. „Die Misere ist unverändert, hinzu kommt die Corona-Pandemie, die uns noch dieses und sicherlich auch noch nächstes Jahr begleiten wird“, sagte Schwarz. Die Situation sei angespannter als ohnehin schon, die Spielräume seien auf lange Sicht sehr eingeschränkt. Das zeigt auch der Blick auf die nackten Zahlen. Der Jahresfehlbetrag wird im Jahr 2022 auf 120,3 Millionen Euro anwachsen - von 114,9 Millionen im laufenden Jahr. Er ergibt sich aus dem Missverhältnis von Aufwendungen in Höhe von 779,1 Millionen Euro zu Erträgen in Höhe von 658,8 Millionen Euro. Ein großes Problem ist in Ludwigshafen zudem seit Jahren das strukturelle Defizit im Bereich der sozialen Sicherung. Dieses liegt im laufenden Jahr 2021 bei 164,9 Millionen Euro und steigt 2022 auf 173 Millionen.

Dass die kommunale Selbstverwaltung der Stadt mehr als nur eingeschränkt bleibt, zeigt ein Blick auf das Verhältnis von Pflichtaufgaben zu freiwilligen Leistungen, also Ausgaben für Kultur, Sport, Vereine oder Soziales. Die Pflichtaufgaben machen 2022 mit 702,2 Millionen Euro 90 Prozent der Ausgaben aus, die freiwilligen Leistungen umfassen gerade einmal 76,9 Millionen - und darin sind sogar noch rund 22 Millionen Euro für Verlustausgleiche des Öffentlichen Nahverkehrs enthalten.

Große Investitionen geplant

Zu diesen Ausgaben kommen in Ludwigshafen noch große Herausforderungen hinzu, die enorme Investitionen mit sich bringen. Das Investitionsvolumen für diesen Haushalt beläuft sich auf insgesamt 164,8 Millionen Euro. Die größten Posten dabei sind der Ersatzbau für die Hochstraße Nord (20 Millionen Euro) sowie der Überbau der Pilzhochstraße (11,2 Millionen). Das alles lässt den ohnehin schon massiven Schuldenberg weiter anwachsen - nach 1,39 Milliarden Euro in diesem Jahr auf knapp 1,6 Milliarden im Haushaltsjahr 2022. Das Eigenkapital schrumpfte unterdessen seit 2009 von 1,1 Milliarden auf 104,3 Millionen Euro im Jahr 2022.

Um aus der Misere ausbrechen zu können, erwarte und fordere die Stadt eine bessere Ausstattung, betonte Schwarz. „Ludwigshafen braucht eine Härtefall-Regelung, um der besondere Lage Herr zu werden“, sagte er. Und auch Jutta Steinruck sieht Bund und Land in der Pflicht. „Wer bestellt, bezahlt“, betonte sie mit Blick auf den Bärenanteil der Pflichtaufgaben, die die Handlungsfähigkeit einschränkten.

Andererseits müsse Ludwigshafen auf der Ertragsseite Verbesserungen herbeiführen, das sei eine Vorgabe der ADD. Aus diesem Grund hat die Verwaltung dem Stadtrat am Montag eine Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze vorgeschlagen. Der Hebesatz für die Grundsteuer A für landwirtschaftliche Flächen soll demnach von 320 auf 400 Prozentpunkte, der der Grundsteuer B von 420 auf 525 Punkte angehoben werden. Dies würde zu jährlichen Mehreinnahmen von 7,8 Millionen Euro führen, die Schwarz bereits in den Haushalt eingepreist hatte.

Unter den Fraktionen, die eine Erhöhung der Grundsteuer bereits im Jahr 2019 abgelehnt hatten, entwickelte sich eine rege Diskussion. Während SPD, Grüne im Rat sowie Forum und Piraten Zustimmung signalisierten, waren CDU, FDP, FWG, AfD, Linke sowie Bürger für Ludwigshafen dagegen. Letztlich wurde die Entscheidung vertagt. Sie soll gemeinsam mit der Verabschiedung des Haushalts im Dezember abgestimmt werden.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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